Rollenspiel mit Filmriss

Stell Dir vor Du wachst nach einer Rollenspielsitzung auf und hast keine Ahnung wo Du bist. Von links dringt nach dem Schließen der Augen ein zärtliches Schnaufen an Deine Ohren und wenn du Dich umdrehst und hoffst das die Frau neben Dir hübsch ist, lächelt dich aus großen treuen Augen eine Dänische Dogge an, bevor sie Dir liebevoll durch das Gesicht leckt.

Das panische Ordnen der Gedanken, wer zum Teufel hat eine Dogge und wie kommst Du nach dem Rollenspiel zu Ihm?

Erst mal einen großen Schluck Wasser, wie gut, dass ich fast nie Kater habe…

Dann die ersten Versuche den gestrigen Abend zu rekonstruieren, wir wollten Rollenspiel machen, etwas Dramatisches in dem ich mein Abenteuer für das „Große“ tanelorn Treffen teste.

Nachdem ich mich irgendwie in Bewegung gesetzt habe stürmen zwei Kinder in den Raum und eines guckt mich mit großen Augen an: „Pappa?“ Panik kriecht in mir hoch und als echtem Nerd schießen mir auf jeden Fall sofort 3-4 Filme in den Sinn die alle mit Körperwechseln und anderen Nebeneffekten der Amnesie zu tun haben.

Aus dem Nebenraum erklingt ein fröhliches Lachen und der Satz: „Schatz das Frühstuck ist fertig“. OK, die Panik steigt, mein Wecker am Handy klingelt und ich habe eine SMS von einem Kumpel drauf. Ich bin also nicht in der Zukunft.

Die beiden Kinder kommen mir inzwischen annähernd bekannt vor, die gehören zu der Schwester eines Mitspielers, dessen Ehefrau guckt durch die Tür, grinst die Kinder breit an und fragt: „Und wie hat er beim Pappa geguckt?“

Die Kinder beschreiben es lebhaft und kringeln sich vor Lachen, ich will mehr WASSER!

Ach ja, wir wollten Dramatik spielen, mein selbstgebautes System mit den Tarot-Karten. Etwas düsteres in den 30ern. Die Gruppe hatte sich zusammengefunden, weil eine ehemalige Mitspielerin zu Besuch aus Malaysia war und mit uns zocken wollte.

Zu den Charakteren:

Karsten (nicht der Gute oder der Böse)
Johnathan Black

Beruf:       Privatdetektiv
Hobby1:           Glücksspiel
Hobby2:           Okkultes

Körper:           3
Geist::       2
Ausstrahlung:   2

Verlangen:          Chelsa soll mein sein
Instinkt:           Ich treffe immer
Tick:             Großmaul

Gegenstand:   Zigaretten (Bonus auf soziales)

Donts im Spiel:    Folter ausspielen.

 

Saskia

Chelsea Norten

Beruf:       Hollywood Star
Hobby1:           Schießen
Hobby2:           Rennfahren

Körper:           2
Geist::       2
Ausstrahlung:   3

Verlangen:           Ich will leben

Instinkt:            Ich spiele jede Rolle perfekt
Tick:              Starallüren

Gegenstand:   Revolver (Bonus auf Schießen)

Donts im Spiel:    Keine Sexszene im Detail

 

Stefan
Ambrose Grayson

Beruf:       Industrieller
Hobby1:           Gentelman Boxen
Hobby2:           Tanzen

Körper:           2
Geist::       3
Ausstrahlung:   2

Verlangen:           Ich muss mit beiden Frauen glücklich werden
Instinkt:            Keiner macht mir etwas vor
Tick:              Cholerisch

Gegenstand:   Sein guter Name

Donts im Spiel:    Keine (schon der Zweite!)

 

Melanie (Mel)
Ms Rebecca Smith Grayson

Beruf:       Speak Easy Besitzerin
Hobby1:           Schnaps Brennen
Hobby2:           Benefizveranstaltungen organisieren

Körper:           2
Geist::       2
Ausstrahlung:   3

Verlangen:           Ich will so akzeptiert werden, wie ich bin
Instinkt:            Ich gewinne jeden Kampf
Tick:              Ich bin genau so gute wie die eingebildeten Schnepfen

Gegenstand:   Tiara (Bonus auf soziales)

Donts im Spiel:     Keine Zombies

 

Sabrina
Jenny Miller

Beruf:       Perfekte Hausfrau
Hobby1:           „Lesezirkel“ (Boxen)
Hobby2:           High society Frauenclub

Körper:           2
Geist::       2
Ausstrahlung:   3

Verlangen:           Ambose muss mein sein
Instinkt:            Ich komme immer irgendwie raus
Tick:              In der Dunkelheit sehe ich das Gesicht meines Exmannes

Gegenstand:   Das perfekte Makeup

Donts im Spiel:    Keine expliziten Sexszenen

 

Zusätzlich gab es noch ein paar Fragen:

Warum wird es Spaß machen den Charakter zu spielen?
Wie heißt er und was für eine Bedeutung hat der Name?
Wer ist deinem Charakter wirklich wichtig?
Was ist die Triebfeder hinter seinen Taten?
Welchen Prinzipien will er folgen?
Mit welchen Emotionen oder Ereignissen soll dein Charakter konfrontiert
werden?

