Pendragon nach Art des Zarkov oder Spiel ohne Immersion

Cover von Pendragon

Pendragon ist ein wirklich altes Rollenspiel. Die erste Auflage ist von 1985, es befindet sich in der Auflage 5.2, die eine wirklich sanfte Weiterentwicklung des originalen Spiels darstellt. Es ist eine unglaublich gelungene Literaturemulation: Le Morte d’Arthur von Malory ist die Grundlage dieses Spiels. Zarkov, muss man dazu wissen, ist ein Philologe, der sich intensiv mit diesem Werk auseinander gesetzt hat. Liebevoll greift er beim Leiten die – insbesondere aus heutiger Sicht – oftmals skurrilen oder inkonsistenten Episoden von Malory auf: Ritter, die Brücken bewachen, Ritter die vom Wahn gepackt durch den Wald irren, Ritter die einander aus den nichtigsten Gründen fordern, Ritter, zerrissen zwischen der Loyalität zu ihrem Herrn und der Liebe zur Familie. Gerne mit ein bisschen wörtlichem Zitat aus dem Mittelenglischen zur Einleitung oder bei Standardsituationen – mit Zarkov Pendragon zu spielen ist ein Vergnügen, dass ich zuletzt im Dezember hatte. In diesem Zusammenhang einen Gruß an meine Mitritter Grimnir, YY und Quendan.

THEN within two or three days Sir Lamorak found a knight at a well sleeping, and his lady sat with him and waked. Right so came Sir Gawaine and took the knight’s lady, and set her up behind his squire. So Sir Lamorak rode after Sir Gawaine, and said: Sir Gawaine, turn again. And then said Sir Gawaine: What will ye do with me? for I am nephew unto King Arthur. Sir, said he, for that cause I will spare you, else that lady should abide with me, or else ye should joust with me. Then Sir Gawaine turned him and ran to him that ought the lady, with his spear, but the knight with pure might smote down Sir Gawaine, and took his lady with him. All this Sir Lamorak saw, and said to himself: But I revenge my fellow he will say of me dishonour in King Arthur’s court. Then Sir Lamorak returned and proffered that knight to joust. Sir, said he, I am ready. And there they came together with all their might, and there Sir Lamorak smote the knight through both sides that he fell to the earth dead.
Le Morte d’Arthur, Book VIII Chapter XLI

Dem Zitat kann man schon ganz gut entnehmen, das die Kausalitäten und Motivationen der Protagonisten etwas sehr besonderes sind.

Leite ich ein anderes System als Pendragon, so versuche ich fast das genaue Gegenteil: Die Handlung des Abenteuers soll sich aus den Wünschen und Zielen (Agenda) der Charaktere ergeben. Will jemand König des Reiches werden, dann kommt das natürlich vor. Die inneren Konflikte der Charaktere werden thematisiert werden, bisher unbeleuchtete Seiten der Charaktere ins grelle Licht gezerrt werden. Sicherlich eine Folge der Lieblingssysteme: Ein Fate-Charakter besteht nun mal ganz überwiegend aus seinen Aspekten, und die laden zu dieser Sorte Spiel ein.

Anders aber in diesem Literatur-Genre: Alle Ritter sind fast gleich – nicht nur in der Literatur, sondern auch im Spiel. Mechanisch unterscheidet sich ein Ritter kaum von einem anderen – als ob man in einem Fantasyrollenspiel wie D&D alle die gleiche Charakterklasse gewählt hätte – auf Stufe 1. Klar, mal kann ein Ritter besser jagen, oder hat ein paar Punkte mehr in Heraldik – aber es sind alle Ritter, haben ein kleines Lehen, Pferde, einen Knappen, sind kompetent mit Schwert und Lanze. Was sie wirklich unterscheidet sind ihre Traits und Passions. Und dieser Teil der Regeln ist der, der in den 80ern der innovative war – anders als D&D also. Die ritterlichen Tugenden werden in einer 20er-Skala abgebildet, etwa in dem Paar Mutig 13—- 7 Feige. Man kann jetzt mit einem w20 beproben, wie sich diese Tugend gerade darstellt. Und hier wird auf einmal die Literatur erstaunlich gut simuliert: Bin ich ein mutiger Ritter? Gnädig? Gerecht? An sich strebt ein Ritter die ritterlichen Tugenden an (außer Sir YY vielleicht), aber als Spieler steuert man das nur begrenzt, wie sich die Tugenden verteilen. Das führt ganz erstaunlich gut zu Szenen wie der oben aus Mallory zitierten. Was mache ich nun wird eben durch die Traits modifiziert, beeinflusst oder gar bestimmt. Ein Ritter schläft am Brunnen, seine Dame ist unbewacht? Beprobe mal „Lüstern“…

Spielt man mit Zarkov, sind diese Szenarien oft, und kurz. Unterbrochen von ein paar Würfen, wenig Dialog (für ein Rollenspiel) – so wie Malory eben die Gespräche auch eher zusammengefasst darstellt. SL Zarkov hat dieses episodenhafte fantastisch herübergebracht.

