Rezension: Fate Adversary Toolkit

Warum braucht man für Fate (noch) ein Toolkit? Ich muss schon sagen, dass ich mir diese Frage durchaus gestellt habe, während der Fate-Fanboy in mir vollständig automatisch und willenlos auf „Bestellen“ geklickt hat.

Eigentlich ist Fate Core regeltechnisch vollständig. Und dann gibt es ja schon ein Toolkit (von Uhrwerk als Fate Handbuch ins Deutsche übertragen), in dem einem schön aufgeschlüsselt wird, was wohl passiert, wenn man an verschieden Stellschrauben des Systems dreht. Oder sie komplett ausbaut, in Brand setzt und dann falschrum wieder einbaut… mehr kann man doch eigentlich gar nicht brauchen können, oder?

Jetzt geht es also um einen eigenen Werkzeugkasten für Gegner. Und tatsächlich enthält das gesamte Büchlein eigentlich regeltechnisch nichts Neues. Und trotzdem war ich sehr positiv überrascht! Was das Buch leistet, ist eine Kategorisierung von Widerständen, an denen sich die Spieler abarbeiten können. Das sind einerseits die NSC, aber eben auch Hindernisse und Widerstände, die nicht ein NSC sind. Untergliedert in eher passive Widerstände (wie einem Zaun) und aktiven Problemen wie einem Feuer in dem Gebäude, in dem man sich befindet, werden diese Schwierigkeiten mit den klassischen Fate-Mechaniken dargestellt. Nichts Neues, aber noch mal sehr plastisch klar gemacht: Welche Erzählung wird mit welcher Mechanik am besten dargestellt – oder andersherum gedacht: Mit welcher Mechanik erreiche ich welche Erzählung?

Auch die Gegner-NSCs sind in Boss, Hitter, Mooks, etc. aufgeteilt. Wenn einem das vorgestellt wird, erinnert es zunächst an die abgeklärte Art, in der manche Computerspieler über die Inhalte der Computerspiele reden („Wir brauchen noch einen Tank!“), es wird aber schnell deutlich, dass die Autoren damit vor allem Begriffe schaffen wollen, mit denen eine bestimmte Erzählung erreicht werden kann. Wie soll sich die Gefahr anfühlen? Sehr tödlich, aber schnell vorbei? Oder langsam, aber unaufhaltsam? Das erfordert unterschiedliche Gegnertypen, die hier vorgestellt und benannt werden.

Nach dieser eher trockenen Lektüre, die vor allem eine Definitionsleistung ist und Begrifflichkeiten etabliert, kommen die sog. „Spreads“. Das sind immer ein paar Doppelseiten, in denen ein genretypisches Abenteuer vorgestellt wird. Mit Plot, NSCs, Hindernissen und Beschränkungen – wie definiert. Dazu ein paar Hinweise (Oneshot, Kampagne, Optionen).

Diese Spreads sind toll. Aus den in diesem Buch etablierten Begriffen und Werkzeugen wird kunstvoll gewählt, um die Stimmung des Genres zu treffen. Als Leser sieht man, welche Variante gewählt wurde, damit sich ein Hindernis nach Cyberpunk anfühlt – oder nach Pulp. Das die gleiche Mechanik anwendbar sein kann, um statt mit einem cybernetischen Geschützturm einen Eingang zu bewachen, zu verhindern, dass an einem Jane-Austen-Teetisch über einen Skandal geplaudert wird. Überhaupt, der Jane-Austen-Spread (Ziel ist es, ein Pärchen zusammenzubringen) ist fantastisch – es zeigt, dass die gleichen Mechaniken, die bis dahin Fallen, Piranha gefüllte Gräben und Orbitale Laserkanonen abgebildet haben, soziale Restriktionen abbilden können. It is a truth universally acknowledged, dass alleine für den Jane-Austen-Spread das Buch zu kaufen ist. (Ich bin gespannt, wie sie Spread übersetzen; und ich hoffe, Uhrwerk bringt das Buch auf deutsch!)

Ein weiteres, aber längst nicht so stringent verfolgtes Thema sind die Zonen. Zonen sind die Methode, mittels derer Fate räumliche (und manchmal taktische) Tiefe erzeugt. Statt abzumessen, wieviel Zoll eine Figur von der anderen entfernt steht (wie es Tabletops und eher vom Wargaming beeinflusste Spiele tun), Hexfelder zu zählen oder ähnlichen „realistischen“ Vereinfachungen kategorisiert Fate die Szene in Zonen (an der Bar, auf der Tanzfläche, in der Herrentoilette) – wer sich in der gleichen Zone befindet, kann miteinander agieren – oder in den Nahkampf gehen. Fernkampf in die Nachbarzone(n), oder eben Bewegungsaktionen um in die Nachbarzone zu wechseln. Das Toolkit erwähnt sich bewegende Zonen (um eine Verfolgungsjagd abzubilden) und soziale Zonen (für ein Verhör). Hier fehlt aber die Tiefe der Ausführungen, die an anderer Stelle erreicht wurde.

Fazit

Insgesamt überraschend viel besser als erwartet. Man munkelt, das nächste Toolkit betreffe das Genre Horror… da bin ich schon sehr gespannt drauf!




Evil Hat Productions
978-1-61317-139-4

Hintergrundgeschichte als Spieler ins Spiel einbauen

Ich habe gegen langweiliges Charakterspiel gerantet und viel Zuspruch geerntet. Und noch mehr Widerspruch – in den Kommentaren, im Tanelorn und sehr ausführlich bei Pen & Podcast. Vielen Dank – so viel Feedback macht Spaß! Besonderen Gruß an die Crew des Pen & Podcast, die zu dem Beitrag eine sehr interessante Folge aufgenommen hat.

