Der Spieler

Einleitung

Ein Titel, der so toll ist wie „Richtig Spielleiten!“, war natürlich schon vergeben.

Vermi hat im Tanelorn einen „Essay über den Spielleiter“ geschrieben, in dem er viel Kluges über diesen Spielertypus zusammenfasst. Überhaupt ist der SL sehr im Fokus der Betrachtung, es gibt Ratgeber, Blogs mit dem Namen „Richtig Spielleiten!“ (Übrigens sehr empfehlenswerte Lektüre :) ), Hilfestellungen, Kummerkästen ohne Ende. Vielleicht zu sehr! Denn selbst der weltbeste SL kann ohne oder gegen seine Spieler kein tolles Spiel erzwingen – Rollenspiel ist eine Teamsportart.

Deshalb soll es hier nicht um den SL gehen, sondern um die andern 1w4+2 Teilnehmer der Rollenspielrunde. Denn ohne sie geht nichts – und ihr Verhalten ist für einen gelungenen Spielabend von mindestens ebenso großer Bedeutung wie die des SL – oder sogar mehr. Lediglich die Tatsache, dass sie sich ihre Aufgaben teilen, lässt sie nach meinem Empfinden in den Hintergrund treten. Oder um mal einen außerordentlich guten SL auf dem Tanelorntreffen zu zitieren – „Bei der Gruppenzusammensetzung komme ich mir überflüssig vor.“ Offenbar kommt es also auch auf die Spieler an, wie auch Vermi in seinem Essay erkennt: „Ohne gute Spieler ist der beste SL verraten und verkauft.“

Die Klischees

Was wissen wir über den Spieler?

  • Er kommt gerne nicht oder zu spät, ggf. hat er seinen Charakterbogen wieder vergessen.
  • Sie muss die Regeln nicht so gut können.
  • Er braucht sich auf die Runde nicht vorbereiten.
  • Es gibt Problemspieler (vom Munchkin über den Powergamer bis hin zum Taschenlampenfallenlasser.

Die Rollenspieltheorie ist nicht viel weiter gekommen, als die Aufteilung von Laws (zitiert nach Wikipedia)

  • Powergamer (optimiert seinen Charakter, indem er die spielrelevanten Werte erhöht, die dessen Fähigkeiten und Eigenschaften beschreiben),
  • Butt-Kicker (kämpft gerne),
  • Tactician (plant gerne),
  • Specialist (spielt gerne einen bestimmten Charaktertypen),
  • Method Actor (spielt seine Charaktere gerne aus),
  • Storyteller (möchte, dass eine gute Geschichte entsteht) und
  • Casual Gamer (Rollenspiel ist ihm eigentlich egal, Hauptsache, er ist mit den anderen Spielern zusammen. Sprich auch der Gelegenheitsspieler)

für überholt zu halten. Laws hat diese Typisierung 2002 aufgestellt – als Hilfestellung für den SL, damit dieser Spielerpräferenzen erkennt und bedienen kann. Als solche Hilfe ist die List noch immer sinnvoll. Aber sie ist nicht, was ich hier betrachten möchte, denn es geht ja nicht um die Aufgaben des SL.

Spielerrollen

Ich sehe die Spieler eher in ihrer (idealisierten) Funktion am Spieltisch – als bewegende Faktoren der Gruppendynamik, nicht wie Laws als „Menschen mit Spaßquelle, die man adressieren sollte“.

  • Antreiberin
    Die Antreiberin will das es weitergeht. Plot erleben. Dramatische Situationen erleben und auflösen. Sie treibt die anderen an, stellt ggf. das Wohl des eigenen Charakters hintenan, um die Probleme aufzulösen. Schreitet enthusiastisch voran. Dominiert sie, wird der Plot linear abgearbeitet – kein Schritt links oder rechts, immer nur vorwärts, Augen geradeaus, im Geschwindschritt, MARSCH!.
  • Quertreiberin
    Die Quertreiberin steht auf Konflikte. Sie möchte sie auskosten, nicht auflösen. Sie handelt nicht „lösungsorientiert“, sondern dramaorientiert. Sie ist ein toller Nährboden für weitere Verwicklungen und spielergetriebene Handlungsstränge. Dominiert sie, kommt Game of Thrones dabei raus. Tausend Plotanfänge, keiner aufgelöst, alle drehen sich um ihre Figur.
  • Bedenkenträger
    Der Bedenkenträger sieht die Schwierigkeiten. Er ist deshalb für das Drama wichtig – er zeigt auf, welche Dimension die Schwierigkeiten haben, um was es geht, was das Scheitern bedeutet. Er lässt die Helden strahlen, wenn sie sich gegen ihn durchsetzen, er sorgt dafür, dass die Reaktionen der Spielwelt auf das Spielerhandeln wichtig sind. Dominiert er, geht es nicht weiter.
  • Planer
    Der Planer mag es, die Situation im Griff zu haben. Im Vorfeld durchdacht zu haben, die richtige Ausrüstung mitgebracht zu haben, das Ass aus dem Ärmel zu ziehen. Er ist oft gut belesen im Setting und den Regeln, weil er unangenehme Überraschungen nicht schätzt – es sei denn, er überrascht die Gegner. Er sorgt für Spielweltplausibilität, Gruppenzusammenspiel, Spotlightverteilung. Dominiert er, wird die Planungsphase nicht verlassen.
  • Resonanzbodin
    Die Resonanzbodin (seufz, gendern ist nicht leicht, aber ich verteile das Geschlecht nach den Musterbeispielen in meiner Gruppe) ist die perfekte Tanzpartnerin. Sie führt nicht, reagiert aber perfekt auf jeden noch so kleinen Impuls. Sie greift die Ideen der anderen auf und „macht was draus“. Sie ist der perfekte Ausdruck von „ja, und …“ (Im Sinne von: Großartig, und wenn ich noch X dazu mache, wird es noch toller!). Sie steht hinter der Antreiberin und haut sie raus, wenn sie sich übernommen hat. Der Quertreiberin ist sie die Partnerin für die dramatischen Konflikte. Im Diskurs zwischen Antreiberin und Bedenkenträger kann sie das Zünglein an der Waage sein. Sie dominiert eher nicht – im Zweifel rutscht sie eher in eine andere Rolle.

Es ist wichtig, dass die Rollen (es mag noch mehr geben, dazu freue ich mich über die Diskussion) gut besetzt sind.

Es gibt immer jemanden, der die Antreiberin gibt – denn jemand muss die Impulse setzen, dem Abenteuer nachzugehen. Irgendjemand muss zum SL sagen: „Wir gehen jetzt los.“ Das muss aber nicht notwendig derjenige sein, der diese Rolle atmet – es kann auch jemand sein, der eigentlich lieber Bedenkenträger wäre. Dann ist die Rolle ungünstig besetzt, und alles geht langsamer voran – nicht hilfreich für einen gelungenen Rollenspielabend. Zu viele Antreiber sind aber auch ungünstig.

In meiner Dresden Files-Runde gibt es ein fast perfektes Dreieck zwischen der Antreiberin, der Quertreiberin und der Resonzbodin. Das die Quertreiberin diese Rolle so gut ausfüllen kann, liegt sicherlich an dem relativ hohen Maß an Erzählrecht über die Spielwelt, die Spieler bei dem mit Fate befeuerten Dresden Files genießen, aber es scheint mir auch auf andere, traditionellere, Systeme übertragbar. Die Runde lässt spürbar nach, wenn eine der drei Spielerinnen nicht anwesend ist. Die anderen Slots sind längst nicht so ausschlaggebend, können aber extrem bereichernd sein.

Spielertugenden

Damit eine Gruppe gut zusammenspielen kann, sind neben der sinnvollen Besetzung der Spielerrollen auch noch einige Tugenden notwendig.

Kooperation

Es ist extrem hilfreich, andere Spieler anzuspielen. „Ohne magischen Support gehe ich da nicht rein“ kann man als Blockade lesen – oder als Anspielen des Charakters, der magische Unterstützung bieten kann. Wenn man etwas statt alleine zusammen mit Gruppenmitgliedern machen kann, dann sollte man das auch tun. Rollenspiel ist Teamsport.

Fokus

Damit meine ich jetzt nicht nur ein generelles Interesse an den Dingen, die gerade am Spieltisch passieren (im Gegensatz dazu, mal zu gucken, was auf Tinder gerade geht), sondern etwas mehr: Wie kann ich mich einbringen, welche Entscheidungen öffnen sich gerade, was brauchen die anderen von mir? Beispiel: Steckt die Gruppe in der Planung fest, sollte ich nicht die Schwierigkeiten betonen, sondern eine Lösung suchen – und sei es nur, die mentale Blockade aufzulösen. Nicht jeder ist eine Antreiberin, aber man kann Verantwortung für die Geschichte übernehmen.

Input

Spieler gestalten die Spielwelt. Das ist kein Ding von Fate oder anderen Hippie-Spielen! Selbst hardcore DSA-Spieler kennen das: In Form der Frage an den Spielleiter. „Ist da ein Kronleuchter?“ ist lediglich eine (aus Sicht von Erzählspielen) sehr ungelenke Art, einen Spielweltfakt zu etablieren, ohne die klassische Rolle des SL in Frage zu stellen. Aber eigentlich erschafft hier der Spieler gerade einen Kronleuchter, da machen wir uns nichts vor. Im Idealfall wird die Spielwelt mit Spielerinput spannender, leuchtender, detailreicher und insgesamt toller.

Die anderen Spieler gut aussehen lassen

Praktisch jeder Beziehungsratgeber, jeder Ratgeber für Chefs, Lehrer, Coaches und überhaupt alle: Sie raten zum Loben. Nicht ohne Grund! Nimm dir das Loben mal für deine Spielrunde vor und lobe als Spieler einen anderen Spieler. Das kann gerne ingame passieren: „Sire, darf ich ihnen Sir Hundel vorstellen, dem Helden von Trollbrück, der alleine 20 Oger erschlagen hat?“ oder (vor allem, wenn du in der Szene nicht mitgespielt hast) outgame: „Als du eben die Dunkle Königin nicht umbringen konntest, weil dich ihr Töchterchen so traurig angesehen hat: Da hatte ich Tränen in den Augen“. Beides flasht, beides zeigt den Mitspielern, dass sie etwas machen, was dir gefallen hat. Dem SL gibt es übrigens auch etwas – denn er hat ja in der Regel die Gegenseite gespielt, und für ihn ist es eine riesige Belohnung, wenn das zu einem Moment wurde, der jemanden gut gefallen hat.

