Von „Gutem Rollenspiel“, Taschenlampenfallenlassern und play to drama

Ein Post von Pen und Paperblog, „Gut gespielt ist halb verloren“ hat mich mal wieder an die Tastatur getrieben 😀 – dafür schon mal vielen Dank.

Die von Murphy geschilderte Situation:

Als mein Charakter jedoch zurück bei seiner in-game Polizeitruppe war, liess ich (als Spieler ganz bewusst) von meinem Charakter nur die Hälfte der Informationen mitteilen, weil der diese Informationen für unwichtig hielt. Das gab der Story natürlich einen neuen Spin, was ein paar meiner Mitspielenden gar nicht verstanden und ein paar davon richtig blöd fanden.

Kennt man. Hat auch bei mir schon zu Problemen geführt – typischerweise, weil unterschiedliche Erwartungshaltungen ans Rollenspiel in diesem Moment kollidieren.

Play to win – oder vielleicht auf deutsch als herausforderungsorientiertes Rollenspiel bekannter – ist der Ansatz, dass die Spieler gemeinsam die Herausforderungen bestehen. Ich habe bewusst Spieler geschrieben, nicht Charaktere, denn diese Varianten des Spiels stellen oft das Können der Spieler mit in den Vordergrund, z.B. bei Rätseln, kniffligen taktischen Entscheidungen oder Regelkenntnis. Wichtig ist hier: Gemeinsam gegen die Herausforderung. Typisch: Ein Ableben der Charaktere ist regelmäßig die Folge von Fehlern oder Fehlentscheidungen. Im Beispiel waren die „Blödfinder“ vermutlich von einer unausgesprochenen Abrede ausgegangen, man spiele „play to win“.

Play to drama – Nach meiner Einschätzung hat Murphy versucht, Drama ins Spiel zu bringen. Das ist oft bewusstes „Gegeneinander“ an der Freude aus dem sich daraus ergebenden Spiel. Mindestens so alt wie Drachenlanze: Mein Zwerg mag keine Elfen, oder der Paladin, der dem Schurken das Klauen verbieten möchte. Das geht natürlich auch in besser, und man wird wohl keine modernere Fernsehserie sehen, in der Konflikte innerhalb der Heldengruppe nicht angespielt werden.

Play to lose – Tja, so ein Fiasko… Wenn die Abrede am Tisch ist, dass wir unser sicheres Scheitern spielen, kann sich daraus etwas tolles ergeben – das kann Balins Ende in den Hallen von Khazad-dûm sein, das Ende der Belagerung von Montségur oder auch jeder Film, den die Coen-Brüder noch nicht gedreht haben.

Diese drei Ansätze sind unter LARP-Spielern bekannter, weil dort play-to-win-Szenarien schwieriger zu gestalten sind, aber auch für das Verständnis am Tisch sehr hilfreich. Und was man spielen möchte – darüber sollte man vorher mal gesprochen haben. Wenn nicht gerade Fiasko auf dem Tisch liegt, gehen viele Leute von play-to-win aus.

Ach ja, in der Überschrift erwähnte ich ja noch den Taschenlampenfallenlasser. Der stört die anderen bewusst, im Wissen darum, dass sie play-to-win spielen. Um Spaß an ihrer Niederlage zu haben.

Eine Tüte Kaffee.

Kaffee verschenken

(Der Beitrag hat zwar keinen Rollenspielbezug, aber auf dem Tanelorn-Treffen gibt es ein Kaffeewichteln…)

Wie schenke ich einem Kaffeenerd guten Kaffee, ohne mich auszukennen?

Es gibt da einfache Tipps in absteigender Wichtigkeit:

Frischer Kaffee

Das Röstdatum ist nicht immer einfach zu finden.

Guter Kaffee hat ein Röstdatum. Wenn auf der Packung nur ein Mindesthaltbarkeitsdatum steht, ist das schon sehr ein schlechtes Zeichen; kaufe lokal gerösteten Kaffee mit Röstdatum. Je frischer, desto besser – liegen lassen kann man den Kaffee immer noch. (Hintergrund: Sehr frischer Kaffee gibt viel CO2 ab – das schmeckt nicht. Aber wie lange man den Kaffee genau liegen lässt, bevor man ihn trinkt hängt von vielen Details ab, die man nicht kennen muss.)

Espresso oder Filter?

Wenn du eine Espressomaschine gesehen hast – Espresso. Sonst (und im Zweifel) Filter.

Hell oder dunkel?

Gemeint ist der Röstgrad: Um das perfekte Geschenk zu wählen, musst du den Geschmack des oder der Beschenkten kennen. Im Zweifel: Eine mittlere Röstung kann jeder irgendwie brauchen, sehr dunkel oder sehr hell sind aber nicht für jeden etwas.