Heute will ich hier auf die Frage eingehen, wie man – als Spieler – seinen Hintergrund denn sinnvoll und spaßfördernd einbringt, ohne zu langweilen.

Bleiben wir bei dem Beispiel, dass der PC als Kind seine Eltern an eine Gewalttat verloren hat (NÄ NÄ NÄ BATMAN) und nun für sich Festlegung getroffen hat, dass er niemals Kindern Gewalt antun wird. Nach einigen Spielabenden will er nun die böse Königin töten, um so deren finstere Pläne zu vereiteln – sie scheint der Bossgegner zu sein. Als er den Dolche zückt, sieht ihn die niedliche Tochter der bösen Königin mit großen Kinderkulleraugen an und sagt: Mama? (Abb. ähnlich)

Bild von tobbo, CC0-Lizenz.

Er zögert. Drama. Die Musik schwillt an. Der Dolch zittert in seiner Hand. Nahaufnahme des Gesichts des Mädchens, eine erste Träne rinnt. Die Kamera schwenkt auf das Gesicht von PC1, der gerade… Ein lautes „HÄH?“ unterbricht, das Kratzen der Nadel über die Schallplatte ist zu hören, die Musik verstummt. Die Kamera fokussiert auf dem Gesicht der Spielerin von PC2, nennen wir sie Ela, die fragt: „WAS IST DENN NUN WIEDER? TÖTE SIE ENDLICH! ICH WILL LOOTEN!“ Weiterlesen

Rezension: Malmsturm, Die Fundamente (4/X)

Wir sind in Kapitel 6 von Malmsturm, die Fundamente. Die vorhergehenden Kapitel sind in Teil eins, zwei und drei besprochen.

Wir beginnen mit der Frage, wie man Malmsturm leitet. Hier findet man einen kurzen Überblick über die aktuellen Techniken des SLs – Beziehungsgeflecht, Sandbox und Bangs werden vorgestellt, die Technik des „Würfel oder stimme zu“ angeraten. Kurz werden Aspekte als Flags interpretiert. Generell sind die Malmsturmmacher deutlich auf dem Trip des Impro-Leitens – das mache ich auch, also volle Zustimmung hier. Besonders Wertvoll erscheinen mir die Hinweise: „Gute Geschichten handeln von Menschen“ und „sei spontan“. Perfektionismus und Improvisieren schließen sich gegenseitig aus, und es gibt immer noch zu viele Rollenspieler, die denken, dass ein Raum mit Schatztruhe, auf dem 1w6 Orks sitzen, einen interessanten Rollenspielabend ausmachen. Diese Haltung gibt es, und ihr dürft sie gerne haben – aber dann ist Fate wirklich das falsche System für euch.

Insgesamt sehr gelungen, aber natürlich verdammt knapp für jemanden, der das nicht alles zum xten Mal liest. Ich habe den Verdacht, dass das einer dieser Texte ist, die man als Fate-SL-Neuling einmal im Jahr lesen kann und sich dann immer wieder denkt: Oh, da steht das ja schon drin – jetzt sehe ich es endlich! Weil man den fatigen Leitstil jetzt soweit verinnerlicht hat, dass man es endlich versteht.

Kommen wir zu den Kampagnenmodellen, die uns hier vorgeschlagen werden. Das ist erstaunlich knapp – hier würde ich mehr erwarten. Toll finde ich, dass hier nochmal die Rückkopplungs ans Genre stattfindet: Conan wird ja auch nicht seriell erzählt, sondern in Kurzgeschichten. Die sind mal hier, mal dort, mal früher, mal später in der Zeitlinie. Auf dieses Gefühl wird eingegangen. Für mich ist das allerdings etwas, was eine Stärke von Fate ignoriert: Fate ist m.E. durch die Aspekte hervorragend geeignet, eine sich ändernde Spielwelt zu bieten – viel besser als ein zahlenbasiertes System, wo ständige Rechnerei erforderlich ist.

Dann kommen ein paar Karten, und weiter geht es mit „Hinter den Kulissen“.

 

[RPG-Blog-O-Quest] #15 – Bestarium

RPG Blog Quest

Ich finde den Dezember RPG Blog Quest #15 zum Thema Monster recht spannend, deshalb (und weil heute ohnehin nichts Gescheites aus meinem Kopf kommt) beteilige ich mich endlich mal wieder. Die Queste wird immer im Wechsel veranstaltet. Statt Greifenklaue ist diesen Monat der Würfelheld dran.

Monster ist natürlich ein Thema, dass man sehr unterschiedlich angeht, ganz abhängig davon, was für eine Geschmacksrichtung von Rollenspiel man betreibt. Wenn ich ganz old-school in Dungeons herumkrieche, dann sind Wälder voller intelligenter Pilzwesen sicherlich ein spannender Monstertypus. Mich persönlich macht das nicht so an.

1. Welches Monster ist Dein Favorit und warum?

Ich mag Monster, die eine Ausprägung eines (möglichst negativen) menschlichen Wesenszuges sind. Liche sind daher toll, Werwölfe und Vampire, Sukkubi und Drachen. Monster funktionieren für mich eher als Auseinandersetzung mit dem Wesen Mensch – auch als Verkörperung unserer Ängste – denn als selbständiges Ding, als taktische Herausforderung oder gar als Ergebnis eines Wurfes auf einer Zufallstabelle. Irgendwie müssen sie ja in mir etwas auslösen.