„Ein gut aussehen lassen“ steht übrigens einem intensiven Konflikt zwischen zwei Charakteren nicht im Wege. Ich kann (und muss sogar besonderes auch in einem Konflikt zwischen zwei oder mehreren Charakteren darauf achten, dass dieser allen Beteiligten Spaß macht. Das heißt nicht, ihn zu vermeiden. Oder zu verkürzen. Aber es heißt schon, dass man darauf achtet, dass die Spieler (nicht unbedingt die Charaktere) Spaß haben sollen.

Feedback

Damit meine ich nicht den Feedbackbogen zum Ankreuzen, oder ein intensives Gespräch unter moderierender Aufsicht eines Konfliktcoaches – das ist viel zu formell für mich. Feedback kann haptisch: Spieler, die angespannt und vorgebeugt auf die Würfel starren. Die Fanmail geben. Die nach einer Szene applaudieren. Die im Spiel einfach noch mal zusammenfassen, was gerade passiert ist. Die ihre Begeisterung zeigen – oder auch mal nicht. Die überhaupt Emotionen am Spieltisch zulassen.

Storymitverantwortung

Als letztes, weil besonders kontrovers: Als Spieler trägst du Verantwortung für die Story. Also solltest du überlegen, was dein Verhalten auslöst. Klar, du kannst allen noch mal vor Augen führen, wie albern es ist, als Stufe 1 Charaktere in den Dungeon zu gehen: Ihr könntet alle sterben! Vielleicht ist sogar ein Drache darin! Aber dann wirst du nie herausfinden, was im Dungeon auf dich wartet. Und warum spielt ihr gerade ein Spiel namens Dungeons & Dragons?

Klar kannst du einen einsamen Waldläufer aus Ganz-weit-weg-hausen spielen, der schweigsam ist und einsam durch den Wald streicht. Aber wem hilft das jetzt genau? Ein Spieler hier aus der Gegend, der Beziehungen zu relevanten NSCs aufgebaut hat, der gerne in der Gruppe arbeitet und der Assassinengilde noch echt viel Geld schuldet, der wird vermutlich mehr Spaß haben, weil er viel mehr Gelegenheit bietet, mit den anderen Spielern und der Spielwelt zu interagieren.

Fazit

Alle erwähnten Spielertugenden verlangen von dir eine etwas von dem eigenen Charakter gelöste Betrachtung. Der Extrem-Immersionsspieler mag das vielleicht nicht, aber – Rollenspiel ist Teamsport. Der Blick auf die Mitspieler ist nicht zuviel verlangt, finde ich: Denn selbst der völlig in der Immersion gefangene Spieler findet seine Würfel, sogar die realweltliche Chipstüte, noch. Dann kann er auch mal gucken, wie es den anderen Menschen am Spieltisch so gefällt, was er gerade treibt. Diese Perspektive darauf, wie eine Erzählung ankommt, welche Intention der SL mit einer Szene wohl verfolgt, wer gerade Spotlight haben sollte: Das sind die SL-Regionen des Spielerhirns. Es ist daher kein Wunder: Die besten Spieler sind selbst oft und gerne SL.

Spielersünden

Den Tugenden stehen die Sünden gegenüber. Oft natürlich spiegelbildlich und daher redundant. Aber ich möchte die Gelegenheit nutzen, noch mal ein paar besonders auffällige Sünden anzusprechen – auch weil sie anderswo als Tugend empfunden werden.

Ich-Fokus

„Mein Charakter ist aber so“ – für mich ist das ein Alarmzeichen. Dieser Satz fällt immer dann, wenn ein Charakter die Handlungen der anderen Spieler stört. Wer so denkt, ist kein Teamspieler! Charaktere fallen nicht vom Himmel, der Spieler hat ihn erstellt. Also bedeutet dieser Satz nur, dass der Spieler die Verantwortung für den Spielspaß der Mitspieler nicht annimmt – sonst hätte er seinen Charakter nicht so gemacht. Baue deinen Charakter NICHT so, dass du keine Motivation daran hast, Abenteuer zu erleben. Baue deinen Charakter NICHT so, dass er die Mitspieler nervt. Baue deinen Charakter NICHT so, dass er alles besser kann, als ein Charakter eines Mitspielers.

Gerade die Spieler, die Immersion als wichtigstes Gut im Rollenspiel nennen, haben oft den Ich-Fokus. Mehr Spaß hat eine Gruppe, wenn die Spieler auf den Spielspaß der anderen achten und diesen befördern.

Spotlight stehlen

Wenn die SL eine Herausforderung präsentiert, die am besten durch den schleichenden Dieb gelöst werden kann, dann sollte der Magier nicht hingehen und mit seinem Unsichtbarkeitszauber die Szene an sich reißen. Selbst wenn er es kann. Selbst wenn er es besser kann. Insbesondere, wenn sein „Charakter eben so ist!“ Ein brauchbarer SL achtet auf die Spotlightverteilung. Unterstütze ihn. Oder ersetze ihn, wenn er darin versagt. Aber reiß das Spotlight nicht gegen die anderen Spieler an dich.

Spotlight-Hogging

Wenn du im grellen Licht der Bühnenscheinwerfer stehst (also die Aufmerksamkeit des SL erfolgreich auf dich gezogen hast), dann mach hin. Jetzt stehst du auf der Bühne, also sei unterhaltsam. Es ist NICHT der richtige Zeitpunkt, zwei fast gleich gute Optionen langwierig gegeneinander abzuwägen. Tue was spannendes! Oder hole einen Mitspieler mit dir ins Spotlight, denn unterhaltsamer Dialog ist einfacher, als alleine das Spotlight zu rocken. Oder gib das Spotlight elegant wieder ab – spätestens, wenn du fertig bist. Echt jetzt, dass ist wichtig. Woher soll der SL wissen, dass du durch bist? Mach es klar und eindeutig.

Guck dir die Schnitttechnik moderner Filme an – das soll dir ein Beispiel sein, wie lange du das Spotlight hast. Der Abend ist besser für alle, wenn dein Spotlight oft aber kurz kommt, als selten, aber dafür lang. Überfordere dich nicht selbst mit langem Spotlight – es ist schwer über lange Zeit unterhaltsam zu sein. Ein guter Rocksong ist nicht ohne Grund 3:40 Minuten lang.

Auf die Bremse treten

„Ich gehe erst mal einkaufen.“ Wenn die Gruppe eine Handlung plant, dann ist es keine spaßfördernde Maßnahme, alles wieder zu bremsen. Gerade vorsichtige Spieler, Bedenkenträger und Taktiker sind an dieser Stelle gefährdet. Tritt aufs Gas, nicht auf die Bremse.

Exkurs: Konflikte

1. Konflikte zwischen den Charakteren

Oben, in den Spielertugenden, war viel von Rücksicht auf andere Spieler die Rolle. Was heißt das für die Konflikte zwischen den Charakteren?

In einem Teamspiel sollte man nicht versuchen, auf Kosten der anderen zu gewinnen. In dem Sinne „gute Konflikte“ sind solche, bei denen es sich nicht die Niederlage des einen bedeutet, dass der andere Erfolg hat. Beispiel für einen schwierigen Konflikt: Zwei Spieler wollen König von Aquilonien werden. Für beide wäre es eine Niederlage, dieses Ziel nicht zu erreichen.

Einfacher sind Konflikte, die man auch verlieren kann, oder die nie entschieden werden müssen: Die lebenslustige Tochter und der moralinsaure Onkel z.B., oder der CIA-Mann mit Cowboyhut und die französische Agentin mit einem Fabile für Austern: Sie können natürlich gerne über die Überlegenheit ihrer Nation, ihres Lebensstils oder Geschlechts zicken, solange sie dann, sobald die Bösewichte auf dem Bildschirm erscheinen, beide in die gleiche Richtung ballern.

Spielt man wirklich Game of Thrones im engeren Sinne, will man also wirklich im Konflikt das Maximum herausholen, dann halte ich Rollenspiel für die falsche Methode – das Brettspiel Diplomacy ist vielleicht geeigneter. Damit ein solcher Konflikt im Rollenspiel Spaß macht, darf das Spielziel nicht das Gewinnen per se sein. Wenn hingegen die Spieler auch bereit sind, Mitverantwortung für den Plot zu übernehmen und ggf. zurückstecken oder eine dramatische Niederlage anspielen wollen, dann kann das sehr spannend sein.

2. Konflikte zwischen den Spielern

Konflikte zwischen den Spielern will ich nur insoweit besprechen, wie sie Tischthemen betreffen. Also nicht: A schuldet mir noch Geld, sondern: Ich habe keine Lust mehr auf unsere Star Wars-Runde, lasst uns bitte wieder Vampire spielen. Oder: Heinz Charakter, der Kender Quendan, der immer seine Gruppenmitglieder bestiehlt, nervt mich.

Hier kann aber leider nur eine Sache helfen, und die ist nicht neu: Macht eure Präferenzen deutlich, lasst euch – wenn es geht – auf einen Kompromiss ein, oder – wenn nicht – sucht euch eine andere Runde. Nie nie nie solltet ihr diesen Konflikt ins Spiel tragen. Tötet Quendan nicht.

Schlusswort

Eine tolle Spielrunde hängt weniger vom SL ab, als man denkt. Die Spielerzusammensetzung macht es aus! Aktive, treibende Spieler, die zusammen spielen wollen – auf den Spielspaß der anderen achtend, sich gegenseitig die Bälle zuspielend, fokussiert und enthusiastisch, können ganz ohne SL oder mit minimalstem SL-Input eine fantastische Rollenspielrunde sein. Das soll die Rolle des SL nicht schmälern, er ist hier nur nicht Gegenstand der Betrachtung. Natürlich kann der SL bestimmte Defizite der Runde ausgleichen – aber selten besser als ein entsprechender Spieler.

Sei ein besserer Spieler!