Einzig ein (sozialer) Konflikt unter uns Rittern (oder eher zwischen den Spielern) über das weitere Vorgehen fiel daher besonders unangenehm auf: Es war nicht nur mechanisch ungünstig, sondern passte insgesamt nicht ins Spiel.

Gedankensprung.

Vor einer Weile habe ich mal über Spielertypen geschrieben, und – nicht – daraus Spielertugenden und -sünden abgeleitet. Inzwischen gehört das für mich nicht zusammen, aber damals, naja. Die Tugenden und Sünden hat Pen&Podcast aufgegriffen – eine charmante Gruppe von Rollenspielern, die sich alle ca. 20 Jahre jünger anhören, als ich es bin. Einer der Teilnehmer an der Diskussion war so ziemlich in allen Fällen anderer Ansicht als ich. Selbst so allgemeine Höflichkeitsfragen wie „Achte darauf, das andere Spieler am Tisch Spaß haben“ empfindet er als niederrangig gegenüber dem heiligen Grundsatz der Immersion und des „Mein Charakter ist aber so.“ An diese Haltung musste ich denken – bei Zarkov (und damit meiner Wahrnehmung von Pendragon) geht es genau NICHT um Immersion. Es geht nicht um das Einfühlen in einen Charakter. Im Gegenteil – die Charaktere haben am Anfang keine besondere Tiefe, ihre Hintergrundgeschichte wäre unerheblich. Das Handeln in einer Situation kann jederzeit durch ihre Tugenden, Passionen und Schwüre gelenkt werden. Klar, der Spieler kann sich dagegen entscheiden, den Ritter geldgierig zu spielen – aber die gelegentlichen Tugendwürfe bestimmen, ob er diese Gier auch so gut im Griff hat, wie er es gerne hätte. Und trotzdem  – oder gerade deshalb –  entstehen Figuren, an die man sich erinnert: YYs Ritter, bekannt für seinen brennenden Hass auf die Sachsen, dem er alles Unterordnet, ist so ein Beispiel.

Das erinnert schon an die Figuren, die im klassischen D&D aus ein paar Attributswürfeln entstehen, und erst so ab Level 5 zu unterscheidbaren Charakteren werden: Nur das die Tugenden dieses Ergebnis schon viel früher zu leisten vermögen. Nichts für einen Spieler, der mit 30 Seiten Hintergrundgeschichte das Spiel beginnt – aber ein großes Vergnügen!

Nun haben wir ohne die simulativen Momente gespielt, die Pendragon auch bietet: Gutsverwaltung, etc. Aber wir haben begeistert erwürfelt, ob uns ein Erbe geboren wird (oder um eine Dame gebuhlt), ob der Erbe überlebt, oder ob es doch wieder nur eine Tochter wurde. Ob die Ernte ausreicht. All diese Elemente beeinflussen das Spiel auf großartige Weise – ich bin gespannt, ob man es mit mehr „Tiefe“ in der Simulation verbessern kann.

Jedenfalls war dieses Wochenende in Sir Grimnirs Turm für mich ein besonderes Vergnügen, ein Extrem einer besonderen Form des Rollenspiels.

Ten Candles, Tales from the Loop und Bluebeards Bride

Ten Candles

sind die Spiele (neben ein paar (naja, so vier/fünf) Missionen von Mechs vs. Minions) die ich dieses Wochenende gespielt habe. Bluebeard’s Bride wurde gewohnt gekonnt von JollyOrc geleitet, die anderen beiden Spiele von mir. Ten Candles hat JollyOrc als Spieler erlebt, er bloggt über seine Eindrücke zu den beiden Spielen: Horror in Bielefeld. Jaja, was haben wir aus dieser ehrwürdigen Veranstaltung, noch von Uli Kiesow persönlich ins Leben gerufen, gemacht! Hippie-Spiele allerorten!