FeenCon 2024

Neben dem Nordcon (ich habe berichtet) bieten wir die Zombiecalypse auch auf der FeenCon in Bonn an. Und das ist ganz anders…

Auch der Feencon ist umgezogen, und im zweiten Jahr an einem neuen Ort – ebenfalls einer Schule. Damit enden die Ähnlichkeiten. Historisch war der Con in der Stadthalle von Bad Godesberg zu Hause, die aber renoviert wird. Die Stadthalle dort ist mitten in einem belebten öffentlichen Park; es war daher sehr sinnvoll, um den Con herum ein Außengelände zu haben, dass Besucher anlockt. Dieser Teil war ohne Eintritt erreichbar; nur der „Rollenspielteil“ im engeren Sinne war in der Halle und kostete Eintritt.

Dieses Konzept hat man beibehalten, obwohl die Schule, in der die Con heute stattfindet, nicht so liegt, dass zufällig passierende Laufkundschaft zu erwarten wäre. Trotzdem sind sehr viele Stände (eigentlich fast alles, was keine Rollenspielprodukte im engeren Sinn verkauft) draußen – und damit auch die Zombiecalypse. Das macht die Veranstaltung sehr wetterabhängig – bei guten oder heißem Wetter mag man gerne draußen sein, bei Regen eher nicht. Wir hatten am Samstag richtig heißes und trockenes Wetter und (vielleicht folglich) sehr viele Spieler auf dem Feld. Im Gegensatz zum Nordcon ist das auf dem Feencon ein Thema; der Feencon kommt mir sehr viel kleiner vor, jedenfalls hatten wir in den Vorjahren auch mal Pausen, wo es keine Spieler gab. Das war diesmal kein Thema!

Buddelsee – ein Hexcrawlgenerierungsding… oder so.

Neben einigen Tanelornis habe ich auch Moritz getroffen. Dessen Festung des Bergkönigs wurde mir von einem Freund stolz gezeigt und für unser nächstes Treffen als Runde angekündigt; Daniel von system matters erzählte mir, dass er für die rpv eine Neuauflage des Abenteuers gemacht habe, weil die rpv exakt 10 Jahre nach der Erstveröffentlichung auf der Vorgängerveranstaltung rpc stattfand. Moritz war also überall; und auf seine Empfehlung habe ich mir Buddelsee und Unsterbliche Wüste gekauft – ich bin mal gespannt, ob ich Erzählonkel mit so knallhartem OSR-Kram überhaupt umgehen kann, ohne mir in die Finger zu schneiden. Mal sehen, evtl. biete ich es auf dem nächsten Tanelorn-Forentreffen (15.08.2024 bis zum 18.08.2024) an. Und nur um alle zu ärgern mit Dungeon-World 😀

Der olle Streber Moritz hat auch schon die ersten Käufe auf dem Feencon auf seinem Blog besprochen – ich habe meine nicht mal geöffnet. Aber er hat Wolsung auch lektoriert – er wird den Inhalt also wohl schon kennen. Jetzt bin ich gespannt drauf – ob das was für mich ist?

Was ist anders als beim Nordcon?

Neben den deutlich höheren Temperaturen unterschied sich auch das Publikum erheblich vom Nordcon. Ich denke, es war etwas älter, und deutlich weniger (offen?) queer. Das mag vielleicht aber auch an unserem Beobachtungspunkt auf dem Außengelände gelegen haben, oder an dem erheblichen Fokus auf Fantasy-Literatur, denn es gab viele Lesungen und rund um uns herum waren Stände von Autoren, Kleinverlagen, etc. Eine weitere Besonderheit ist der sehr große „Bring and buy“-Bereich, wo man Dinge, die man verkaufen möchte, abgeben kann. Orgaleute (schönen Gruß an Gudrun) verkaufen die Sachen dann (ich glaube gegen ca. 10% Provision) – oder, wenn kein Käufer zu finden war, holt man sie dann Sonntag wieder ab. Das ist ein toller Service, und natürlich viel aufwändiger als der Flohmarkt auf dem Nordcon. Ein letzter Unterschied – auf dem Nordcon ist Alkohol vollständig verboten; auf dem Feencon jedenfalls auf dem Außengelände nicht. Es gab daher eine „Kirschbier-Taverne“, die neben (erstaunlich leckerem) Kirschbier auch noch andere ulkige Bier-Mischgetränke verkaufte. Allerdings… keineswegs günstig, und das gilt auch für die sonstige Verpflegung. Die fast zu Selbstkostenpreisen abgegebenen Speisen und Getränke auf dem Nordcon stachen da nochmal heraus – und eine Kaffeeflat habe ich auf der Feencon auch nicht bemerkt. [Update: Gibt es aber! Siehe Kommentare.] Gemeinsam haben sie dann wieder, dass sie mit einer Versteigerung enden.