2. Dein bisher prägendes Monster-Erlebnis war?

Oh Mann, das ist eine schwierige Frage. Mir fallen drei Dinge ein: Zug der 1000 Oger, der Blechpirat ist noch zu jung für einen Führerschein, er leitet für zwei Leute DSA – mindestens einer ist ein schlimmer Powergamer, der nicht darüber steht, auch mal den Würfel heimlich auf eine genehme Zahl zu drehen – der andere ein Zauberer. Das Monster aus dem Regelwerk ist ein Oger. Der soll besiegbar sein, aber… meine (viel zu kleine und viel zu niedrigstufige) Minigruppe haut den Oger zu Brei, ohne selbst auch nur einen Kratzer abzubekommen.
Mini-Blechpirat: Oho, ihr habt den Oger getötet. Das mag seine Mama gar nicht – die ist viel größer und bricht jetzt wutentbrannt aus dem Unterholz.
Gruppe: Meh. *schnetzel*
Blechpirat: Und der Vater stößt auch noch daz….
Gruppe: *schnetzel*

Naja. Wir haben was daraus gelernt, nicht wahr?

In viel jüngerer Zeit, zwei sehr unterschiedliche Gruppen (allerdings mit einer personellen Überlappung). Die erste Gruppe findet nicht nur heraus, dass die Insel Sylt ein schlafender Drache ist, sondern weckt ihn (unabsichtlich) auch. Dafür will der Drache der Gruppe einen Wunsch erfüllen. Gruppe Eins winkt panisch ab.

Gruppe Zwei trifft sich mit Alberich, dem Zwergenkönig der Nibelungensage, um einen obskuren Dolch zu identifizieren (es ist der, mit dem Kain Abel getötet hat, was erhebliche Macht über Vampire gibt, die ja von Kain abstammen). Die Information kostet etwas, was ein Gruppenmitglied zu zahlen bereit ist. Ein anderes Gruppenmitglied möchte dann einen Handel mit Alberich, um etwas von sich selbst anzubieten, um die Schuld des ersten Handels übernehmen zu können. Es entspinnt sich ein wildes gegenseitiges Überbieten, um jeweils den anderen aus den Fängen Alberichs freizukaufen, bis hinterher klar wird, dass der dickliche Privatdetektiv nicht nur seine Liebe zu einem weiblichen Spielercharakter eingestanden hat, sondern auch seine Fähigkeit, Gefühle zu haben, verkauft hat. Das war verdammt awesome. Beide Monster hatten keine Stats, sie waren weit außerhalb der Liga der Charaktere.

3. Wenn ich eine Hauskatze wäre, würde ich zuerst einen Magier der ersten Stufe töten. Weil ich es kann.

4. Wie findest Du in Deinem Lieblingssystem die gebotenen Monster?

Mein Lieblingssystem ist ja Fate, und vielleicht auch pbtA. In beiden Fällen muss man die Monster nicht „finden“. Man braucht ja keine Monsterbücher, und man muss auch nicht kompliziert irgendwelche Sonderfähigkeiten basteln oder nachschlagen. Ich brauche also vor allem eine Idee, was ein Monster ausmacht. Und dazu muss ich gucken, was ich mit dem Monster erreichen möchte. Für einen Ork, der auf einer Schatztruhe sitzt, muss ich mir keine Mühe geben; für ein Ungeheuer, dass auch emotional berührt, muss ich mich schon strecken. Ich gucke daher gerne in Literatur und Filmen nach interessanten Konflikten und leite dann daraus ein Monster ab.

5. Ich wünsche mir, das Monstern nicht einfach nur Kanonen- oder gar Schwertfutter sind, sondern dass hinterher das unangenehme Gefühl übrig bleibt, dass das gefährlichste Monster doch immer noch der Mensch ist. Lex Luther ist eben auch ohne Superkräfte die größte Herausforderung für Superman.

6. Bonusfrage: Monsterjäger kämpfen vor allem gegen sich selbst.

Die Regeln:

An jedem Monatsersten stellen Würfelheld oder Greifenklaue in abwechselnder Reihenfolgen fünf Fragen/Lückentexte, welche wir Euch bitten auf Euren Blogs, in Euren Podcast, in Euren Vlogs oder in Foren zu beantworten (bzw. auszufüllen).
Jeder Monat erhält ein Hauptthema, um den sich die Fragen drehen.
Über die Zusendung Eurer Links, per Mail, Kommentar, usw. freuen wir uns.
Jeder, der sich die Zeit nimmt, unsere Fragen zu beantworten ist herzlich Willkommen.
Die “RPG-Blog-O–Quest” Logos dürfen selbstverständlich in Euren Beiträgen benutzt werden. (alle drei, welches besser gefällt.)

Mein erstes Mal auf der Dreieich

Dreieich Con

Dreieich Con

Dreieich liegt bei Frankfurt am Main.

Das ist für jemand der aus Hamburg losfährt gefühlt sehr knapp vor der Nordgrenze Italiens. Und das ist einer der Gründe, warum ich in den letzten 26 Jahren noch nie auf einem DreieichCon war: Sehr zu meinem Bedauern, wie ich sagen muss.

Die DreieichCon-Orga, vertreten durch Christian, war ausgesprochen überzeugend bei der Einladung, und so sind wir dann nach Dreieich gereist. Was man auf der DreieichCon so zu sehen bekommt, zeigt der Tumblr von Roger Murmann. Ich habe aber keine Idee, wie man die Bilder legal nutzt, um Werbung für den DreieichCon zu machen, da jedenfalls das Herunterladen der Bilder verboten ist. Und der Teilen-Button hilft nur bei Social Media…