Ten Candles

Ich habe es dort erstmals geleitet (und zuvor nie gespielt) – einige Dinge gingen daher schief, u.a. habe ich vergessen, die Tonaufzeichnung wieder abzuspielen. Zudem habe ich deutlich unterschätzt, wie brutal die Todesspirale des ständig schrumpfenden Würfelpools ist – das Finale war daher definitiv verbesserungsfähig. Dennoch haben zwei Spieler das Buch noch geordert, bevor sie den Raum verlassen haben – kann also nicht so schlecht gewesen sein, und Oliver hat es gleich am nächsten Tag wieder geleitet…

Ich bin ziemlich begeistert. Horror ist ja eigentlich nicht so meines – Ich mag weder die Texte von Lovecraft oder Poe, noch gucke ich gerne das, was so als Horror verkauft wird. Ich grusel mich bei House of Cards schon genug… Was ich sehr mochte, ist Stranger Things. Horror als SL ist also eine Herausforderung für mich, in der ich wenig Übung habe.

Ten Candles hat mich dabei hervorragend unterstützt. Der Mechanismus ist großartig. Die Kerzen, die herankriechende Dunkelheit, das Aufflammen dessen, was die Charaktere ausmacht: Toll. 10/10, would GM again.

Tales from the Loop

habe ich auf ausdrücklichen Wunsch gespielleitet. Das war ein durchmischtes Vergnügen. Ich hatte prächtig aufgelegte Spielerinnen und Spieler, die sich ganz offenbar noch ganz gut an ihre Jugend (überwiegend in den 80ern verbracht) erinnerten. Deshalb war der Plot (das zweite Abenteuer aus dem „Our Friends, the Machienes“) sehr sehr unwichtig, statt dessen wurde zärtlich geturtelt, sich heftig blamiert, die erste Zigarette geraucht und der erste Kuss durch eine eifersüchtige Freundin ruiniert. Einen ganz besonders lieben Gruß an Julia, die die ebenso großbusige wie einfältige Unschuld vom Land höchst eindrucksvoll gespielt hat.

Zumindest einem Spieler wurde das aber zu viel (auch, weil es um 13 bis 15jährige ging) und er doch lieber den Plot verfolgt hätte.

Nächstes Mal machen wir das mit Turbo Fate, das steht fest.

Bluebeard’s Bride

Meine „limited edition hardcover edition“ ist zwar anders, aber nicht unbedingt ansehnlicher als die Fassung vom Sphärenmeister. Kickstarter! You fooled me again!

Ich habe den Witch-Aspekt der Braut gespielt und mit großem Staunen die nahtlose Konstruktion der surrealen Räume durch JollyOrc verfolgt. Es ist kein langes Spiel, bedingt durch die Mechanik sieht man zwischen drei und fünf Räumen, die JollyOrc mit erstaunlich gruseligen und grauenvollen Elementen gefüllt hat. Ich habe das Buch im Vorfeld nicht lesen können und war daher etwas überrascht: Deutlich weniger Moves pro Playbook als ich erwartet habe (was zu einer mechanisch geringen Differenzierung der Persönlichkeitsteile führte) und auch sonst wenig, was auf der Regelseite den Anspruch „female horror“ unterstreicht. Das körperliche Gewalt auch einer Frau offensteht, ist allgemein bekannt – ob der Titel des Moves „Sich mit (körperlicher) Gewalt beschmutzen“ es jetzt weiblicher macht, weiß ich noch nicht. Die Debatte, die ich nur am Rande im Tanelorn verfolgt habe, ist damit für mich völlig an der Realität vorbeigegangen: Horror ja, aber jede Aufladung des Themas mit feminismus/political correctness/etc verfehlt das Spiel. Im besten Fall haben wir eine Protagonistin, die – wie es der Hauptfigur zusteht – erhebliche Tiefe gewinnt, im ungünstigsten Fall wird sie auf die in den Playbooks genannten Klischees reduziert.

Ein Spiel, über das ich noch eine Weile nachdenken, und dann selbst einmal leiten werde.

Ein schönes Wochenende, muss ich sagen!

Religion im Rollenspiel: Vorbehalten der Fantasy?

Logo des Karnevals der Rollenspielblogs

Karneval der Rollenspielblogs

Ich frage mich gerade, ob Götterwirken ein Privileg der „unrealistischen“ Spielwelten ist, die wenig aus unserer Realzeit übernehmen. Aventurien, Faerun, Lorakis – klar, da gibt es Götter, Geweihte und zauberartige Wunder.