Sonntag sind wir dann erst recht spät erschienen, weil es vormittags ordentlich geregnet hat. Aber noch bevor wir überhaupt alle Kisten zur Spielfläche geschleppt hatten, waren schon die ersten Spieler auf dem Feld – es ging also super los. Ach, wenn Bonn nicht so weit weg von zu Hause wäre… trotz der langen An- und Abreise aber ein sehr lohnenswerter Con, der Besuch hat sich gelohnt.

PS: Nebenan beim Würfelheld gibt es eine deutlich weniger begeisterte Besprechung der Feencon 2024. Ich kann das natürlich nicht aus seiner Perspektive betrachten; aber jedenfalls Uhrwerk-Pat schien mit dem Umsatz seines Standes recht zufrieden – und wie gesagt, für die Zombiecalypse war es vermutlich der beste Feencon.

PPS: Auch das Rollenspielblog berichtet.

Nordcon 2024

Ich war – wie eigentlich jedes Jahr – auf dem Nordcon, und meine Güte – was für eine großartige Con ist das. Ich war fast eine Woche kaputt, ohne Stimme und geflashed. Der Termin fürs nächste Mal steht schon im Kalender: 13. – 15. Juni 2025.

Nordconlogo
Nordcon Logo

Unser Hauptevent ist die Zombiecalypse, ein seit inzwischen über einem Jahrzehnt ein (sehr populäres) Spiel auf dem Nordcon anbietet, wo man mit Nerfs rumballern kann und von Zombies gejagt wird – oder als Zombie Menschen jagt. Irgendwas haben wir da richtig gemacht, das Spiel ist extrem beliebt und die Leute rennen uns die Bude ein. 2024 war die Spielfläche so voll wie nie und wir haben (zum ersten Mal, soweit ich mich erinnern kann) Leute abweisen müssen, weil es einfach zu eng wurde. In den vielen Jahren sind einige der begeisterten Dauerspieler in die Orga rekrutiert worden, so dass ich inzwischen auch mal für einen Bummel über den Nordcon weggehen kann – und das gibt mir die Gelegenheit, hier mal meine Eindrücke zu schildern:

Die Zombies der Zombiecalypse auf der Nordcon.
Foto von Woody.

Das „neue“ Con-Gelände ist sehr gut geeignet. Eine tolle Schule (mit Ponys!), die Aula, Sporthallen und viele Räume zum spielen bietet, eine Küche für das Catering, ein großzügiges Außengelände – toll. Leider ist die U-Bahnstation ein bisschen weit weg und Parkplätze sind knapp, aber das scheint mir ein geringer Preis zu sein. Hervorheben möchte ich, dass der Nordcon – ein bisschen wie das Tanelorn – erkennbar von begeisterten Rollenspielern gemacht wird, die damit kein Geld verdienen wollen, sondern im Gegenteil ein unglaubliches Maß an Zeit und Arbeit in die Con stecken. Das merkt man überall und ist ein großartiger Unterschied zu … eigentlich allem im „normalen Leben“. Kleiner Eintrittspreis, günstiges Essen, unglaublich tolle Orga (die uns als Programmpunkt das Gefühl gibt, wir wären das Wichtigste der Welt), nette Menschen und folglich ein tolle, entspannte und richtig großartige Stimmung, die auch der gelegentliche hanseatische Regenschauer nicht trüben konnte.

Das Programmheft zeigt eine geradezu erschlagende Menge an Programmpunkten, die zusätzlich zu zahlreichen Rollenspielrunden stattfinden. Vor der Zombiehalle sind z.B. die Püppi-Schubser und Miniaturenbemaler sehr aktiv gewesen; im Schulhof gab es viele Zelte für die Brettspieler. Fast alle Rollenspielverlage waren mit Ständen da, dazu Händler und am Sonntag ein Flohmarkt. Künstler mit eigenen Ständen habe ich gesehen, und draußen gab es eine Bühne für Bands, Barden und sonstige Darbietungen. Natürlich draußen die harten Jugger-Spieler und eine Larp-Wiese.

Die Jugger-Spieler sind die härteste Konkurrenz der Zombiecalypse (in beiden Bedeutungen des Wortes)… Respekt, denn Hamburg hat sich beim Wetter nicht sehr großzügig gezeigt und die Spielwiese immer wieder matschig geregnet, was aber offenbar niemanden gestört hat. Nochmal danke an die Orga, dass WIR eine Halle haben durften :D.