Failure is fun

Drüben hab auf www.faterpg.de hab ich versucht zu erklären, was FATE für mich so toll macht. Das hat wohl nicht alle überzeugt, sofort mit FATE anfangen… jedenfalls auf Tagschatten wird noch mal klargemacht, was für Probleme manche Spieler mit Aspekten haben.

Ich will nicht nochmal darauf eingehen, warum es völlig okay ist, dass der Aspekt „schlecht beleuchtet“ nicht bedeutet, dass jeder einzelne Schleichenwurf erleichtert wird. Vielleicht gibts dazu noch einen Artikel auf faterpg.de, aber es passt nicht hier her. Zu diesem Artikel verleitet mich viel mehr mein Kommentar unter den Beitrag auf Tagschatten (der mir jetzt deutlich unhöflicher formuliert vorkommt, als das was ich sagen wollte – sorry!). Darin behaupte ich, dass man die Ansage „Failure is Fun“ unterschreiben können muss, um an FATE Spaß zu haben.

Failure is fun? Since when?

Letzte Woche spielte ich Fiasco, und die außerordentlich charmante Bella kam in eine sehr aussagekräftige  Situation: Sie spielte die Gattin eines Mafiosis, der sie schlägt. Sie versucht ihren Exliebhaber ins Bett zu bekommen, um sich an ihrem Mann zu rächen. Die anderen am Tisch erzwingen, dass dieser Versuch schief gehen wird (Fiasco hat dazu Mechanismen, das Spiel heißt nicht umsonst Fiasco). Die arme Bella musste also eine Frau spielen, die einen anderen Mann (quasi vor Publikum) anbaggert. Und sie wusste schon, dass sie einen Korb bekommen würde. Bella hat unglaublich gelitten, ihre Not spiegelte sich perfekt im Spiel wieder, wir Zuschauer (und der Spieler des sie verschmähenden) hatten riesigen Spaß. Bella selbst leider nicht.

Klar wird hoffentlich aus dem Beispiel, dass es nicht jedem Spaß macht, sich vor allen anderen (im Spiel natürlich) bis auf die Knochen zu blamieren. Ich kann das gut verstehen, ich kann z.B. Loriot-Filme nicht lustig finden, weil ich zu viel Mitleid mit den Charakteren habe.

Ich leide aber gerne selbst. Mir macht es Spaß, auch das Versagen auszuspielen. Ich leide wie Bella, aber mit Spaß am Leid. Eine schöne Frau anzubaggern, und schon zu wissen, dass es nicht klappt? Und gespannt sein, wie sie mich abfertigt? Im wahren Leben unschön, aber im Spiel toll. Für mich. Nicht für Bella. Vielleicht auch nicht für den Autor bei Tagschatten.

Fiasco kann man nicht spielen, wenn man nicht drauf steht, im Spiel zu leiden. Es lebt ganz stark von dem Vergnügen des Versagens.

Bei FATE ist das nicht so ausgeprägt, aber es spielt ein große Rolle. Zum einen beim Reizen der Aspekte: Dort wird man für unkluges Verhalten belohnt – der Spieler weiß, dass er ordentlich die Hucke voll bekommt – aber für einen billigen Chip macht er es trotzdem. Statt zu fliehen, betritt er eben noch das Schlafzimmer der Prinzessin, die er heimlich liebt (um im Bild des Ausgangsartikels zu bleiben). Und meine Spieler ahnen in dem Moment, in dem sie den FATE-Punkt akzeptieren, dass sie nicht unbemerkt aus dem Schlafzimmer fliehen werden können, sondern von einem Zimmermädchen oder der Prinzessin ertappt werden…

Aber auch bei dem Schleichen-Beispiel aus dem Ausgangsartikel: Ich muss ja als Spieler keinen Chip zahlen. Dann versage ich eben beim Schleichen. Recht langweilig, wenn ich jetzt von der Wache beschossen werde. Spannend, wenn ich deshalb von meiner großen Liebe entdeckt werde, die leider als Söldner auf der Gegenseite arbeitet…

Damit es klappt (und zwar unabhängig davon, welches System man spielt) müssen diese Voraussetzungen vorliegen:

  • Die Spieler müssen Versagen als Spaßquelle empfinden können
  • Versagen darf nicht tödlich sein
  • Die Spieler müssen überzeugt davon sein, dass es immer weitergeht – sowohl das Spiel als auch der Spaß daran.

FATE macht da einiges richtig. Mit den Aspekten haben die Spieler deutliche Signale, welche Formen von Versagen sie als Spaßquelle akzeptieren: „Verliebt in die untreue Karen“ ist eine klare Ansage, dass verletzte Liebe ein Thema sein darf, ja sogar soll. „Verfolgt vom Kult der verbotenen Flamme“ sagt dem SL etwas ganz anderes. Das muss der SL unbedingt akzeptieren – beim zweitgenannten Aspekt mit abgewiesenen Gefühlen um die Ecke zu kommen ist vermutlich keine Gute Idee(TM). Umgekehrt müssen die Spieler auch erkennen, dass sie mit des Aspekten sog. Flags setzen – also Themen bestimmen, die sie bedient sehen möchten. Zudem bietet FATE weder permanente Wunden noch unfreiwillige Tode – perfekt geeignet, um sich in die riskantesten Situationen zu begeben und dort erfolgreich zu scheitern. Und hey, dafür kriegt man die begehrten Chips, mit denen man dann anderswo so RICHTIG rocken kann.

Von Blechpirat der Mörderische.

Frauen im Rollenspiel oder von veralteten Rollenbildern/Klischees denen man trotzen sollte.

 

Ich weiß nicht was mich zu diesem Blogbeitrag bringt, denn eigentlich fürchte ich, dass es wieder so eine Crossgender Diskussion gibt einst im Tanelorn.

Um es vorweg zu sagen ich finde es lächerlich, wenn sich irgendjemand hinstellt und sagt: „Du darfst das nicht, weil du so etwas nicht kannst.“ Die Leute mit denen ich für gewöhnlich spiele sind erwachsen genug und ich inzwischen tolerant genug um über solche Sachen einfach nur zu lächeln.

Vielleicht bedarf es einfach einer gewissen Reife oder eines guten Selbstbestseins um sich aus einer Position der Gelassenheit mit dem Thema auseinander zu setzen und zu sagen, dass doch mal bitte jeder machen soll, wie es ihm beliebt

Dabei geht es in den meisten Rollenspielen nicht mehr um Klischees oder veraltete Klischees. Frauen können alles genau so gut wie Männer und werden von den Regeln nicht mehr ausgebremst.

Wenn ich da veraltende Bild der hübschen Frau an der Seite der Helden sehe und mir dann als Inspiration Serien wie Nikita, NCIS, NCIS LA, Dark Angel um zu sehen, dass man eine starke Frau auch sexy spielen kann ohne sie lächerlich zu machen. Natürlich gibt es auch noch andere Serien oder Kinofilme (James Bond mit Grace Jones) die Frauen aus dem klassischen Rollenbild reißen, aber im Rollenspiel sehe ich in den Beschreibungen zur Welt oft Informationen zu der Rolle der Frau die mit´ rgendwelchen Pseudo-Geschichtlichen Hintergründen begründet werden.

Greg Stolze geht mit der klassischen Millonesischen Reiterei mal einen anderen Weg und Mark Smylie mit Artesia sogar noch einen Schritt weiter.

Da sind taffe Frauen am Start und das nicht nur, weil ein paar Quotenspielerinnen zufrieden gestellt werden sollen. Bei Artesia merkt man das spätestens als die Leser dem Autor schreiben, er mäöchte seiner Heödin bitte endlich eine Rüstung gönnen, die zum Schlachtfeld passt und sie nicht halbnackt darüber laufen lassen.

Ich finde die Ansätze erfrischend und hoffe seit langer Zeit, dass ich auch auf Cons mal mehr Spieler und Spielerinnen sehe, die erkennen das es bei Frauen genau so unterschiedliche Charaktere und Temperamente gibt wie bei Männern und das der Schritt vom Spielen eines Mannes zu einer Frau kulturell wohl viel einfacher ist als der zu Zwergen, Elfen, Trollen, Orks oder was auch immer.

Selbst wenn es eine Kultur gibt, in der so etwas theoretisch nicht denkbar ist, bleibt ein Spielercharakter etwas besonders. Er sollte den Klischees trotzen und das spielen, wozu ihm oder ihr gerade zumute ist.

Es gibt inzwischen genügend Rollenforbilder für starke Frauen, an denen man sich orientieren kann wenn es um das Darstellen von starken Frauen oder emanzipierten Charakteren geht.

Also traut Euch mal, dem Klischee zu trotzen.

 

NSCs durch Gastspieler einführen

Ich habe sehr gute Erfahrungen mit der Einführung und Charakterisierung von NSCs durch Gastspieler gemacht. In meiner aktuellen Dresden-Files-Runde sind so die „wahre Liebe“ eines der PCs, ein Lehrmeister und Intrigant des weißen Rates und demnächst die Mutter einer der PCs eingeführt worden.

Zu den großen Vorteilen dieses Verfahrens gehört, dass die NSCs oft schon gemeinsam mit dem Gastspieler gebaut werden, auch wenn es um die Mechanik geht. Das bedeutet schon mehr „Auswahl“ an Ideen, als ich sie alleine hätte haben können. Da Dresden Files mit dem FATE-System gespielt wird, kann ich als SL den frisch erzeugten NSC auch mit Aspekten ausstatten, die das gewünschte Verhalten „erzwingen“ – also zumindest Charakterzüge vorgeben, die oft bedient werden müssen, weil das freikaufen nur selten von meinen Spielern genutzt wird/werden kann. Der NSC tut also das, wofür ich ihn in das Spiel einführen will, etwa „intrigant sein“ oder „tragische Liebe“ – angetrieben durch die „Compels“. Durch das Spiel der NSCs in den Sitzungen, in denen der Gastspieler dann auch anwesend ist, werden die NSCs noch mal viel plastischer. (Übrigens ist das Gastspiel auch ein toller Recruiting-Pool). Ich bekomme also NSCs, die ich so nicht selber erfinden könnte, für den Preis einer nur geringfügigen „Verwässerung“ ihrer Kerneigenschaften.