Anyways: Was macht die Dreieich aus, und was unterscheidet sich zum Beispiel vom Feencon, der etwa gleich groß ist, oder vom deutlich größeren Nordcon? Die Location ist ziemlich gut für einen Con geeignet, zahllose Räumlichkeiten und die gesamte Stadtbibliothek geben reichlich Gelegenheit zum Spielen. Allerdings ist der Con auch schon ziemlich an der Belastungsgrenze: Es gibt auch viele Räume, in denen Tisch an Tisch steht und der Lärmpegel eher belastend ist. Aber so allerhand ist einzigartig: Zum Beispiel das ab 16:00 Uhr geöffnete Cafe, in dem die anwesenden Promis (also Autoren, Diskussionsteilnehmer, Workshop-Vortragende, etc) nach ihrer Veranstaltung jeweils noch eine Stunde bei Kaffee und Kuchen zur Verfügung standen, um zu plaudern, signieren und Fragen zu beantworten. Das war eine höchst gelungene Idee, und der erste Kaffee/Latte war auch noch umsonst und der Kuchen lecker. Ebenfalls hat mir gut gefallen, dass die gesamte Orga entspannt und gut vorbereitet wirkte, alles klappte (aus Besuchersicht) wie am Schnürchen, und Christian hatte mitten im Getümmel Zeit für einen längeren Plausch: Der muss ein tolles Team haben.

Workshop, Workshop, da war doch noch was: Ich habe mir zum ersten Mal in meinem Leben einen Verlagsworkshop angesehen, konkret Uli und Ömel bei der Vorstellung des Splittermond-Produkthorizonts. Das hat mich mit Splittermond endlich versöhnt: In meiner aller aller ersten Splittermond-Runde (das war ein früher Alpha-Test, bei dem es noch keine Magieregeln gab – die wurden erst am Nachmittag des selben Tages freigegeben) wollte ich (bei völliger Settingunkenntnis, damals hatten wir ja noch nichts) einen Gnom spielen, der eine Reitwespe nutzt. Das ging nicht. Jetzt, wo der Bestienmeister-Band erscheint, geht das endlich, hat Uli gesagt. Nimm das, Chris Gosse. IN YOUR FACE! Wespenreitende Gnome sind awesome!

Quendan und Vash auf der Dreieich

Quendan und Vash auf der Dreieich

Und Uli in Persona zu treffen ist ein Vergnügen, dass man viel zu selten hat. Das dachte sich auch Vash, der die Tanelorn-Sammlung organisiert hatte, die hier feierlich übergeben wurde. Von soviel Wohltätigkeit übermannt habe ich schnell ein Foto gemacht.

Ansonsten ist es mir gelungen, endlich mal mit den Voigts zu sprechen – den legendären Fate-Evangelisten des tiefen Westens. Die sich als ausgesprochen unpastoral, nett und lustig erwiesen und jetzt mal zum spielen gehijackt werden müssen, sobald sich die Gelegenheit ergibt. Ich bin ja nicht gerade mit Leuten gesegnet, die Fate für mich leiten würden, muss ich sagen (vermutlich weil ich ein anstrengender und nerviger Spieler bin, aber hey, das wissen die ja nicht :) )- da wären die Vögte hoch willkommen.

Außerdem bin ich jetzt endlich stolzer Eigentümer eines Private Eye-GRWs. Der Kauf war für mich ein schwere Geburt, vermutlich aus Snobismus. Soweit ich es beurteilen konnte, war PE (anders als z.B. Gumshoe) kein System, welches besondere mechanische Komponenten hat, um einen Kriminalfall bespielen zu können – es handelt sich eher um ein klassisches Mainstream-Produkt, dass nur auf ein Setting in der Sherlock-Holmes-Ära angepasst wurde. Und was bitte möchte ICH mit einem Mainstream-System? Aber gerade die Anpassungsleistung auf die Zeit von Sherlock ist inzwischen (wir sprechen von der 5. Auflage) wirklich gut – ich denke, die Lektüre der Settingteile wird sich sehr lohnen. Zudem hat mir „Die sieben Abschiedsbriefe des Mr. Pomeroy“ gut gefallen.

Dann war da noch die Sache mit der Jules Verne-Kopie, äh legendären Phileasson-Kampagne. Ja, selbst ich habe mal DSA gespielt, und exakt diese Kampagne damals  geleitet. Heute erinnert sich Kampagnenautor Bernhard Hennen (inzwischen ein bekannter Autor von Fantasy-Bestsellern wie „Die Elfen“) an diese Zeit und widmet dem ganzen einen Romanzyklus, den er zusammen mit Robert Corvus verfasst. Die Hardcore-DSA-Nerds aus Dreieich haben dazu ein interessantes Panel gehabt, bei dem auch die DSA-Größen Lena Falkenhagen und Tom Finn sowie die aktuelle DSA-Chefin Eevie Demirtel und Dominic Hladek teilgenommen haben. Lena und Tom haben die Simyala-Triologie geschrieben, die Bernhards Elfenideen aufgegriffen hat und von Dominic stammt ein aktuelles Abenteuer zu den Dunkelelfen, das sich auf die gleichen Wurzeln bezieht. Moderiert von DSA-Oberfanboy Christian de Ahna, dem es gelang, diesen sehr unterschiedlichen Generationen von DSA-Machern spannendes zu entlocken: Ein Highlight für mich, obwohl ich kein großer DSA-Fan bin. Alleine der Blick in die Genese unseres Hobbies war den Trip schon wert.

Es war also ein lohnender und ereignisreicher Con, auch wenn ich nicht gespielt habe – eine klare Empfehlung!

 

Rezension: Malmsturm, Die Fundamente (3/X)

Dies ist der dritte Teil meiner Rezension von Malmsturm. Es gibt schon zwei weitere Teile: Teil 1, Teil 2

Magie in Malmsturm

Eine der großen Kritiken an der ersten Auflage von Malmsturm war es, dass kein Magiesystem mitgeliefert wurde. Das ist zwar eine Kritik, die ich nicht unbedingt teile, aber das liegt sicherlich auch an der Perspektive. Ich kannte Fate bei der Lektüre der ersten Auflage von Malmsturm schon länger, aber viele Leser erwarben damals mit Malmsturm ihr erstes Fate-Regelwerk. Dann ist der Anspruch an die Leser, sich ein passendes Magiesystem selbst zu entwickeln, natürlich sehr hoch.