Aber schon als ich anno dunnemals mit AD&D am Hofe Karl des Großen spielen wollte, mit Priestern, die ihre Magie aus der Bibel ableiten sollten (also kein Flammenschlag&Feuerball, aber all die Wunder, die man im alten und neuen Testament so finden kann), war das durchaus ein Thema, bei dem einige Spieler zurück zuckten – entweder, weil sie es mit ihrer Religion nicht vereinbaren konnten, die Wunder ihres Gottes in solch „unwertschätzenden“ Art zu verwenden, andere hatten die Sorge, religiöseren Menschen als ihnen selbst auf die Füße zu treten. Dabei passt es so gut… die Idee war (natürlich) zunächst den Hof von Karl als die Guten gegen die bösen Sarazenen zu führen, und dann später auch gute Sarazenen als PCs zu haben, die gegen die bösen Christen kämpfen – mit all den Auswirkungen, die das Alignment bei D&D so hat.

Und es passt ja so gut: Der D&D Cleric entspricht nun mal eher dem kriegerischen Erzbischof Turpin als dem netten Priester von heute.

Ging nicht, damals. Recht unpopulär, AD&D so ohne SC-Magier, und mit den komischen Klerikern. Und dann kennt AD&D nicht mal die aktive Parade.

20, 25 Jahre später wundere ich mich, warum bei Dresden Files RPG so selten die göttlichen Kräfte gewählt werden. Ritter des Kreuzes, Wahre Gläubige – an meinem Tisch sind sie Mangelware, sie werden von meinen Spielern offenbar selten als attraktiv wahrgenommen, obwohl die Spieler alle begeisterte Leser der Romane sind. Bei Fantasy passiert das nicht. Ist es nun so anders, einen Kleriker des Praios zu spielen, Vecnas Hand zu tragen, oder ein Schwert mit einem Nagel von Kreuz Jesu zu schwingen?

Offenbar. Aber ich war auch überrascht, wie viele meiner Freunde kirchlich geheiratet haben.

Ein Beitrag zum Karneval der Rollenspielblogs im Oktober 2017. Das Thema diesen Monat: Religion im Rollenspiel. Startbeitrag (mit allen Erklärungen) und die Diskussion im Forum.

Der Spieler

Einleitung

Ein Titel, der so toll ist wie „Richtig Spielleiten!“, war natürlich schon vergeben.

Vermi hat im Tanelorn einen „Essay über den Spielleiter“ geschrieben, in dem er viel Kluges über diesen Spielertypus zusammenfasst. Überhaupt ist der SL sehr im Fokus der Betrachtung, es gibt Ratgeber, Blogs mit dem Namen „Richtig Spielleiten!“ (Übrigens sehr empfehlenswerte Lektüre :) ), Hilfestellungen, Kummerkästen ohne Ende. Vielleicht zu sehr! Denn selbst der weltbeste SL kann ohne oder gegen seine Spieler kein tolles Spiel erzwingen – Rollenspiel ist eine Teamsportart.

Deshalb soll es hier nicht um den SL gehen, sondern um die andern 1w4+2 Teilnehmer der Rollenspielrunde. Denn ohne sie geht nichts – und ihr Verhalten ist für einen gelungenen Spielabend von mindestens ebenso großer Bedeutung wie die des SL – oder sogar mehr. Lediglich die Tatsache, dass sie sich ihre Aufgaben teilen, lässt sie nach meinem Empfinden in den Hintergrund treten. Oder um mal einen außerordentlich guten SL auf dem Tanelorntreffen zu zitieren – „Bei der Gruppenzusammensetzung komme ich mir überflüssig vor.“ Offenbar kommt es also auch auf die Spieler an, wie auch Vermi in seinem Essay erkennt: „Ohne gute Spieler ist der beste SL verraten und verkauft.“

Die Klischees

Was wissen wir über den Spieler?

  • Er kommt gerne nicht oder zu spät, ggf. hat er seinen Charakterbogen wieder vergessen.
  • Sie muss die Regeln nicht so gut können.
  • Er braucht sich auf die Runde nicht vorbereiten.
  • Es gibt Problemspieler (vom Munchkin über den Powergamer bis hin zum Taschenlampenfallenlasser.