Diese Fragen stammen aus dem Regelwerk und sollten mir helfen, für jeden Spieler etwas Passendes zu seinem Charakter im Plot ein zu bauen.

Die Spieler hatten sich alle das Diary zur ersten Runde im Tanleorn angesehen und sich für ein paar Korrekturen entschieden, Rebecca hatte Ambose geheiratet und fremdelte ein wenig mit der High Society, wogegen Jenny eine Affäre mit Ambose angefangen hatte um über den von Ihr verschuldeten Selbstmord ihres ersten Mannes weg zu kommen.

Chelsa hatte Ihren Pakt mit dem Teufel eingehalten und war jetzt ein großer Star, doch die Ärzte geben ihr mit dem Krebs noch 6 Monate, weshalb sie Johnathan einspannt um wieder Kontakt zu den alten Freunden zu bekommen um sich auszusöhnen. (wahres Motiv, sie will das Kind vom Guru in die Hände bekommen um es gegen ein längeres Leben zu tauschen)

Ich war ein wenig skeptisch über die Ausgangslage, weil dort verschiedene Charaktere der Gruppe von Anfang an gegeneinander arbeiten sollten, aber das war ja nur eine gute Ausgangslage für Konflikte im Abenteuer.

Es gab ein nettes Abendessen und selbstgebrautes Bier mit ordentlichem Alkoholgehalt.

Danach haben wir losgelegt, ich brachte die Charaktere ins Spiel und baute dank einer CD mit passender Musik schnell Stimmung auf. Jedes Mal, wenn wir im Spiel etwas getrunken haben, gab es einen Whisky aus der Hausbar des Gastgebers, was schnell zu einem „sehr entspannten“ Spiel führte.

Der Plot wurde von mir eskaliert, ein Rivale des Teufels versuchte die Freund für sich einzuspannen und die Dreiecksgeschichte nahm schnell zusätzlich Fahrt auf, was dann sehr eskalierte als Chelsa sich an Ambose ranmachte und der darauf hin zum Objekt der Eifersucht von Johnathan wurde.

Die Spieler spielten Ihre Schwächen und Verlangen so konsequent an, dass ich schon schnell die ersten Karten gegen Chips tauschen musste und der Plot an sich an fahr verlor, weshalb ich die Gegner einfach mal sehr aktiv eingreifen lassen ließ. Es war eine wahre Freude, wie die Spieler sich einerseits bis aufs Blut beharkten, wenn es um die persönlichen Konflikte ging.

So gegen 12 Uhr mussten wir noch mit Absinth auf den Geburtstag von Saskia anstoßen und ab da werden die Erinnerungen immer bruchstückhafter.

Fazit: Das Abenteuer war nach der Aussage der Spieler echt prima und ich soll bis zum Schluss ganz groß in Form gewesen sein. Leider habe ich keinen blassen Schimmer was ich gemacht habe und ob ihre Begeisterung nur dem Selben heftigen Alkoholgenuss wie meinem zu verdanken ist.

Ich weiß mal wieder warum ich mich beim Leiten normalerweise sehr zurückhalte und schwöre nie wieder Absinth mit Whisky zu verbinden.

Das Abenteuer muss ich auch noch mal testen.

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Rezension: Der ewige Krieg von Joe Haldeman

Haldemans berühmtester Roman auf deutschStolze 675 Seiten! Da hab ich mir ja was angelacht, dachte ich, als ich das Paket öffnete. Aber dann ging es ziemlich schnell, denn das Buch hat mich gepackt. Zwar konnte ich es nicht mit auf Reisen nehmen, dazu ist es zu schwer und unhandlich, aber zu Hause darin zu lesen war ein Genuss, der leider nicht mal eine Woche anhielt – dann war ich schon durch. Kurzum, ihr merkt schon, dass Buch hatte mich gepackt.

Um was gehts? Das Buch beginnt kurz nach dem Vietnamkrieg (in dem der Autor gedient hat). Auf der Erde hat man den sog. Kollapsarsprung erfunden, mit dem man ziemlich zügig in fremde Systeme kommen kann – zügig für die Besatzung, denn bei der relativistischen Geschwindigkeit altert zwar die Besatzung nicht, aber auf der Erde vergeht viel Zeit – Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte. Der Held des Buches, ein dunkelhäutiger Amerikaner namens Mandella, wird zu einer Art Spacemarine ausgebildet und kämpft gegen die Taurier – in einem aberwitzigen Krieg, da die langen Zeiträume dazu führen, dass Waffen und Kampftechniken des Gegners immer eine völlige Überraschung sind. Das erste Treffen auf den Feind wird dann auch ein grausames Gemetzel, weil die Taurier nicht auf die Idee gekommen sind, dass jemand mit Infanterie angreifen könnte – sie haben zu diesem Zeitpunkt nur Abwehr gegen Raumschiffe.