Die hier besprochene zweite Auflage von Malmsturm verfügt über ein ausführliches Magiesystem, dass sich an die Ideen und Vorschlägen in Core orientiert und dies stets auch klar kommuniziert – das gefällt mir. Wer Fate Core gelesen hat, kann jederzeit nachvollziehen, wie die Malmsturm-Macher bei ihrem Design vorgegangen sind. Und das ist auch wichtig, weil das Magiesystem letztlich fragmentarisch bleibt: Es gibt zwar Zaubersprüche, aber keine abschließende Liste – jeder kann und darf seine Magie an die eigenen Bedürfnisse anpassen.

Wie schon im letzten Teil erwartet, wird Magie über Extras gelöst. Es werden zwei Zugänge zur Magie unterschieden:

Die kleinen Traditionen

Um Magie zu wirken ist ein passender Aspekt (der eine der Spielwelttraditionen von Magie aufgreift) nötig. Zudem wird ein Zauberspruch als Stunt abgebildet, wobei immer dabeisteht, welche Stuntregel aus Core verwendet wird, um diese Magie abzubilden. Offen ist für mich nur geblieben, warum gelegentlich ein Bonus von +3 gewährt wird – üblich sind eigentlich +2. Statt eines Zauberspruches kann ein solcher Stunt auch eine Mutation oder ein „magisches“ Gerät sein.

Die großen Traditionen

Ich war zunächst irritiert, weil hier nicht sofort die Schulen vorgestellt werden. Das hätte ich nach der Vorstellung der kleinen Traditionen erwartet. Statt dessen wird erst sehr abstrakt erklärt, wie man zaubert, dann auf das Einsetzen von arkanem Stress zum Boosten des Zaubers, und dann sehr ausführlich auf die Möglichkeit eingegangen, arkanen wieder Stress loszuwerden. Außerdem erfahren wir, dass es mehr Kästchen auf der arkanen Stressleiste gibt, wenn man eine große Tradition wählt. Das ist auch für mich etwas verwirrend aufgebaut und nicht sehr intuitiv. Zudem scheint mir zumindest das unkontrollierte Ablassen von arkanem Stress in die Umwelt etwas zu sein, was auch kleinen Traditionen offensteht – man findet es aber im Kapitel „Große Traditionen“. Hm.

Wenn man den Aufbau hinnimmt, kann man aber inhaltlich nicht meckern. Sehr schön finde ich die stete Verlockung, seine Würfe mit arkanem Stress zu boosten und dann die zahlreichen Möglichkeiten verwenden zu müssen, diesen Stress wieder abzubauen. Und alle Möglichkeiten sind storyorientiert – nichts davon führt nicht gleich wieder zu einem kleinen Abenteuer oder einem interessanten Twist in der Geschichte. Das ist alles großes Kino und gefällt mir gut.

So, jetzt kommen die Galder als erste große Tradition – 10 Seiten nach Beginn des Kapitels geht es jetzt also los. Also, der Aufbau überzeugt mich bisher nicht. Aber man darf nicht vergessen, dass dies der erste Durchlauf ist; evtl. ergibt es ex-post Sinn. Allerdings kommt es mir bisher nicht so vor…

Hexegezeichnet von Björn Lensig, mit freundlicher Genehmigung

Hexe
gezeichnet von Björn Lensig, mit freundlicher Genehmigung

Okay, Galder und Co., die großen Traditionen. Hier reden wir von heavy-duty Magie, und da wird dann auch die Regelengine von Core ausgereizt. Normalerweise empfehle ich ja Neueinsteigern, das „Extras“-Kapitel von Fate Core nicht zu lesen – wer einfach nur Fate spielen will, sollte die Extras weglassen, da sich in diesem Kapitel die geballte Verführungskraft simulationistischer Gedanken verbirgt. Und simulieren wollen wir mit Fate ja nun wirklich nicht, da gibt es geeignetere Systeme. Malmsturm macht diesen Fehler definitiv nicht. Merkte man der ersten Auflage noch an, dass einige Autoren aus der Gurps-Ecke stammen, so haben wir es hier mit strahlend weißem Fate zu tun: So sollen Extras funktionieren!

Die großen Traditionen sind alle ziemlich cool, ihre Magie durch Stunts aber auch eher angezeichnet als durchdesigned. Es ist ganz offenbar gewünscht (und wird durch die stringente Offenlegung des Designprozesses auch „leicht“ möglich gemacht), sich eigene Zauber zu überlegen. Mir wird jetzt auch klar, warum die Arten, arkanen Stress „vor die Klammer zu ziehen“ gewählt wurde. Es gibt mehr große Traditionen als Arten, arkanen Stress zu übertragen. So kann also nach oben verwiesen werden, statt sich bei den Traditionen zu wiederholen. Damit wäre das erklärt, aber erstleserfreundlich ist es nicht.

Die großen Traditionen sind allesamt nützlich, ohne übermäßig mächtig zu sein. Es wird von Feuerball werfenden, fliegenden und unsichtbaren D&D-Magiern Abstand genommen, statt dessen geht es um Dämonen, Geisterbeschwörung, Alchemie und Hexerei. Das gefällt mir sehr gut, weil es für mich bestens zu einem S&S-Setting passt und vor allem dem ikonischen Barbar oder Krieger seine Rolle als Damagedealer nicht streitig macht. Auffällig ist auch, dass Teleportation und andere Reisevermeidungs-Magie nicht vorhanden, sondern sogar ausgeschlossen wird. Es ist okay, schneller zu reisen – aber die Reise ist Teil des Genres und muss daher stattfinden. Ob man sie dann zum Thema des Narrativs macht, bleibt der Gruppe ja freigestellt.