Die Nachteile sollen nicht verschwiegen werden. Der Aufwand für die Rekrutierung ist recht hoch, und Gastspieler, die sich den kompletten Storybogen merken können/wollen sind selten. Es eignet sich also nicht jede NSC-Rolle für das Gastspielen, aber mir hat es jedesmal sehr gefallen. Die Diaries sind übrigens im Tanelorn zu finden.

Dieser Artikel entstand im Rahmen des Karnevals der Rollenspielblogs „Charaktere, Figuren und Charakterentwicklung [April 2012]„, der von Bjørn Jagnow organsiert wird.

Feigheit aus Überlegenheit

Alle Attribute auf 10 – den kann ich doch nicht sterben lassen!

Damals, in der guten alten Zeit, als in der Dark Future noch Neon getragen wurde und Megabyte nach echt viel Speicherplatz klang, damals haben wir mit größter Begeisterung Cyberpunk 2.0.2.0. gespielt. Unter den Spielern war einer, der beim Auswürfeln der Attribute (ja, so old-school waren wir), mal so wirklich Glück hatte. Von den 9 Attributen, die man mit 9w10 erwürfelte, hatte er 8 Attribute auf 10 gewürfelt (vielleicht waren es auch nur 7, es ist ja schon eine Weile her). Und die restlichen Werte waren auch noch toll. Und weil das wirklich unerwartete Auswirkungen auf sein Spielverhalten hatte, wird er in meiner kleinen Reihe über exotische Spielertypen (bisher der Taschenlampenfallenlasser und die Abenteuerverweigerin) verewigt.

Seine großartigen Attribute (die bei Cyberpunk 2.0.2.0. wirklich wichtig sind) haben ihn nämlich feige werden lassen. War der Spieler bis dahin eher unauffällig, aber gruppenkompatibel, mochte er seinen „glücklichen“ Charakter nicht im Spiel riskieren. Wir haben damals oft sehr kampforientierte Abenteuer gespielt – und es gab dabei durchaus auch Charaktertode. Nicht übermäßig viele, aber es gehörte schon zum Spielgefühl dazu, dass PCs auch mal verstarben oder zumindest stets damit rechnen mussten. Diesen Kämpfen wich unser Betrachtungsobjekt nun aus. Drangen die anderen PCs in ein Haus ein, so wollte er gerne ins Nachbarhaus gehen, um von dort aus sicherer Distanz unterstützen zu können. Eine besondere Note erhält dieses Verhalten, wenn man den Würfelmechanismus von Cyberpunk 2.0.2.0. (a.k.a. Interlock) kennt.

Attribut (2-10) + Fertigkeit (0-10) + Modifikatoren + d10

Proben sind gelungen, wenn eine 10 (für eine einfache Probe) oder eine 30 (fast unmöglich) erreicht wurde – dazuwischen sind in 5er Abständen weitere Marken. Das extrem gute Attribut machte ihn also in fast allen Dingen zu jemanden, der höchst wahrscheinlich einen Wurf auch schaffen würde. Er mochte sie nun aber nicht mehr riskieren, um den Charakter nicht zu verlieren. Er hörte aber nicht auf, das endlose Rennen um bessere Modifkatoren (Cyberware, Ausrüstung, Umstände) mitzuspielen – er mochte aber nur dann würfeln, wenn er sich keinem Riskio mehr ausgesetzt sah.

Das führte übrigens zu einer erheblichen Gruppenunverträglichkeit des Charakters, da es zu einer nahezu permanenten Trennung der Gruppe (er allein, die anderen zusammen) führte, die für den SL schnell zu einer erheblichen Belastung wurde. Der Spieler ließ sich auch durch sehr direkte Ansprache nicht von seinem Vorhaben abbringen und war eher bereit, auf jede Form von Spotlight (damals hatten wir aber noch keinen Namen für das Konzept Spotlight) zu verzichten, als seinen Charakter in Gefahr zu bringen: „Wenn da kein Hochhaus ist, dann bleibe ich eben draußen im (gepanzerten) Auto“.

Bevor das Problem eskalieren konnte, kam es aber zu einem TPK (zumindest der anderen PCs) und der Charakter wurde nie wieder gespielt.

Ein guter Name für den Spielertypus ist mir übrigens nicht eingefallen. Eure Vorschläge gerne in die Kommentare oder ins Forum.

Mal wieder ein Reign Artesia Hintergrund

Hier der Hintergrund von einem meiner Mitspieler. Er freut mich besonders, weil ich sehen kann, dass der Spieler sich mit dem Hintergrund der Known World bei Artesia beschäftigt hat.

Für Gäste der Weinstube in Truse war die Stunde schon recht weit fortgeschritten. Im Schankraum trat bemühte der Wirt sich bereits, die verbliebene Kundschaft möglichst sanft zum Aufbruch zu überreden, doch für Liam ist das an diesem Abend nebensächlich. Zum einen ist die Byrons Stube eine der Lieblingsschänken von Liam und Garin Ursmitt, seinem alten Studienfreund und überraschenden Gast an diesem Abend, zum anderen riss Garins Kunde Liams Gedanken aus dem hier und jetzt. Am abseits gelegenen Tisch, einen guten Wein mit einem guten Freund genießend, in einer gemütlichen Schänke, reflektierte der junge Magister über seine Vergangenheit und Zukunft.Seine Vergangenheit, nun, die war durchaus stürmisch. Und doch begann sein Leben so ruhig, vielversprechend, als jüngster von 4 Söhnen von Fearam und Aila Claidryd, treuen Rittern des Königs von Huelt und Herren eines kleinen Lehens nahe der Stadt Redwall. Diese ruhige und geborgene Atmosphäre schien jedoch bereits zu Liams Geburt in Aufregung zu geraten, denn am 19. Urigu, im Zeichen der Jungfrau, im Jahre seiner Geburt legte sich ein roter Schleier über den Mond, der auf seine Heimat schien, ein Zeichen dafür, das die Zukunft Blutvergießen für den jungen Liam bereithalten sollte. Und bei Yhera, der Mond sollte sein Versprechen halten.

Doch das Unheil ereilte die Familie zunächst von anderer Seite: Verleumdung und Intrigen des Lord von Redwall, der schon seit langem das Lehen der Claidryd dem seinen hinzufügen wollte, brachten Liams Eltern bereits zu seinen Kinderzeiten um ihre Herrschaft. Von Verrat und Hexerei soll die Rede gewesen sein, und über Nacht flohen die ehemaligen Herren aus ihrem Land, und nur das gute Verhältnis seiner Mutter zu deren Schwester, Tante Illia, die den Titel einer Ritterin am Hofe des Grafen von Blackstone, im Königreich Erid Dania führte. Als Blutverwandte Illias behielt Liams Mutter, Aila, ihren Titel als Ritterin, in Anerkennung ihrer dort immer noch geschätzten Familie, deren Wurzeln bis zu den Düreanern zurückgehen sollten. Liams Vater, Fearam, der dieser Blutlinie nur angeheiratet war – und auch nie sehr hoch in der Gunst Tante Illias stand – verlor seinen Rittertitel, wurde vom Grafen von Blackstone jedoch als Hauptmann seiner Leibgarde in Dienst gestellt.

Dort, im Exil in Erid Dania, wuchsen Liam und seine Brüder auf. Während seine ältesten Brüder einige Jahre älter als er waren, war der nur zwei Jahre ältere Colin häufig ein arger Rivale in der Kinderstube. Häufig kam es zum Streit zwischen den jüngsten Brüdern, bei denen der freundliche, lebenslustige und hübsche Liam immer auf den Beistand seiner älteren Brüder zählen konnte. Doch trotz dieser Unterstützung eskalierten die Zankereien das eine oder andere Mal. Als Liam im Alter von neun Jahren eines Tages arge Neckereien mit Colin austauschte, trat Liams Geburtsomen zum ersten Mal in Erscheinung: Von Colin böse verärgert, jagte Liam bei einem gemeinsamen Ausritt seinen Bruder buchstäblich durch den Wald, bis Colin die Kontrolle über sein Pferd verlor und stürzte. Der übereifrige Liam konnte nicht rechtzeitig ausweichen, und so trat Liams Pferd versehentlich auf den Arm seines Bruders und verkrüppelte ihn, eine Verwundung, die den Jungen für sein Leben zeichnete. Egal, was Liam auch immer tun würde, er wusste, das er seinen Bruder nie wieder würde geben können, was er ihm an diesem Tag nahm: Der verkrüppelte Junge, aufgewachsen in einer Familie von Kriegern und Rittern, konnte nicht mehr den Lebensweg seiner Familie folgen. Seine Zukunft als Ritter und Krieger, auf die jeder der Brüder hoffte, verlor er an diesem Tag, und aus dem stolzen und aktiven Kind wurde ein hilfsbedürftiges Opfer. Und Liam wusste auch, wie Colin unter diesem dummen Unfall litt. Und das egal, was Liam auch immer tun würde, dieser immer den dummen, übereifrigen und jähzornigen kleinen Bruder sehen würde, der aus Dummheit und Übermut sein Leben ruinierte.

Trost fand Liam trotz des Vorfalls bei Fidric und Fionne, seinen älteren Brüdern, die gute Freunde von ihm wurden. Während Fionne ihm immer seinen Eltern gegenüber den Rücken stärkte und für ihn eintrat, wurde Fidric zu mehr als einem echten Freund, der von Liams Leistungen und Talenten schon früh begeistert war. Von Liams Interesse an Bildung und Wissen beeindruckt, arrangierte Fidric einen Besuch von Magister Reiner Torgis vom Mottist College von Truse – der vom jungen Liam ebenso beeindruckt war und beschloss, ihn bereits in frühen Jahren zu fördern.