Die Rollenspieltheorie ist nicht viel weiter gekommen, als die Aufteilung von Laws (zitiert nach Wikipedia)

  • Powergamer (optimiert seinen Charakter, indem er die spielrelevanten Werte erhöht, die dessen Fähigkeiten und Eigenschaften beschreiben),
  • Butt-Kicker (kämpft gerne),
  • Tactician (plant gerne),
  • Specialist (spielt gerne einen bestimmten Charaktertypen),
  • Method Actor (spielt seine Charaktere gerne aus),
  • Storyteller (möchte, dass eine gute Geschichte entsteht) und
  • Casual Gamer (Rollenspiel ist ihm eigentlich egal, Hauptsache, er ist mit den anderen Spielern zusammen. Sprich auch der Gelegenheitsspieler)

für überholt zu halten. Laws hat diese Typisierung 2002 aufgestellt – als Hilfestellung für den SL, damit dieser Spielerpräferenzen erkennt und bedienen kann. Als solche Hilfe ist die List noch immer sinnvoll. Aber sie ist nicht, was ich hier betrachten möchte, denn es geht ja nicht um die Aufgaben des SL.

Spielerrollen

Ich sehe die Spieler eher in ihrer (idealisierten) Funktion am Spieltisch – als bewegende Faktoren der Gruppendynamik, nicht wie Laws als „Menschen mit Spaßquelle, die man adressieren sollte“.

  • Antreiberin
    Die Antreiberin will das es weitergeht. Plot erleben. Dramatische Situationen erleben und auflösen. Sie treibt die anderen an, stellt ggf. das Wohl des eigenen Charakters hintenan, um die Probleme aufzulösen. Schreitet enthusiastisch voran. Dominiert sie, wird der Plot linear abgearbeitet – kein Schritt links oder rechts, immer nur vorwärts, Augen geradeaus, im Geschwindschritt, MARSCH!.
  • Quertreiberin
    Die Quertreiberin steht auf Konflikte. Sie möchte sie auskosten, nicht auflösen. Sie handelt nicht „lösungsorientiert“, sondern dramaorientiert. Sie ist ein toller Nährboden für weitere Verwicklungen und spielergetriebene Handlungsstränge. Dominiert sie, kommt Game of Thrones dabei raus. Tausend Plotanfänge, keiner aufgelöst, alle drehen sich um ihre Figur.
  • Bedenkenträger
    Der Bedenkenträger sieht die Schwierigkeiten. Er ist deshalb für das Drama wichtig – er zeigt auf, welche Dimension die Schwierigkeiten haben, um was es geht, was das Scheitern bedeutet. Er lässt die Helden strahlen, wenn sie sich gegen ihn durchsetzen, er sorgt dafür, dass die Reaktionen der Spielwelt auf das Spielerhandeln wichtig sind. Dominiert er, geht es nicht weiter.
  • Planer
    Der Planer mag es, die Situation im Griff zu haben. Im Vorfeld durchdacht zu haben, die richtige Ausrüstung mitgebracht zu haben, das Ass aus dem Ärmel zu ziehen. Er ist oft gut belesen im Setting und den Regeln, weil er unangenehme Überraschungen nicht schätzt – es sei denn, er überrascht die Gegner. Er sorgt für Spielweltplausibilität, Gruppenzusammenspiel, Spotlightverteilung. Dominiert er, wird die Planungsphase nicht verlassen.
  • Resonanzbodin
    Die Resonanzbodin (seufz, gendern ist nicht leicht, aber ich verteile das Geschlecht nach den Musterbeispielen in meiner Gruppe) ist die perfekte Tanzpartnerin. Sie führt nicht, reagiert aber perfekt auf jeden noch so kleinen Impuls. Sie greift die Ideen der anderen auf und „macht was draus“. Sie ist der perfekte Ausdruck von „ja, und …“ (Im Sinne von: Großartig, und wenn ich noch X dazu mache, wird es noch toller!). Sie steht hinter der Antreiberin und haut sie raus, wenn sie sich übernommen hat. Der Quertreiberin ist sie die Partnerin für die dramatischen Konflikte. Im Diskurs zwischen Antreiberin und Bedenkenträger kann sie das Zünglein an der Waage sein. Sie dominiert eher nicht – im Zweifel rutscht sie eher in eine andere Rolle.

Es ist wichtig, dass die Rollen (es mag noch mehr geben, dazu freue ich mich über die Diskussion) gut besetzt sind.

Es gibt immer jemanden, der die Antreiberin gibt – denn jemand muss die Impulse setzen, dem Abenteuer nachzugehen. Irgendjemand muss zum SL sagen: „Wir gehen jetzt los.“ Das muss aber nicht notwendig derjenige sein, der diese Rolle atmet – es kann auch jemand sein, der eigentlich lieber Bedenkenträger wäre. Dann ist die Rolle ungünstig besetzt, und alles geht langsamer voran – nicht hilfreich für einen gelungenen Rollenspielabend. Zu viele Antreiber sind aber auch ungünstig.