Fazit

Dvargengezeichnet von Björn Lensig, mit freundlicher

Dvargen
gezeichnet von Björn Lensig, mit freundlicher

Die Magie ist sehr schön ein Ausdruck des am Anfang des Buches erklärten Verständnisses von S&S. Mechanisch solide auf dem Fundament von Fate Core stellen diese Magieregeln kein innovatives Tasten in Richtung Neues, sondern eine höchst solide und sehr gelungene Anwendung von Core auf S&S dar. Ich finde mich hier wieder – komplex genug, aber immer mit dem Blick aus Narrativ. Daumen hoch.

Im nächsten Teil geht es dann um Kapitel 6: Szenario und Kampagne. Da freue ich mich schon drauf, denn ich bin sehr gespannt, wie hier die Besonderheiten von Fate auf die üblichen SL-Hinweise übertragen werden. Und natürlich auch, was dort anders gemacht wird, als ich es mache…

 

Rezension: Malmsturm, Die Fundamente (2/X)

Dies ist die Fortsetzung von dem ersten Teil der Malmsturm-Rezi, die ich parallel zur Lektüre verfasse. Es ist bestimmt sinnvoll, den ersten Teil vor diesem hier gelesen zu haben.

Wesenheit des Waldesgezeichnet von Björn Lensig, mit freundlicher Genehmigung

Wesenheit des Waldes
gezeichnet von Björn Lensig, mit freundlicher Genehmigung

Hier, unerwarteter Weise im Kapitel „Der Charakter“ finden wir Ausführungen zu Konflikten, der Initiative, Stress und Konsequenzen. Abweichend von Fate Core hat sich Malmsturm für eine sehr innovative Version des Initativsystems entschieden, die nach meiner Erinnerung aus Cortex+, dem Marvel RPG, stammt (korrigiert mich in den Kommentaren, wenn ich mich irre – ich kann es gerade nicht überprüfen): Wer gerade dran war, bestimmt denjenigen, der nach ihm dran ist. Aber natürlich darf niemand ein weiteres Mal drankommen, bis nicht alle Beteiligten gehandelt haben. Das hat (im Regelwerk erläutert) den Vorteil, dass sich einerseits sehr natürlich ergibt, wer auf wen folgt und anderseits interessante taktische Gedanken erlaubt (wann will ich die Gegner handeln lassen? Ganz am Ende? Dann sind sie aber vielleicht zwei Mal in Folge dran!). Nicht erwähnt, aber in Cortex+ ein wichtiger Aspekt, sind die möglichen Combos – ich trete ihm in die Kniekehle, du nutzt das dann aus. Das lässt sich hervorragend auf Fate übertragen, weil man mit der Aktion „Vorteil erschaffen“ ebenfalls Kombos einleiten kann.

Ebenfalls anders als in Core ist ein dritter Stresstrack, der arkane Stresstrack. Er ist insoweit besonders, dass er sich nur bei großen Meilensteinen leert, und nicht wie die anderen Stresstracks am Ende der Szene. Man kann aber Stress in Konsequenzen überführen, um so wieder Platz zu schaffen. Es wird aber noch nicht erklärt, wozu wir ihn brauchen. Nur das die Konsequenzen etwas unheimliches wie „Blut schwitzen“ sein dürfte.

Ah. Auf der nächsten Seite, auf bei dieser Beleuchtung kaum lesbaren schwarzen Hintergrund, wird mir dann erklärt, was ich mit dem arkanen Stresstrack machen kann. Ich habe mittlerweile mein Handy in eine Taschenlampe umfunktioniert – der kontrastarme  Text auf schwarzem Grund ist ein echtes Problem. Okay, wozu also arkaner Stress? Man kann damit Würfe boosten! Das ist toll – Probe nicht geschafft? Gib arkanen Stress aus, um das Ergebnis zu verbessern. Das finde ich eine interessante Lösung. Einerseits ist es natürlich extrem plausibel: Wenn ich eine legendäre (+8) Probe verlange, und arkaner Stress macht es möglich, diese Probe zu schaffen – dann wird ein solch extremes Ergebnis gleich mit Magie plausibilisiert. Eine solche Springenprobe muss dann irgendwie im Geschehen durch Magie erklärt werden.

Anderseits werden aber NOCH extremere Ergebnisse möglich; mir ist noch nicht klar, ob das nicht das Spiel ZU pulpig für S&S macht. Es folgt am Ende des Kapitels ein  knappe Zusammenfassung. Das ist eine gute Idee – aber ich hätte sie an einer leichter zu findenden Stelle, etwa am Ende des Buches, erwartet.

Der Malmsturm

Ein Malmsturm über der Waismark?gezeichnet von Björn Lensig, mit freundlicher Genehmigung

Ein Malmsturm über der Waismark?
gezeichnet von Björn Lensig, mit freundlicher Genehmigung

Das nächste Kapitel heißt dann „Der Malmsturm“. Dieser namensgebende Teil des Settings ist schon seit der ersten Auflage ein realitätsverzerrender Effekt in der Spielwelt. Dieser wird jetzt sehr fatigig über Aspekte abgebildet, die über einen interessanten Eskalationsmechanismus „sturmig“ gemacht werden. Aus der bloßen Beschreibung ergibt sich für mich noch nicht, wie gut das funktionieren wird – hier bin ich gespannt auf ein Ausprobieren im Spiel. Grundsätzlich bin ich aber ein Freund von Eskalationsmechanismen und deshalb sehr neugierig.