Magister Torgis war es auch, der Liam an das Mottist College von Truse brachte – eine Tatsache, die seine Familie, allen voran Fidric, mit Stolz erfüllte, Colin jedoch nur missmutig aufnahm. Für Liam jedoch war es eine glückliche Wendung in seinem Leben, und an der Universität strebte er nun danach, sein Wissen zu mehren, und den Titel eines Magisters der Geschichte zu erlangen. Doch das Studium bot ihm die Möglichkeit, sehr viel mehr zu lernen, als nur Geschichte. Als einer seiner Dozenten Liam einlud, eine Forschungsreise zu einer Ruine im Haras Wold aus der Zeit der der Wurmkönige, lernte er zum ersten Mal die Gefahren, Tücken und Fallen am eigenen Leibe kennen, mit denen Herrscher und Magier alter Tage ihre Schätze und Geheimnisse in ihren alten Gemäuern zu schützen pflegten. Mit der Zeit genoss der kräftige und geschickte Liam diese Art von Herausforderungen, doch sollte er im Zuge der Rivalitäten, die seit Jahrhunderten immer wieder verschiedene Universitäten miteinander verband, noch in weit interessantere Abenteuer verstrickt werden. Dank manch eine Forschungsreise gewann Liam einen guten Ruf, der eines Tages eine kleine Gruppe von Leuten seiner Universität zu ihm brachte. Diese erörterten mit ihm die Ungerechtigkeiten, mit denen Magister der Universität von Therapoli einige wichtige und seltene Schrifstücke aus dem Besitz des Mottist College von Truse sich aneigneten, und wie man diese wieder zurückerlangen konnte. Liam schloss sich der kleinen Gruppe an, die offensichtlich wiederholt Einbrüche und Diebstähle begingen, und verschaffte sich auf diese Art und Weise wichtige Schriften, die er als Grundlage seiner Magisterarbeit nutzte. Doch weit wichtiger waren seine Beteiligungen an den Einbrüchen und Raubzügen dieser kleinen Gruppe und seine eigenen Forschungsreisen, auf denen Liam seine Talente als Dieb weiter erweiterte, und die dadurch entstandenen Kontakte und Freundschaften mit anderen Magistern, seinen Kommilitonen und vielen von deren Bekanntschaften. So bildeten Liam ein Netzwerk von Vertrauten, Verschwörern und Gefälligkeiten, das er, langsam aber sicher, dazu nutzte, um seine eigenen Geschäfte zu unterstützen – eigene wissenschaftliche Forschungen und Reisen, die Unterstützung und Förderung seiner Vertrauten, aber auch die Belange seiner Familie. Und: das Schicksal ihrer Feinde, allen voran Lord Redwall, den derzeitigen Herrscher ihrer alten Heimat, der…

„Liam? Liam? Ach, bei Islik, bringen sie den Träumer da auch noch einen letzten, er zahlt die Zeche!“ Nur undeutlich drangen Garins Worte zu Liam durch, dann rissen sie ihn aber ruckartig zurück ins Hier und Jetzt. „Was?“ Byron, der ältere, kahlköpfige Wirt beugte sich verschmitzt grinsend zu Liams Tisch hinab und hob einen Finger. „Es ist soweit, mein Freund. Eine letzte Bestellung, dann schließen wir für heute Abend.“ Ein kehliges Lachen ertönte von Liams Freund, Garin, von der anderen Seite des Tisches. „Nun bring doch schon noch einen letzten von diesem Roten da, Byron, der gute Liam merkt das doch eh nicht.“ Liam winkte ab und schob einige Taler zum Wirt hinüber. „Hör auf den Mann da, Byron, der weiß, was er sagt! Bring uns noch einen letzten!“ Der Wirt viel in das Kichern mit ein, nickte, strich die Münzen ein und kehrte zum Tresen zurück, ließ die beiden Freunde alleine zurück.

Kopfschüttelnd verstummte langsam Garin, als der Wirt außer Hörweite war. „Das dich diese Neuigkeit so mitnimmt hatte ich nun wirklich nicht erwartet.“ Unschlüssig neigte Liam den Kopf. „Was erwartest du von mir, alter Freund, du kennst sehr wohl die Geschichte meiner Familie. Glaubst du, ich würde vergessen, was Redwall uns antat, bloß weil ich jetzt in Truse meinen Weg gemacht habe?“ Die Gesichtszüge des Gegenübers wurden schlagartig ernst. „Natürlich nicht. Entschuldige.“ Kurzes Schweigen kehrte an den Tisch ein, und wieder glitt Liams Blick ins Leere. „Bram Dalliwell ist Lord Boar Fort, auf Geheiß des Königs von Huelt, entsandt mit einigen anderen Adligen, um das banditenverseuchte Manon Mole zu befrieden. Und Lord Galrode von Redwall hat sich mit ihnen überworfen, weil sie eine Allianz mit Nomath, der einzigen freien Stadt der Region geschlossen haben, die nicht dem Einfluss Redwalls oder Angowries unterstehen?“ flüstert Liam leicht abwesend. Garin nickte. „So ist es. Einige junge Huelter Adlige stehen an Bram Dalliwells Seite, genauso wie Baron Galbroke von Berrina und der freien Stadt Nomath. Es ist schon zu ersten bewaffneten Konflikten gekommen, die der Baron diplomatisch klären konnte.“ Liam nickte leise. „Und das ist erst der Anfang des Geschehnisse. Der Winter steht vor der Tür, und weder im Manon Mole noch an der Küste werden große Feldzüge stattfinden. Im Frühjahr jedoch…“ Unsicher schob Liams Gegenüber sein leeres Glas an den Tischrand und nahm den Faden auf. „Spätestens im Frühjahr wird Redwall zuschlagen müssen, um seine Machtbasis zu verteidigen oder gar auszuweiten. Die Verbündeten des jungen Dalliwell sind Redwall schon lange ein Dorn im Auge, solch gute Gelegenheiten, gegen sie vorzugehen, sind selten…“

Liams Gast verstummte, als der Wirt wortlos zwei neue Weingläser zum Tisch brachte und wieder verschwand. Liam hebt sein Glas und schwenkt es prüfend. „Zum Wohle, Liam“ prostet Garin ihm zu. Liam erwidert prompt, doch in Gedanken war er immer noch beim vorigen Thema. Eine gute Gelegenheit – galt das auch für Liam selbst? Was Galrode von Redwall seinen Eltern angetan hat, sein Betrug, den kann und wird Liam nicht vergessen. Und solch Gelegenheiten, Redwalls Feinden gegen ihn beizustehen, sind ebenfalls rar gesät, das ist richtig. Und wenn die Karten schon neu gemischt werden, ist das die beste Möglichkeit, seiner Familie das wiederzugeben, was Redwall ihnen nahm – ein Lehen und eine feste Heimat, am besten in Huelt, wo sie herstammen.

Nachdenklich mustert Liam seinen Wein, und stürzt ihn dann mit grimmiger Miene in einem Zug hinunter. Seiner Familie zu helfen, in den Tagen, die heraufziehen, das ist ihm klar, wird mehr von ihm verlangen als in einen Lehrstuhl zu schleichen und ein paar Artefakte einzustecken. Es wird die Prüfung seines Lebens.

Mühsam stand er auf. „Komm, Garin, lass uns zahlen und gehen. Es ist Zeit.“ Auf dem Weg zur Tür fällt Liams Blick durch das Fenster auf den Mond, der heute nach so fern und unbeteiligt wirkt. Kein blutroter Schleier verdeckt ihn mehr, wie zu Liams Geburt. Ein Schleier, der Blutvergießen in der Zukunft für Liam bereithält. Scheint so, als ob der Mond sein Versprechen mehr als nur halten wird…

Dungeonsalyers! Oder Hilfe meine Gruppe ist böse

Gestern Abend habe ich trotz absolut mieser Laune eine Runde Dungeonslyayers geleitet. Die Gruppe besteht auf echt netten Leuten, wir essen immer noch gemeinsam vor dem Spiel und unterhalten uns viel.
Auch das die Spieler vollkommen undiszipliniert im Spiel sind ist eine Tatsache mir der ich mich aufgrund der netten Runde abfinde. Ich spiele halt mehr Bier und Brezel als etwas anspruchsvolles.
Als Abenteuer habe ich mich großzügig bei Meckwick’s Revenge by Aaron Frost & Mundi King bedient, einem Beitrag zum One Page Dungeon Contest. Der war zwar nicht vom Moritz aber irgendetwas ist ja immer..
Nach einigen geringen Modifikationen die mir ein besseres Spielen meiner SLC erlauben und den Spieler die von ihnen so oft vernachlässigte Charakterdarstellung forcieren sollte, kam noch mal der Hinweis auf eine Passage im Text vom Regelwerk:
Punkte für Rollenspiel
Atmosphärisches und charakter-gerechtes Rollenspiel sollten gefördert werden. Ein Charakter kann dadurch pro Situation bis zu Stufe x 2 EP verdienen.
Los ging es, die Gruppe besiegte Gegner um Gegner um schließlich den ersten Kill von mir hinzunehmen. Nun fingen die Spieler an zu Rumoren, dass die Gegner zu hart seien. Ich hatte die Gegner aber fein säuberlich nach den Regeln an die Härte der Gruppe angepasst und war sogar etwas unter den Vorgaben geblieben, welche im Regelwerk stehen, weil mein Kämpfer nicht mit dabei war.
Eben dessen Fehlen wurde jetzt angeklagt und nachgefordert, weil dioe Gruppe niemanden hatte, der in der ersten Reihe stehen würde und die Schläge abfängt.
Merkwürdig, ich spiele seit nun mehr 26 Jahren und es ist das erste Mal, dass eine Gruppe will, das der SL seinen Charakter aktiv mitführt.

Vielleich liegt es auch daran, das in der Gruppe eine Späherrin, ein Heiler,eine Schwarzmagierin und ein Zauberer sind, die sich alle keine Gedanken über ihre Defensive gemacht haben und ware Monster in ihren Spezialbereichen sind. Aber One Trick Ponys bei Dungeonslayers?
IMHO keine gute Idee.
Naja, ich bin als in der Mitte der Mappe, wo ich entgegen dem Original einen Teleporter eingebaut habe und sol richtig loslegen will, da hören die Abenteurer wieder das Trappeln der Söldner mit dem Sybol des guten Gottes auf ihren Schildern und benutzen den Teleporter.
Die Begegnung mit einem höheren Dämonen versetzt die Spieler in Freude und sie bieten ihm voller entzücken an, für ihn zu arbeiten und den Rest der Welt in seine Sklaven zu verwandeln..
Oh man, jetzt sitze ich echt in der Patsche!
Auch wenn der SL in dieser Runde immer schön rotiert, habe ich so meine Probleme damit für eine böse Gruppe zu leiten. Das mag sich für einen SL, der seine Gruppen regelmäßig mit brutalsten Gegnern, Missgunst, Verrat und Dekadenz jeglicher Art bombardiert komisch klingen, aber es ist so.
Ich mag keine bösen Gruppen!
Vielleicht ist es, weil ich zu eingeschränkt denke, vielleicht auch weil ich die Gewalt und Boshaftigkeit bei meinen SLC immer im Griff habe und weiß, dass meine Grenzen nicht überschritten werden.