In meiner Dresden Files-Runde gibt es ein fast perfektes Dreieck zwischen der Antreiberin, der Quertreiberin und der Resonzbodin. Das die Quertreiberin diese Rolle so gut ausfüllen kann, liegt sicherlich an dem relativ hohen Maß an Erzählrecht über die Spielwelt, die Spieler bei dem mit Fate befeuerten Dresden Files genießen, aber es scheint mir auch auf andere, traditionellere, Systeme übertragbar. Die Runde lässt spürbar nach, wenn eine der drei Spielerinnen nicht anwesend ist. Die anderen Slots sind längst nicht so ausschlaggebend, können aber extrem bereichernd sein.

Spielertugenden

Damit eine Gruppe gut zusammenspielen kann, sind neben der sinnvollen Besetzung der Spielerrollen auch noch einige Tugenden notwendig.

Kooperation

Es ist extrem hilfreich, andere Spieler anzuspielen. „Ohne magischen Support gehe ich da nicht rein“ kann man als Blockade lesen – oder als Anspielen des Charakters, der magische Unterstützung bieten kann. Wenn man etwas statt alleine zusammen mit Gruppenmitgliedern machen kann, dann sollte man das auch tun. Rollenspiel ist Teamsport.

Fokus

Damit meine ich jetzt nicht nur ein generelles Interesse an den Dingen, die gerade am Spieltisch passieren (im Gegensatz dazu, mal zu gucken, was auf Tinder gerade geht), sondern etwas mehr: Wie kann ich mich einbringen, welche Entscheidungen öffnen sich gerade, was brauchen die anderen von mir? Beispiel: Steckt die Gruppe in der Planung fest, sollte ich nicht die Schwierigkeiten betonen, sondern eine Lösung suchen – und sei es nur, die mentale Blockade aufzulösen. Nicht jeder ist eine Antreiberin, aber man kann Verantwortung für die Geschichte übernehmen.

Input

Spieler gestalten die Spielwelt. Das ist kein Ding von Fate oder anderen Hippie-Spielen! Selbst hardcore DSA-Spieler kennen das: In Form der Frage an den Spielleiter. „Ist da ein Kronleuchter?“ ist lediglich eine (aus Sicht von Erzählspielen) sehr ungelenke Art, einen Spielweltfakt zu etablieren, ohne die klassische Rolle des SL in Frage zu stellen. Aber eigentlich erschafft hier der Spieler gerade einen Kronleuchter, da machen wir uns nichts vor. Im Idealfall wird die Spielwelt mit Spielerinput spannender, leuchtender, detailreicher und insgesamt toller.

Die anderen Spieler gut aussehen lassen

Praktisch jeder Beziehungsratgeber, jeder Ratgeber für Chefs, Lehrer, Coaches und überhaupt alle: Sie raten zum Loben. Nicht ohne Grund! Nimm dir das Loben mal für deine Spielrunde vor und lobe als Spieler einen anderen Spieler. Das kann gerne ingame passieren: „Sire, darf ich ihnen Sir Hundel vorstellen, dem Helden von Trollbrück, der alleine 20 Oger erschlagen hat?“ oder (vor allem, wenn du in der Szene nicht mitgespielt hast) outgame: „Als du eben die Dunkle Königin nicht umbringen konntest, weil dich ihr Töchterchen so traurig angesehen hat: Da hatte ich Tränen in den Augen“. Beides flasht, beides zeigt den Mitspielern, dass sie etwas machen, was dir gefallen hat. Dem SL gibt es übrigens auch etwas – denn er hat ja in der Regel die Gegenseite gespielt, und für ihn ist es eine riesige Belohnung, wenn das zu einem Moment wurde, der jemanden gut gefallen hat.

„Ein gut aussehen lassen“ steht übrigens einem intensiven Konflikt zwischen zwei Charakteren nicht im Wege. Ich kann (und muss sogar besonderes auch in einem Konflikt zwischen zwei oder mehreren Charakteren darauf achten, dass dieser allen Beteiligten Spaß macht. Das heißt nicht, ihn zu vermeiden. Oder zu verkürzen. Aber es heißt schon, dass man darauf achtet, dass die Spieler (nicht unbedingt die Charaktere) Spaß haben sollen.