Die Geschichte ist spannend geschrieben, man fiebert mit dem Helden Mandella mit. Mandalla ist ein Zweifler, der uns in seine Gefühle gucken lässt. Haldeman lässt uns die Angst des Protagonisten  vor einem Einsatz spüren und das Gefühl, getötet zu haben (oder, als er Karriere macht, verantwortlich für den Tod seiner Leute zu sein). Man fiebert deshalb mit Mandella mit – er ist ein Held mit Ecken und Kanten, die ihn greifbar machen und deshalb auch liebenswert.

Mandella kehrt im Rahmen der Romanreihe mehrfach ins Zivillistenleben zurück – mit geringem Erfolg. Mal hat die Erde in den Jahrhunderten (die sich für ihn wie einige Jahre anfühlen) so verändert, dass mal jeder Mensch homosexuell ist, mal ist die Gesellschaft gewalttätig, mal eine Art Gruppenbewusstsein, zu dem er nicht gehört.

Man merkt dem Buch an, dass es stark von den Gefühlen des Autors inspiriert wurde, als dieser aus Vietnam zurückkehrte und sich wieder in die amerikanische Zivilgesellschaft eingewöhnen musste. Das Gefühl der Ausgrenzung, des nicht-mehr-dazugehörens ist ein starkes Thema.

Das Buch erinnert in einigen Punkten stark an Starship Troopers (ich beziehe mich auf das Buch von Heinlein), aber als Gegenentwurf. Während Heinlein eine ziemlich idealisierende Vorstellung vom Soldatensein hat, ist diese Romanreihe ein Anti-Kriegsbuch. Die Wikipedia sagt, dass Heinlein dem Autor anlässlich der Verleihung des Nebula-Awards für den „Ewigen Krieg“ gratuliert habe, was Haldeman angeblich mehr bedeutet habe als der Preis selbst – offenbar verstand Heinlein das Buch nicht als Kritik an seinem Werk. Der letzte Roman, „Der ewige Friede“, hat wie der erste auch schon den Nebula Award und auch den Hugo gewonnen, die beiden wohl wichtigsten Preise für SciFi.

der_ewige_Krieg_insideDer Mantikore-Verlag hat mit der Gesamtausgabe ein schönes Buch hingelegt, das diesem Sciencefiction-Klassiker würdig ist. Ein schönes Hardcover, Lesebändchen, das volle Programm, ich hab ich euch mal ein Foto gemacht. Der Romanzyklus ist vollständig in dem Sammelband enthalten, einschließlich des sehr viel später entstandenen Teils „Der ewige Frieden“. Die Übersetzung erscheint mir (ohne das Original gelesen zu haben) weitgehend gelungen, auch soweit der Militärjargon getroffen wird. Das Lektorat (von Thomas Michalski – ob das der DORPer ist?) erlaubt sich im letzten Drittel des Bandes ein ganz paar Schwächen, die aber kaum auffallen – nur einmal ist ein Satz Sinn entstellend, weil ein „nicht“ fehlt, sonst geht es nur um fehlende Buchstaben. In meiner Ausgabe waren auf den allerletzten Seiten die Blätter nicht mehr gut geschnitten und mussten am unteren Rand aufgetrennt werden. Abgerundet wird das Buch mit einem kurzen Interview, das der Verlag mit dem Autor geführt hat und einem Poster, dass die Szene auf dem Cover wiedergibt.

Von mir gibt es auf der Skala, die von einem bis fünf Spacemarines reicht, auch die vollen fünf – den wenn ich ein so dickes Buch in knapp einer Woche schaffe, dann hat es mich auch gepackt!

Joe Haldeman
Der ewige Krieg
Mantikore Verlag, Frankfurt
ISBN-10: 393921227X
ISBN-13: 978-3939212270

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Wann weiß man, dass sein selbst geschriebenes Rollenspiel gut ist?

Ich stecke zur Zeit ein wenig in der Zwickmühle, eine aus einer Laune heraus entworfenes Spiel hat sich in den ersten Tests bewährt, doch das dort vorhandene „Spielermaterial“ (man verzeihe mir diesen Begriff) war auch so gut, das man da eigentlich nichts falsch machen konnte.

Zusätzlich kommt noch der Umstand, dass einer der Spieler so schön sagte: „Deine Qualität als SL lässt eigentlich kaum einen Rückschluss auf die Qualität des Spieles zu. Die Schwächen bügelst Du wohl instinktiv weg.“

Klar, ich kann mich immer schön selber loben und die in Blogs so oft gesehene Selbstbeweihräucherung betreiben, aber was ist mit der Qualität des Spieles abseits von Top Spielern und mir geneigten Freunden?

Bei Western City war es so, dass ich schon relativ früh unabhängige Spieltests bekommen habe, weil der Dom vom Metstübchen und Purzel mit Ihrer Runde wirklich jeden Scheiß gespielt haben. Aber mit unabhängigen Testern sieht es zur Zeit bei mir eher mau aus, denn viele der früheren Testspieler sind halt keine Studenten mehr sondern müssen jetzt die Wirtschaft in Gang halten.

Kennt Ihr Wege um Spiele unabhängig von Tests auf ihre Qualität zu prüfen und wenn ja, welche Wege nehmt Ihr?

 

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