Wie ist das bei Euch?

 

Diskussion hier oder auf RSP-Blogs.de

Spielercharakter tötet Spielercharakter

Eigentlich lustig, dass ich die Sache hier kurz nach dem Text mit Bubs da ist er Tod schreibe, aber das Leben ist halt manchmal echt humorvoll.
Nach langen Debatten und dem zähen Ringen hatte mir ein Problemspieler aus einer vergangenen im Vollrausch die Zusage abgerungen, dass ich ihn wieder in der Runde mitspielen lassen würde. Er wollte als Zeichen seines Einsatzes auch die Kampfpfade übersetzen. Also mal flugs einen Charakter erstellt und ihn am Donnerstag mit zum Spielen genommen. Einzig das „Ambitioniert“ Binding auf 3 machte mir ein paar Sorgen, wo der Spieler doch oft so unflexibel aus der Sicht seines Charakters handelt. Die Runde begann mit dem gemeinsamen Essen und den dabei gewürfelten Company Rolls für Reign und der neue Spieler brachte sich klug ein. Er hatte von mir das Lob auf Michael und seinen klugen Einsatz der Company zum Spionieren gehört und wollte es ihm nachmachen.
Bei einem der Spieler ging es zur Sache, seine Company wurde von einem NSC schwer angegangen und verlor 3 Punkte Souverreignty. Da der Spieler keinerlei Punkte in Ansprachen gelegt hatte, welche die Stimmung unter seinen Gefolgsleuten hätten verbessern können, schlug der neue Spieler eine Hochzeit zwischen ihm und der einzigen Tochter des Charakters vor. Er würde das Fest ausrichten und damit die Company retten.
Diese Vorhaben nickte ich ab und stellte 2 Punkte Souverreignty Bonus für 3 Monate in Aussicht, genügend Zeit für den Spieler anderweitig aktiv zu werden und den Wert zu Pushen.
Das Fest wurde ausgerichtet und ich fuhr eine volle Ladung SLC auf um die Spieler zu manipulieren.  Besonders der Baron von Ald Amas aus Umat machte dem Charakter große Versprechungen. Macht und Reichtum in seinem Gefolge, die er durch eine Erhöhung des Treasurewertes versprach.
Das war als Köder gedacht um den Spieler zu seinem Schwiegervater in Spe zu bringen und eine gemeinsame Kampagne gegen den Baron von Ald Amas zu starten.
Fehlanzeige!
Der Spieler verkündete darauf stolz, dass er nach der Hochzeit seinen Schwiegervater vergiften lassen würde und auch mein Kommentar, dass es sich hier um einen Mitspieler handelt, konnte ihn nicht von seinem Plan zur Macht abbringen.  Ich versuchte als SL nach einmal auf den Spieler einzuwirken und wies darauf hin, dass auch er in Zukunft Opfer von Giftanschlägen werden könne, wenn er so handle, aber der Spieler herrschte mich an, dass er wisse wie ich leite und dieses Risiko eingehen würde.

Der Mensch ist ein echt guter Kumpel, aber in dem Moment hätte ich ihm echt den Schädel spalten können.

Nun ja, die Hochzeit ging durch und der Spieler machte sich ans Werk. Er versuchte mittels Faszinate einen anderen Charakter  zu überreden und reagierte etwas entsetzt, als dieser nicht einmal würfelte um ihn zu widerstehen.
Das Würfeln als zentralen Bestandteil meines Leitens einfordernd blickte er mich an und erwartete ein Einschreiten, doch ich nickte nur und erklärte ihm, dass das schon so in Ordnung gehen würde, denn der Charakter hätte einen Vorteil (Iron Mind), der ihn immun gegenüber Einflüsterungen machen würde.
Der Spieler lehnte also kalt lächelnd das Angebot des Charakters ab,  rief seine Wachen und sperrte zusammen mit denen als Hilfe einen nackten und verschnürten Charakter in eine Zelle mit einem Schloss, dass er magisch sichern ließ.
Der Charakter in der Zelle hatte nur noch eine Chance, seinen Gönner. Um ihn im Spiel zu halten habe ich dem Spieler den Company Roll auf Spionage machen lassen, der auch glückte. Sein Gönner wusste also was vorgefallen war.
Jetzt wurde es schwierig, der Gönner wusste also um die Gefangennahme des potentiellen verbündeten und machte sich auf den Weg um den Charakter loszueisen. In der Folge gab es gutes Charakterspiel und harte Verhandlungen, bei denen der Gönner patzte.
Also eskalierte dieser die Sache so, dass der König ein Urteil fällen sollte (der war ja eh zur Hochzeit anwesend) Der König hörte sich beide Seiten an und entschied, dass die Sache in einem Gottesurteil geklärt werden solle.
Es kam also zu dem Kampf auf Leben und Tod, die Seite meiner Stammspieler rüstete dafür mächtig auf.  Über Runden und ein Inscription Ritual würde die Rüstung des Kämpfers mit Runen aufgebretzelt. Zusätzlich nahm der Spieler sich die Mission, den anderen Charakter zu töten und er Rief Islik an, ihn zum Sieg zu führen.
Der neue Spieler sah sich das Ganze mit Entsetzen an und bettelte um Hilfe von seinem Gönner, dieser möge ihn magisch unterstützen. Doch der Gönner hatte das Urteil des Königs vernommen und sich entschieden, den unliebsamen Mitwisser nicht zu unterstützen.
Sagen wir mal so, der Kampf war recht kurz und als der Charakter des Spielers bewusstlos  war hielt sein Gegner noch eine Rede und schlug ihm dann den Kopf ab, den er auf eine Lanze spießte und vor das Tor hängte.
Ich fragte den Spieler des toten Charakter jetzt, wann wir in der nächsten Woche denn seinen neuen Charakter machen wollten, doch der meinte ich würde ihn ja eh immer ins Messer laufen lassen und stürmte aus der Bude.
Meine abschließende Frage bleibt natürlich, ob ich wirklich so gemein war oder der Charakter einfach nur seine eigenen Methoden zu spüren bekommen hat.

Ist mir auch egal, der kommt so schnell nicht wieder.

In der Nachbesprechung der Runde kam es zu einer recht lebhaften Diskussion, wie wir denn nun mit PvP umgehen wollten und ich sagte, dass es mir grundsätzlich egal wäre aber ich am Anfang der Kampagne eine harmonische Gruppe bevorzugen würde, die sich mit wachsender Macht voneinander entfremdet, wenn es denn unbedingt sein soll.
Die Gruppe hat sich deshalb untereinander fleißig Treueschwüre abgenommen um ihren Willen zur Zusammenarbeit zu zeigen.

Pfiffige Lösung :-)

Charakterplot?

“Ich spiele auch gerne Dekoelemente”
— Lena F.

tl;dr Einige Spieler setzen sich eigene, charakterimmanente Ziele, für die sie nur einen Konflikt zwischen ihrem und einem von einem anderen Spieler geführten Charakter benötigen. Dies erlaubt eine gewisse Autarkie vom SL und dessen Handlungsfaden.

Der “Charakterplot” ist – wie das Barbie-Spiel – ein ganz eigener Spaßfaktor, wie mir im Gespräch mit einer begeisterten DSAlerin auffiel. Es handelt sich wohl um eine Spielform, die sich im DSA-Regelbiotop besonders wohlfühlt.

Ein bewusst gewählter Konflikt ist eine Spaßquelle

Ein Charakterplot ist ein bewusst gewählter Konflikt, der von dem Spieler bei der Charaktererschaffung bereits angelegt wird. Im Beispiel war das eine Hexe, die ihre magischen Fähigkeiten vor den anderen Charakteren geheimhalten “musste”. Einer der anderen Charaktere würde – und das ist von der Spielerin der Hexe bewusst ausgenutzt worden – bedingt durch Settingvorgaben nämlich ein Problem damit haben, mit einer Hexe zu reisen. Klassischer ist das in der Fantasy mit dem ach so strengen Paladin und dem wohlmeinenden, aber diebischen Schurken angelegt. Aber auch die andauernde Popularität des ewigen Antagonismus zwischen Elf und Zwerg ist sicherlich ein Ausfluss dieses Spiels.

Indem der Spieler bei der Wahl seines Charakters einen eigenen, ihm interessant erscheindenen Konflikt anlegt, löst er sich von seiner Abhängigkeit von der durch den SL präsentierten Handlung und kann selber Akzente setzen. In extremo gedacht kann sich der Spieler seinen Spaß aus dem Konflikt mit den Mitspielern holen – die vom SL präsentierte Handlung und Spielwelt wird zum bloßen Kulisse für die Interaktion zwischen den Charakteren am Tisch. Bestenfalls ist die Handlung des SL Motivator und Auslöser für den Spielerplot: Muss unsere Beispielshexe also in höchster Not im Kampf zaubern, so wird ihr Geheimnis Thema: Schafft sie es, die anderen Charaktere davon zu überzeugen, dass der Zauber ein Misserfolg des Gegners war? Wie reagieren die anderen auf ihre Erklärungsversuche? Misstraut man ihr? Wie geht sie damit um?

Solche Fragen können naturgemäß spannend sein und für viel Spielspaß sorgen, wenn sich die beiden beteiligten Spieler mit solchen Konflikten wohlfühlen und sie gerne ausspielen möchten. Jeder von uns dürfte diese Form des Spiels an seinem Tisch auch schon beobachtet haben, wie die zahlreichen Witzeleien über Zwerge und Elfen beweisen.

Der Charakterplot als Spaßbremse

Allerdings, und das unterscheidet den hier dargestellten Spielertyp vom Barbiespieler, kann diese Form des Spielspaßes erheblich zu Lasten der anderen Spieler gehen. Denn der Konflikt ist regelmäßig einer zwischen zwei Spielern, nicht zwischen Spieler und SL. Der SL hat also nicht sein übliches Instrumentarium zur Verfügung, um für eine gleichmäßige Verteilung der Spielzeit (Spotlight) am Tisch zu sorgen. Solange die am “Charakterplot” beteiligten Spieler diesen ausspielen, ist der Rest des Tisches zum Zuschauen verdammt. Das kann unterhaltsam sein, muss es aber nicht – ganz abhängig von dem schauspielerischen Talent der am Charakterplot beteiligten.