Feedback

Damit meine ich nicht den Feedbackbogen zum Ankreuzen, oder ein intensives Gespräch unter moderierender Aufsicht eines Konfliktcoaches – das ist viel zu formell für mich. Feedback kann haptisch: Spieler, die angespannt und vorgebeugt auf die Würfel starren. Die Fanmail geben. Die nach einer Szene applaudieren. Die im Spiel einfach noch mal zusammenfassen, was gerade passiert ist. Die ihre Begeisterung zeigen – oder auch mal nicht. Die überhaupt Emotionen am Spieltisch zulassen.

Storymitverantwortung

Als letztes, weil besonders kontrovers: Als Spieler trägst du Verantwortung für die Story. Also solltest du überlegen, was dein Verhalten auslöst. Klar, du kannst allen noch mal vor Augen führen, wie albern es ist, als Stufe 1 Charaktere in den Dungeon zu gehen: Ihr könntet alle sterben! Vielleicht ist sogar ein Drache darin! Aber dann wirst du nie herausfinden, was im Dungeon auf dich wartet. Und warum spielt ihr gerade ein Spiel namens Dungeons & Dragons?

Klar kannst du einen einsamen Waldläufer aus Ganz-weit-weg-hausen spielen, der schweigsam ist und einsam durch den Wald streicht. Aber wem hilft das jetzt genau? Ein Spieler hier aus der Gegend, der Beziehungen zu relevanten NSCs aufgebaut hat, der gerne in der Gruppe arbeitet und der Assassinengilde noch echt viel Geld schuldet, der wird vermutlich mehr Spaß haben, weil er viel mehr Gelegenheit bietet, mit den anderen Spielern und der Spielwelt zu interagieren.

Fazit

Alle erwähnten Spielertugenden verlangen von dir eine etwas von dem eigenen Charakter gelöste Betrachtung. Der Extrem-Immersionsspieler mag das vielleicht nicht, aber – Rollenspiel ist Teamsport. Der Blick auf die Mitspieler ist nicht zuviel verlangt, finde ich: Denn selbst der völlig in der Immersion gefangene Spieler findet seine Würfel, sogar die realweltliche Chipstüte, noch. Dann kann er auch mal gucken, wie es den anderen Menschen am Spieltisch so gefällt, was er gerade treibt. Diese Perspektive darauf, wie eine Erzählung ankommt, welche Intention der SL mit einer Szene wohl verfolgt, wer gerade Spotlight haben sollte: Das sind die SL-Regionen des Spielerhirns. Es ist daher kein Wunder: Die besten Spieler sind selbst oft und gerne SL.

Spielersünden

Den Tugenden stehen die Sünden gegenüber. Oft natürlich spiegelbildlich und daher redundant. Aber ich möchte die Gelegenheit nutzen, noch mal ein paar besonders auffällige Sünden anzusprechen – auch weil sie anderswo als Tugend empfunden werden.

Ich-Fokus

„Mein Charakter ist aber so“ – für mich ist das ein Alarmzeichen. Dieser Satz fällt immer dann, wenn ein Charakter die Handlungen der anderen Spieler stört. Wer so denkt, ist kein Teamspieler! Charaktere fallen nicht vom Himmel, der Spieler hat ihn erstellt. Also bedeutet dieser Satz nur, dass der Spieler die Verantwortung für den Spielspaß der Mitspieler nicht annimmt – sonst hätte er seinen Charakter nicht so gemacht. Baue deinen Charakter NICHT so, dass du keine Motivation daran hast, Abenteuer zu erleben. Baue deinen Charakter NICHT so, dass er die Mitspieler nervt. Baue deinen Charakter NICHT so, dass er alles besser kann, als ein Charakter eines Mitspielers.

Gerade die Spieler, die Immersion als wichtigstes Gut im Rollenspiel nennen, haben oft den Ich-Fokus. Mehr Spaß hat eine Gruppe, wenn die Spieler auf den Spielspaß der anderen achten und diesen befördern.

Spotlight stehlen

Wenn die SL eine Herausforderung präsentiert, die am besten durch den schleichenden Dieb gelöst werden kann, dann sollte der Magier nicht hingehen und mit seinem Unsichtbarkeitszauber die Szene an sich reißen. Selbst wenn er es kann. Selbst wenn er es besser kann. Insbesondere, wenn sein „Charakter eben so ist!“ Ein brauchbarer SL achtet auf die Spotlightverteilung. Unterstütze ihn. Oder ersetze ihn, wenn er darin versagt. Aber reiß das Spotlight nicht gegen die anderen Spieler an dich.