Extras

Reichlich Beispiele für Extras erläutern alles, was man mit Extras so machen kann. Tiergefährten, magische Waffen, Artefakte, Daemonenbegleiter, etc. Wer etwas derartiges mit viel mechanischer Unterstützung in seinem Spiel haben möchte, wird hier gut bedient. Dazu gibt es Hinweise, wann sich ein Extra lohnt, und wann man seinen Tiergefährten einfach über einen Aspekt definiert. Mechanisch erkenne ich aber keine Abweichungen von den Extras in Fate Core, aber dafür eine Menge Beispiele, die zum Setting passen.

Auch die Magie findet sich in diesem Kapitel, was uns erlaubt, schon mal die Methode zu erahnen, die die Autoren für die Malmsturmmagie gewählt haben. Aber dazu kommen wir dann nächstes Mal…

Rezension: Malmsturm, Die Fundamente (1/X)

Ich sitze hier im Rollenspielzimmer des guten Carstens in Hamburg (also nicht meinem Eigenem) mit einem gemütlichen Rollenspielregal zur Rechten, einer gewaltigen Karte von „The Empire“ (ist das aus Warhammer Fantasy?) hinter mir und einem gewaltigen Spieltisch vor mir. Es ist hier nicht besonders hell, aber gemütlich. Und der gute Carsten hat – ganz wie sein Name schon sagt ist er in Abgrenzung zu mir ja der Gute  – tapfer der Versuchung widerstanden, mir das Paket des Uhrwerk-Verlages vorzuenthalten. Und was war im Paket? Das neue „Malmsturm – Die Fundamente“, dass mir freundlicherweise als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt wurde.

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Epische Schlachtszene
gezeichnet von Björn Lensig, mit freundlicher Genehmigung

Leider hat der gute Carsten – trotz eines sonst gut sortierten Rollenspielregals – kein Exemplar der ersten Ausgabe von Malmsturm, so dass ich das Buch nicht vergleichen kann, etwas was ich jetzt sonst gerne täte. Aber gefühlt ist es noch schöner geworden als die Vorauflage. Sehr, sehr wertig in der Hand, ein toller Buchdeckel, Goldschnitt natürlich, Lesebändchen. Von außen moderner und professioneller wirkend. Öffnet man das Buch, riecht es zunächst nach dem für die Bindung verwendeten Klebstoff, aber nur kurz – und man betrachtet ohnehin gerade eine epische Schlachtszene aus der Feder von Björn Lensig. Offenbar kämpfen gerade von einer barbusigen Ritterin geführte Menschen gegen untote Monster. Damit ist die Stimmung schon mal klar! Sword & Sorcery – my ass. Hier wird dein Lieblingscover von Manowar nachgespielt.

So stellt sich das der Verf. vor.

So stellt sich der Verf. ein zünftiges Cover vor, dass man als Plot für Malmsturm verwenden könnte. Er ist allerdings mit Bruce Springsteen aufgewachsen und hört nichts härteres als AC/DC. Man sollte ihn daher nicht als Experten für ein Heavy Metal inspiriertes Rollenspielsetting betrachten…

Schon beim Inhaltsverzeichnis sind wir dann aber an einem ersten Kritikpunkt angekommen: Malmsturms tolles Aussehen hängt damit zusammen, das wir hier eine in Buchform gegossene künstlerische Vision in den Händen halten. Malmsturm ist nicht nur ein Rollenspiel, sondern auch die verkörperte Vorstellung  davon, wie ein ideales Rollenspielbuch so sein sollte. Deshalb das tolle Papier. Der Goldschnitt. Das Layout. Und deshalb sieht das Inhaltsverzeichnis so toll aus – und ist leider im schlecht beleuchteten Rollenspielzimmer deshalb kaum zu entziffern, weil schwarzer Hintergrund zwar toll aussieht, aber nicht für gute Lesbarkeit. Für die Nutzung am Spieltisch nicht optimal. Es sei denn, ihr seid alle unter 30, esst regelmäßig Rohkost beim Rollenspiel und spielt nur in gut ausgeleuchteten Räumen. Also: Tolles Aussehen können wir schon mal festhalten.

Genug der Form – was steht denn drin?

Nach einer superkurzen Einführung in Fate kommt etwas, was ich beim ersten Versuch noch schmerzlich vermisst habe – eine Darstellung davon, was die Malmsturmer unter Sword & Sorcery (künftig kurz S&S) verstehen. Und das ist gut gelungen, richtig gut. Macht Spaß zu lesen und regt die Phantasie an. Der kleine SL in mir will gleich loslegen. Sehr schön (dazu hörenswert – der Auftritt des Malmsturmteams im Fatecast, wo es ebenfalls und noch ausführlicher um ihr Verständnis von S&S geht).

Im Eis gezeichnet von Björn Lensig, mit freundlicher Genehmigung

Im Eis
gezeichnet von Björn Lensig, mit freundlicher Genehmigung

Dann folgt schon Kapitel 3: Der Charakter. Ups, das ging schnell: Liegt am großzügigen Layout, aber auch am dicken Papier. Man kommt schnell voran. Auf Dünndruckpapier und in kleiner Schrift wäre das ganze gefühlt nur ein schmales Reclam-Heftchen.

In diesem Kapitel finden wir die ersten Anpassungen von Fate Core an die S&S-Vision von Malmsturm. Während Fate Core den Charakter in den Mittelpunkt stellt, ist es bei Malmsturm die Gruppe der Fokus. Sie hat ein eigenes Konzept und ein Dilemma. Sehr schön, denn die meisten S&S-Geschichten sind ja um einzelne Charaktere (Conan) oder höchstens mal ein Duo (Fafhrd & der graue Mauser) gestrickt. Um das Spiel auf eine Gruppe zu fokussieren ist also eine regelseitige Justage nötig, die hier clever angegangen wurde.