Besonders störend wird der Charakterplot immer dann, wenn er nicht nur zur Erzwingung von Spotlight dient, sondern sogar aktiv das Voranschreiten des eigentlichen Abenteuerplots verhindert. Nehmen wir wieder das Beispiel zur Hand, in dem Paladin und Schurke ihren Antagonismus zur Charakterplot erhoben haben und immer dann ausspielen, wenn sich dazu eine Gelegenheit bietet – etwa beim Planen der nächsten Schritte. Schon aufgrund ihrer entgegengesetzten Charakterkonzepte können sich die beiden nicht einigen können – ob die Gegner nun frontal angegangen werden müssen oder der Dieb sich anschleicht und hinterrücks
meuchelt – einer der beiden würde verlieren und dann von den Regeln bestraft werden, wenn er sich dem Verhalten des anderen anpassen muss. Eine Situation, in der also eine Auflösung ihres Konfliktes kaum vorstellbar ist: Folglich zieht sich jede Planungsphase wie Kaugummi in die Länge, während die beiden in endlosen Kreislauf immer wieder die gleichen Argumente austauschen (und dabei Spaß haben). Bis der SL endlich ein paar Ninjas durch das Fenster klettern lässt, um die Gruppe zur Handlung zu zwingen.

Ich habe ja die Vorstellung, dass vor allem Spieler zu diesem Verhalten neigen, die einen SL gewöhnt sind, der zum Railroading tendiert. Kann ich nämlich im Abenteuer nicht viel beeinflussen, so suche ich mir meinen steuerbaren Konflikt eben anderswo – aber diese These ist eine bloße, völlig unbelegte Behauptung.

Argumente pro und contra

Kommen wir aber der Fairness halber auf die Argumente für den Charakterplot zu sprechen.

  • Eines ist sicherlich die im Rollenspiel ja erwünschte Interaktion zwischen den Spielern. Kaum eine Gruppe will 100% Plot – die Beziehungen zwischen den Charakteren sind ein weiterer wichtiger Spielinhalt. Ein Charakterplot ist letztlich nichts anderes, als eine von einem Spieler bewusst gesetzte Beziehung.
  • Zwischen den Spielern macht soziale Interaktion in der Regel mehr Spaß als mit NSCs.
  • Der Begriff “Charakterplot” beschreibt ja eine Entwicklung des Charakters. Es ist ja auch denkbar, dass Paladin und Dieb irgendwann einsehen, dass der andere nicht völlig unrecht hat, arrangieren sich und werden Freunde.
  • Charakterplot ist – gut gemacht – mehr als nur ein Schurke, der die eigene Gruppe beklaut, Zwerge ./. Elfen, Paladin und Schurke. Charakterplot kann eben auch der zweifelnde Priester, die heimliche Verliebtheit, Caramon Majere zwanghafte Treue und sein Beschützerinstinkt gegenüber seinem Bruder Raistlin.

Die Schattenseiten hingegen:

  • Spotlighthogging: Oft führt ein Charakterplot zu überproportional viel Zeit im Fokus der Aufmerksamkeit am Spieltisch
  • Ausbremsen: Ständige und im Charakter angelegte Uneinigkeit führt zu zahllosen Diskussionen – vor allem beim gemeinsamen Planen
  • Kastrieren: Das Verstecken von Fähigkeiten (oder das Unterdrückenmüssen dieser) führt zu einer geringeren Effektivität der Gruppe – etwas was dem Gamisten den Spaß nimmt.
  • Wiederholung: Gerade bei den alten Klischees (Paladin./.Schurke, Zwerg./.Elf) ist eine Auflösung des Plots kaum denkbar – weder Zwerge, noch Elfen oder gar Paladine sind für ihre beweglichen Ansichten über andere Leute berühmt geworden.

Wie geht ein guter SL nun mit einem Charakterplot um?

Unterstellt, der Charakterplot fängt an, den SL oder einen der Spieler zu stören (oft erkennbar an gelangweilten Gesichtern oder empörten “Nicht schon wieder!”-Rufen), dann muss der SL wohl handeln. Zu früh darf das nicht passieren, um die Spaßquelle nicht ruinieren – zu spät nicht, um nicht Langeweile und festgefahrene Strukturen entstehen zu lassen.

Problem: Spotlighthogging

Schneiden! Orientiere dich an Filmen – lass den Konflikt entstehen, aber rechne nicht damit, dass es zu einer Lösung kommt. Schneide also zackig wieder aus der Szene raus, wenn der Konflikt für alle beteiligten Erkennbar wurde. Wie auch im Kampf – die anderen sind dann auch mal wieder dran!

Problem: Ausbremsen

Der Charakterplot zwischen Dieb und Paladin bremst also mal wieder die Planung aus. Was tun? Send in the Ninjas. Ein Angriff während der Planung löst alle Probleme? Nein, aber unterbricht den Konflikt und strukturiert ihn. Hier gilt es aber aufzupassen, dass die Ninjas nicht immer den gleichen der beiden Streithähne bevorzugen. Schwergerüstete Stadtwachen bevorzugen den Paladin, flinke Ninjas den Schurken.

Problem: Kastration von Fähigkeiten

Mir fällt hier keine Lösung ein. Wenn sich die Hexe zurückhält und nicht zaubert, weil das Verstecken ihrer Fähigkeiten zu ihrem Charakterplot gehört – dann wird sie aus Sicht eines Gamisten zum Dekoobjekt. Mehr Spotlight für die Kämpfer wird der Charakterplotspieler dann eben anderswo wieder ausgleichen – darauf ist schon Verlass.

Problem: Wiederholung

Wenn die Wiederholung anfängt aufzufallen (oder schon nervt), dann ist es die Aufgabe, den Plot weiterzubringen. Ich empfehle, dies offen anzusprechen und die Spieler zur Kooperation zu verpflichten, evtl. geht es aber auch ohne deren Einbindung auf der Metaebene. Der Konflikt muss also jetzt so gestaltet werden, dass er sich zuspitzt und gelöst werden muss. Der eitle Elf muss den Zwerg um eine Locke von dessen Bart bitten, um ein Problem zu lösen. Der Paladin kann ein großes Übel nur verhindern, wenn er durch den Schurken unterstützt wird, der Dämon wird den Priester vernichten, wenn die Hexe ihn nicht mit einem Zauber rettet. Mach eine ganze Spielsitzung draus und lass die Beiden das episch ausspielen – und es besteht Einigkeit am Tisch, dass sie ihren Konflikt nun auf ganz neue Beine stellen müssen. Kooperativer muss es als Ergebnis werden, darauf solltest du bestehen – schon zur Lösung der ersten drei genannten Probleme.

Nicht so gut geklappt…

Nicht am Spieltisch ausprobiert, aber im Gespräch durchdacht habe ich, den blockierenden Konflikt einfach durch Schneidetechnik zu umgehen. Und das geht so: Paladin und Schurke zicken mal wieder, es geht nicht weiter. Der SL springt über alle Wachen, Fallen etc hinweg und stellt die Gruppe vor dem bösen Endgegner auf – und gibt den Spielern der Streithähne auf, bis zum nächsten Mal zu erklären, wie sie sich geeinigt haben. Von der Charakterplot-Spielerin wurde dieses Vorgehen vehement abgelehnt – vermutlich zu Recht. Damit hätte ich ihr das Ziel des Charakterplotspielers weggenommen. Und damit meine ich nicht, dass Spotlight, dass ihr der Konflikt bringt – sondern die eigentlich erstrebte Katharsis, die Auflösung des Konfliktes, die natürlich ausgespielt werden soll. “Schließlich ist nur das Ausspielen mit den anderen Spielern echtes Rollenspiel”.

Ich freu mich über eure Erfahrungen mit dem Thema.

Das „Barbie“-Spiel

Ich habe den Diskussionsbedarf unterschätzt. Bitte diskutiert im Forum weiter.
— Karsten

Der folgende Artikel ist eine leicht überarbeitete und umgestellte Mischung aus zwei Beiträgen im Tanelorn, die der User Kriegsklinge dort eingestellt hat. Ich denke, dass Kriegsklinge da eine wichtige Beobachtung gemacht hat, die mir nie so klar war. Aber sie trifft vollständig zu – auch ich habe schon das Barbiespiel betrieben.

Gut gefallen hat mir auch der Name „Barbiespiel“, da es so schön griffig ist. Wer einen weniger polemischen Namen sucht, der kann das im oben verlinkten Thema vorgeschlagene Mon Plaisir (MP) wählen.

TL;DR: Wer gerne zwischen den Spielrunden an seinem Charakter „herumspielt“, ohne dabei vorwiegend die mechanischen Werte zu optimieren, ist ein Barbie-Spieler. Das ist eine eigene Quelle des Spielspaßes, die eigenständig neben Spaßquellen wie dem Kampf oder dem „Besserwerden“ steht.

– Karsten

Den typischen DSA-Fan stelle ich mir als jemanden vor, der halt irgendwann mal zur Runde mitgeschnackt wurde, sich in die Details der Spielwelt verguckt hat und dann wie alle anderen in der Runde stillschweigend die Regelteile weglässt, die einfach zu sehr nerven. Alles, was manchmal umständlich ist, wird recht klaglos in Kauf genommen – man weiß es schlichtweg nicht anders. Die Regelseite ist aber auch für den Spielspaß nicht entscheidend, vermute ich mal. Der Reiz des Durchschnitts-DSAs liegt im Zusammensein mit Gleichgesinnten, dem Bewusstsein, dass man die schöne Welt betritt, die man aus den Büchern kennt, dem farbenfrohen Auskaspern der eigene Rolle vor dem Hintergrund dessen, was der SL erzählt, und viel Beschäftigung mit dem Fantasieren über die Welt und den eigene Charakter abseits des Spieltischs. In wechselnden Mischverhältnissen kommt wohl noch die Freude am Besserwerden (höhere Werte, Ausrüstung), Würfelproben (schaff ichs, schaff ichs nicht) und Spielverlaufsbestimmung durch Pläneschmieden dazu (die Spieler diskutieren untereinander das weitere Vorgehen und der SL stimmt den weiteren Verlauf der Handlung insgeheim darauf ab). Die Berührung mit den „harten“ Regeln stellt Inseln im Spielgeschehen dar.