Es gab auch wieder üppig den Star-Trek-artigen Artemis-Brückensimualtor zum Spielen, die hatten noch mehr Platzbedarf als letztes Mal (IIRC) – scheint auch super zu laufen, und ich hätte echt gerne mal mitgespielt. Ich traf auch noch Mháire und Nico von Orkenspalter, die ein Patreontreffen veranstaltet haben – ich würde es mal unter „Puzzeln mit Patreons“ zusammenfassen.

Was neu war – und deshalb von mir jetzt noch etwas ausführlicher angesprochen werden soll, war das wissenschaftliche Symposium am Sonntag. Der VDRV hatte das Bonn Lab for Analog Games and Imaginative Play und damit Prof. Dr. Adrian Hermann von der Uni Bonn als Mitveranstalter gewonnen. Ich habe mir nicht alle Programmpunkte ansehen können, aber es gab eine Vorstellung von Forschungsvorhaben in Form von Postern (Abrufbar unter https://t1p.de/nordcon2024), die dann sehr kurz von den handelnden Personen vorgestellt wurden. Anschließend standen sie für Gespräche zur Verfügung – dazu gehörte auch Lichtbringer, der einen spannenden Ansatz hatte. Die Schwerpunkte der Forschungen waren vor allem aus pädagogischen und psychologischen Perspektiven gewählt, es ging also um die Verwendbarkeit im Rahmen von Therapien und Unterstützung von Schülern. Spannend war, dass eine Arbeit sich der Frage widmete, ob man eine Verbesserung der sozialen Fähigkeiten messen könne, die durch das Rollenspiel hervorgerufen würden (These: Ja), eine andere einen Vergleich mit Schachspielern wählte und keine Unterschiede messen konnte.

Ludologische Fragen oder das was wir im Tanelorn unter „Rollenspiel-Theorie“ verstehen, waren kein Thema – jedenfalls nicht unmittelbar. Beim Abschluss des Symposiums, einer Gesprächsrunde zwischen Prof. Hermann als Theoretiker, Lena Falkenhagen als Rollenspiel-Entwicklerin, die jetzt Computerspiele macht, Ulrike von der Redaktion Phantastik als Verlagsperspektive, Kathrin Fischer (Abenteuer im Märchenwald) als Autorin eines ausdrücklich im Rahmen ihrer Forschungen entwickelten Spiels und einigen (wechselnden) Anderen wurde klar, dass die u.a. in diesem Blog diskutierten Probleme auf die behandelten Fragen durchschlagen – aber z.T. in Ermangelung eines Vokabulars nicht erkannt werden oder benannt werden können.

Die Beteiligung des Publikums war – als ich zuhörte – überschaubar. Da mögen gut 50 Leute im Raum gewesen sein. Ich hoffe trotzdem sehr, dass dieses Format fortgeführt wird; es ist sehr deutlich eine Bereicherung. Ich hoffe sehr, dass ich nächstes Mal den „Call for Papers“ früher mitkriege… nicht weil ich selbst was schlaues hätte, dafür haben wir den Lichtbringer. Aber vielleicht ergibt die Diskussion neue Ansätze, und es finden sich auch Beiträge, die sich mit dem Wie? des Rollenspiels befassen.

Ein kleines PS: Es gibt inzwischen eine Kinderbetreuung, und das hat offenbar meiner Nemesis die Zähne gezogen – früher hatten wir oft Eltern, die irgendwie davon gekränkt waren, dass wir mit Nerfs (ALSO KINDERSPIELZEUG) Spaß hatten, und ihre kleinen Kinder nicht mitmachen dürfen. Bis hin zur außerordentlich energisch und lautstark (und sehr ausdauernd) vorgetragenen Forderung, wir sollten doch mal für ’ne Stunde die Spieler vom Feld jagen, damit ihre Kleinkinder spielen können. Das ist die letzten zwei Jahre nicht mehr vorgekommen – sehr schön.

Außerdem haben wir den Coverposing-Wettbewerb wieder durchgeführt. Der war zwar einst als Werbemaßnahme für den DRP von mir erfunden worden, (aber ich habe den Arsch nach Corona noch nicht hochbekommen, den Preis zu rebooten), ist aber immer eine Riesengaudi. Wer das Format nicht kennt: Conbesucher suchen sich ein Rollenspielcover aus und stellen es dann nach. Woody macht ein Foto, wir bewerten die „Interpretation“ und vergeben Preise. Auf der Abschlussveranstaltung zeigen wir die schönsten Darstellungen… ich finde das immer noch eine großartige Sache! Hier gibt es Bilder von 2019 – die von ’24 lade ich bestimmt auch demnächst hoch. JollyOrc ist ein großartiger Moderator für die Vorstellung der Ergebnisse.

Dieser Beitrag ist eine Überarbeitung meiner Ersteindrücke, die ich im Tanelorn geschildert habe.