Aspektschablonen

Die Charaktere werden dann anhand eines Beziehungsgeflechts, das schon die ersten NSCs erzeugt, gebaut – sehr gut, weil man jetzt die Aspekte nicht mehr so formenstreng wie in Core (Phasentrio) nutzen muss. Und hier kommt was ganz feines: Aspektschablonen. Aspektschablonen geben vor, was man mit den Charakteraspekten machen darf: Beziehungen, Artefakte, Motivationen. Eine Schablone könnte also vorsehen: 1x Beziehung, 2x Motivation, 2x Artefakt. Mittels der Wahl der Schablone (für alle Charaktere gleich!) kann der Tisch das Feeling des Spiels ändern: Viel Beziehungen? Das wird wohl Beziehungsdrama. Viele Artefakte: Eher D&D. Malmsturm gibt hier Schablonen für zahllose Spieltypen vor. Das gefällt mir sehr gut – ganz im Gegensatz zu dem Versuch in Ausgabe 1, wo noch vorgeschlagen wurde, Epic durch lange Stressbalken zu erzeugen. Fein! Malmsturm möchte übrigens kein Charakter-Dilemma – S&S-Helden brauchen so etwas nicht; das Dilemma ist eines der Gruppe.

Hexegezeichnet von Björn Lensig, mit freundlicher Genehmigung

Hexe
gezeichnet von Björn Lensig, mit freundlicher Genehmigung

Die Aspektschablonen sind eine so gute Idee, dass ich sie gerne in Fate Core gesehen hätte. Respekt an die Malmsturmer – das ist Rollenspieldesign auf höchstem Niveau.

Weiter im Text: Die Fertigkeiten entsprechen im Wesentlichen Fate Core, heißen aber manchmal etwas anders, zudem ist Überleben als Wildnisfähigkeit hinzugekommen. Unspektakulär, aber eine gute Wahl.

Belohnungssystem

Ebenfalls neu ist das Belohnungssystem. Hier ist man von dem auf mich immer etwas bemüht wirkenden Erfahrungspunktesystem der Vorauflage abgegangen. Statt dessen hat man auf das Vanilla-Meilensteinsystem von Core ein weiteres Element geflanscht, dass das von mir an anderer Stelle angesprochene Problem von Fate mit Schätzen angeht: Jeder erhält fünf Slots, in die er seine Belohnungen „parken“ kann. Dabei ist es egal, ob die Belohnung ein „guter Ruf“, ein „Heiltrank“ oder ein „magisches Schwert“ ist. Jede Belohnung kann einmal wie ein frei nutzbarer Aspekt eingesetzt werden und „verschwindet“ dann. Nicht im Narrativ, aber mechanisch. Das finde ich elegant. 5 Schübe sind zwar viel, aber ein „magisches Schwert“ ist eben auch nicht in jeder Situation hilfreich – das ist eine schöne ausbalancierte Lösung, die mich überzeugt.

Es folgen eine Menge „Archetypen“. Das sind (leider) keine fertigen Charaktere (das ginge wohl auch nicht wirklich), aber eben klassische, mehr oder weniger abenteuertaugliche Positionen in der Welt, die man als Basis für seinen Charakter nehmen kann, wenn man ihn enger mit der Welt von Malmsturm verknüpfen will. Die Entscheidung für diese Archetypen erscheint mir nicht unbedingt als gelungen – sie sind nichts Halbes und nicht Ganzes, aber eben im schlimmsten Fall auch nur verbrauchtes Papier.

Dann geht es – ohne Kapitelumbruch oder sonstigen Trennmarker – auf S. 102 zu den Konflikten über. Aber ich gehe jetzt ins Bett – es wird eine Fortsetzung geben, oder auch zwei, denn das Buch hat knapp 400 Seiten.

Aber so als Zwischenfazit: Gelungen. Ein gereiftes Werk, das nicht mehr vor allem gut aussieht. Ich bin jetzt vor allem gespannt auf das Magiesystem – da ist noch mal eine Sollbruchstelle. Ist das ebenfalls so gut gelungen, dann will Malmsturm gespielt werden.

Mehr Bilder auf faterpg.de

Weiter gehts zu Teil 2 der Malmsturm-Rezension…

Whisky & Fatepunkte

rpg-blog-quest-logoIm Blog-O-Quest des Monats August (diesmal wieder von Würfelheld, der ja immer abwechselnd mit Greifenklaue der deutschsprachigen Rollenspielerszene jeden Monat fünf Fragen zu RPG-Themen stellt) gibt es diesmal unter dem Motto „Speis und Trank“ eine Frage, die mich inspiriert:

3. Während wir spielen, ist Alkohol ___________ , weil __________ .

Warum? Weil ich mal einen „Fehler“ gemacht habe. Dazu muss man wissen, dass ich – als Hausregel – vor dem Spiel ein paar Fatepunkte raushaue: Einen für den Gastgeber, einen für jeden, der Snacks mitgebracht hat, einen für ein Diary, etc.

Der Gastgeber unserer Runde hatte nun eine Flasche Whisky spendiert – und meinen Geschmack sehr genau getroffen. Also gab es dafür Fatepunkte, was die anderen zu größtem Neid veranlasste. Also hatten sie das nächste Mal selber Whisky im Gepäck und forderten lautstark ihre Fatepunkte ein. Die ich gerne hingab. Die Runden waren deshalb nicht immer besonders fokussiert, aber stets lustig. Und ich froh, dass ich nicht mit dem Auto da war…

Jedenfalls kann ich die Grundidee – Fatepunkte für jene, die zum gelingen des Abends beitragen – nur empfehlen. Ob Whisky nun das ideale Mittel ist, mag jeder selbst entscheiden – aber ich mag die Idee der Themenküche, wie sie Timber schildert, jedenfalls sehr gerne.