Trotzdem denke ich, dass diese Spieler nicht auf die Komplexität der Regeloptionen verzichten möchten. Warum? Weil sie die vielen Talente, Fertigkeiten, Werte wohl in erster Linie benutzen, um den Charakter möglichst eingehend zu beschreiben und in ihrer Fantasie in der Welt zu verankern. Je detaillierter die Angaben zu Talenten, Sfs, Zaubersprüchen usw., desto plastischer das Bild des Chars, desto länger kann man sich vor und nach dem Spieleabend mit dieser Figur befassen. Die Verkörperung am Spieltisch ist gewissermaßen das, was für den Modelleisenbahner das Setzen der liebevoll bemalten Lock auf die Schienen ist – am besten noch, wenn andere zugucken und sich auch dran freuen.

Die Regeln sind in diesem Sinne zweitrangig, oder mehr: Sie sind überhuapt keine Regeln im Sinn von Steuerungselementen eines Spielgeschehens, sie sind Anreize zur Charakterträumerei, die am Spieltisch im Wechselspiel mit dem SL den anderen präsentiert wird – so ungefähr. Inwie weit die Regeln dann auch mal als echte Spielregeln fungieren, das ist sicher von Gruppe zu Gruppe unterschiedlich.

Ich möchte ganz ausdrücklich sagen, dass ich diese Art des Spiels gar nicht für falsch oder verwerflich oder minderwertig halte. Im Gegenteil, ich finde es ziemlich faszinierend und viel zu wenig beachtet. Vor allem finde ich interessant, dass ein großer Teil des Spielgeschehens für jeden Spieler allein abseits der Gruppe stattfindet. Wenn es nicht von vielen womöglich als abwertend gelesen werden würde, fände ich den Vergleich mit Barbie-Spielen ganz passend. Man holt sich alle möglichen Accessoires und macht zu Hause mit der Puppe rum, und wenn man mit den anderen spielt, kommen alle diese Stories zusammen, aber gemeinsame Spielen ist keineswegs alles, was an Barbie Spaß macht.

Ich glaube bloß, dass es ein ganz großes Missverständnis ist, wenn regelseitig hier nach Möglichkeiten der Plotlenkung durch die Spieler oder bessere Taktikelemente geforscht wird. Diese Dinge sind meines Erachtens nicht der Kern des heutigen DSA – da ist man, wie hier schon gesagt wurde, mit DSA1 oder einer Umsetzung mit einem Unisystem besser bedient.

Interessant fände ich mal, ob es einen sinnvollen Weg gebe, das „Barbiespiel“ sinnvoll und offen anzusehen, als anerkannten Spielstil. Oder macht Ulisses da einfach schon alles richtig?

Zum Thema, wie bewusst das „Barbie-Spiel“ gewählt ist: Das wird wohl von Gruppe zu Gruppe unterschiedlich sein. Ich vermute, dass die Leser dieses Beitrages da eher eine Ausnahme sind, weil sie eben stärker reflektieren, was sie so machen, aber vielleicht traue ich dem internetfernen Rollo jetzt doch zu wenig zu. Ich vermute ebenfalls, dass die Darstellung oben einen Extremfall darstellt und dass sich wohl im tatsächlichen Spiel noch andere Ebenen hineinmengen. Entweder je nach Situation – man schaltet nach Bedarf in den „Kampfmodus“ oder den „Entscheidungsmodus“ – oder abhängig von den Spieler – es sind doch Leute in der Runde, die heiß auf einen taktischen Kampf sind z.B. Zu den vielen faszinierenden Dingen am „Barbie-Spiel“ gehört ja auch, dass es frei mit anderen Ebenen des Rollenspiels kombinierbar ist – ein bisschen machen wir das glaube ich alle – und dass sogar Spieler, die es hauptsächlich bevorzugen, eigentlich mit fast jeder anderen Art des Rollenspiels gutmütig mitgehen, so lange man sie nicht über Gebühr unter Druck setzt, d.h., ihnen aggressiv Entscheidungen abverlangt, die über den Rahmen des Charakters hinausgehen (Plotverlauf, Scene Framing, taktische Entscheidungen mit großem Risiko für das Leben des Chars und andere Figuren).

Ich glaube wirklich, dass diese Ebene des Rollenspiels fast immer unsichtbar gemacht wird, eben weil sie sich so unauffällig in andere Spielweisen einfügt. Das meiste, was über Rollenspiel so Nachdenkliches gesagt und geschrieben wird, konzentriert sich uf das Geschehen am direkt am Tisch mit den anderen Spielern und betrachtet Regelelemente als Steuerungsmechanismen, mit denen die Spieler auf das Geschehen Einfluss nehmen. Beides geht aber am „Barbie-Spieler“ eigentlich vorbei.

Auf der Forge gab es mal das Schlagwort von der „exploration of character“ als Quelle des Vergnügens  (womit aber auch nur das Erforschen des Chars im Spielverlauf gemeint war iirc, außerdem ging es da um Charactere, die sich auch durch das Spielerhandeln verändern); Robin Laws subsumiert die „Barbies“ vermutlich als Casual Gamer oder Social Gamer, was ihnen aber ebenfalls nicht gerecht wird. Die sind ja nicht passiv oder desinteressiert oder spielen nur, um Dabeizusitzen; die Zeit und Mühe, die mir bekannte „Barbies“ in Charakterhintergründe, bewusstes Steigern (was habe ich erlebt? was wäre passend?) und Gespräche vor und nach dem Spiel gesteckt haben, kann sich aber locker mit dem Einfallsreichtum jeder Narrativistenschweinerunde messen. Die Leidenschaft richtet sich nur auf etwas ganz Anderes. Das Verhältnis von gemeinsamem Spiel und Beschäftigung abseits des Spieltisches kann sich da nahezu umkehren – die Spielrunde füttern die eigene Beschäftigung mit dem Char davor und danach.

Um noch mal zu DSA zu kommen, ich halte das (sicherlich nicht so ganz bewusste?) Bedienen dieses Spielertyps für geradezu genial und einen der stärksten Gründe für den anhaltenden Erfolg von DSA. Genial deshalb, weil es

(a) eine Menge Leute ins Rollenspiel holt, die von anderen Ebenen eher überfordert wären (nicht weil sie irgendwie minderbemittelt sind, sondern weil sie ihre Figur lieber in Ruhe alleine entwickeln und den Stand der Dinge eher mit anderen teilen, wenn sie mit dem Erreichten zufrieden sind)
(b) kaum ein anderes Spiel gibt, das Barbie so gut bringt, es ist also ein Alleinstellungsmerkmal
(c) die Leute von einem Kernproblem des Rollenspiels als Hobby ein wenig befreit, dass man nämlich eine Gruppe mit Zeit braucht, damit es stattfinden kann und
(d) – und das finde ich am Witzigsten – keine andere Ebene des Rollenspiels prinzipiell ausgeschlossen wird. Man kann also Regeln bauen, die durchaus auch eine Beteiligung am Spielverlauf ermöglichen, klar, passiert ja in DSA-Runden auch. Eingebettet ist aber die Möglichkeit zum „barBARBIEsieren“, und wer darauf steht, stürzt sich sofort drauf.

Vermutlich gibt es die stärksten „Barbie“-Tendenzen in Settings, die sehr detailliert, sehr reichhaltig und gerne auch durch andere Medien vorgeprägt sind, aber noch wichtiger scheint mir zu sein, dass die Settings starke Folien bieten, auf die man Wünsche, Träume, Sachen, die man cool findet, projizieren kann. Klingt jetzt arg psychologisierend; so a la „Weltflucht“ einerseits und „brain damage“ andererseits. Ich meine aber nicht, dass die „Barbies“ alle gestörte Kellerkinder sind, die im Spiel ausleben, was sie sich sonst nicht trauen, sondern eher positiv, dass man im Rahmen eines Spiels mit solchen Wunschrollenbruchstücken spielen kann, und zwar anders als im „Story Now!“ nicht im Spielverlauf, sondern erstmal für sich – und dann mit anderen.

Bei DSA finde ich es schwierig zu greifen, was das sein soll, während es mir bei einem anderen großen „Barbie“-Spiel, nämlich Vampire, ziemlich klar ist, wo es explizit um Sex, Verführung, Macht, Tragik eben: große Oper geht. Da leuchtet mir ein, worin die Einladung zum „barBABIE“-Spiel besteht.

Im Zusammenhang mit DSA ist immer wieder von „Märchenhaftigkeit“, „Hotzenplotzigkeit“ die Rede, es scheint also irgendwie eher um was Kindliches (nicht: Kindisches) zu gehen. Mir ist, als hätte der Prussian Gamer Settembrini da mal über deutsche Romantik etc. sinniert, da kann ich mich nur schwer drauf einlassen, weil ich die Argumentation mit dem Nationalcharakter immer etwas problematisch finde. Diesen Teil des Barbie-Spiels finde ich eh schwierig zu besprechen; ich finde es ziemlich klar, dass da verschiedene psychologische Sachen mit reinspielen, aber ich möchte eben nicht, dass es gleich nach Krankheit und Kompensation klingt … beziehunsgsweise masturbatorisch (jeder für sich, traut sich nicht zusammen mit den anderen, blabla). Erstens geht es wohl bei jedem Rollenspiel irgendwie auch bis zu welchem Grad auch immer um das eigene Innenleben, ist also nichts besonderes beim „Barbiespiel“ und zweitens ist Masturbation so an und für sich ja auch was ganz Schönes.

Außerdem wird es schwierig zu belegen sein, was da genau dahinter steckt.  Und vielleicht ist es auch gar nicht so wichtig – nur interessieren tät´s mich.

Okay, es ist schon ziemlich wahrscheinlich, dass das nie jemand bei DSA so geplant hat . Passiert ist es aber, denke ich, dennoch – aber hey, in der Evolution passiert auch alles Mögliche durch wildes Rumprobieren ohne Plan und manchmal ist das Ergebnis ganz supi.