Spotlight-Hogging

Wenn du im grellen Licht der Bühnenscheinwerfer stehst (also die Aufmerksamkeit des SL erfolgreich auf dich gezogen hast), dann mach hin. Jetzt stehst du auf der Bühne, also sei unterhaltsam. Es ist NICHT der richtige Zeitpunkt, zwei fast gleich gute Optionen langwierig gegeneinander abzuwägen. Tue was spannendes! Oder hole einen Mitspieler mit dir ins Spotlight, denn unterhaltsamer Dialog ist einfacher, als alleine das Spotlight zu rocken. Oder gib das Spotlight elegant wieder ab – spätestens, wenn du fertig bist. Echt jetzt, dass ist wichtig. Woher soll der SL wissen, dass du durch bist? Mach es klar und eindeutig.

Guck dir die Schnitttechnik moderner Filme an – das soll dir ein Beispiel sein, wie lange du das Spotlight hast. Der Abend ist besser für alle, wenn dein Spotlight oft aber kurz kommt, als selten, aber dafür lang. Überfordere dich nicht selbst mit langem Spotlight – es ist schwer über lange Zeit unterhaltsam zu sein. Ein guter Rocksong ist nicht ohne Grund 3:40 Minuten lang.

Auf die Bremse treten

„Ich gehe erst mal einkaufen.“ Wenn die Gruppe eine Handlung plant, dann ist es keine spaßfördernde Maßnahme, alles wieder zu bremsen. Gerade vorsichtige Spieler, Bedenkenträger und Taktiker sind an dieser Stelle gefährdet. Tritt aufs Gas, nicht auf die Bremse.

Exkurs: Konflikte

1. Konflikte zwischen den Charakteren

Oben, in den Spielertugenden, war viel von Rücksicht auf andere Spieler die Rolle. Was heißt das für die Konflikte zwischen den Charakteren?

In einem Teamspiel sollte man nicht versuchen, auf Kosten der anderen zu gewinnen. In dem Sinne „gute Konflikte“ sind solche, bei denen es sich nicht die Niederlage des einen bedeutet, dass der andere Erfolg hat. Beispiel für einen schwierigen Konflikt: Zwei Spieler wollen König von Aquilonien werden. Für beide wäre es eine Niederlage, dieses Ziel nicht zu erreichen.

Einfacher sind Konflikte, die man auch verlieren kann, oder die nie entschieden werden müssen: Die lebenslustige Tochter und der moralinsaure Onkel z.B., oder der CIA-Mann mit Cowboyhut und die französische Agentin mit einem Fabile für Austern: Sie können natürlich gerne über die Überlegenheit ihrer Nation, ihres Lebensstils oder Geschlechts zicken, solange sie dann, sobald die Bösewichte auf dem Bildschirm erscheinen, beide in die gleiche Richtung ballern.

Spielt man wirklich Game of Thrones im engeren Sinne, will man also wirklich im Konflikt das Maximum herausholen, dann halte ich Rollenspiel für die falsche Methode – das Brettspiel Diplomacy ist vielleicht geeigneter. Damit ein solcher Konflikt im Rollenspiel Spaß macht, darf das Spielziel nicht das Gewinnen per se sein. Wenn hingegen die Spieler auch bereit sind, Mitverantwortung für den Plot zu übernehmen und ggf. zurückstecken oder eine dramatische Niederlage anspielen wollen, dann kann das sehr spannend sein.

2. Konflikte zwischen den Spielern

Konflikte zwischen den Spielern will ich nur insoweit besprechen, wie sie Tischthemen betreffen. Also nicht: A schuldet mir noch Geld, sondern: Ich habe keine Lust mehr auf unsere Star Wars-Runde, lasst uns bitte wieder Vampire spielen. Oder: Heinz Charakter, der Kender Quendan, der immer seine Gruppenmitglieder bestiehlt, nervt mich.

Hier kann aber leider nur eine Sache helfen, und die ist nicht neu: Macht eure Präferenzen deutlich, lasst euch – wenn es geht – auf einen Kompromiss ein, oder – wenn nicht – sucht euch eine andere Runde. Nie nie nie solltet ihr diesen Konflikt ins Spiel tragen. Tötet Quendan nicht.

Schlusswort

Eine tolle Spielrunde hängt weniger vom SL ab, als man denkt. Die Spielerzusammensetzung macht es aus! Aktive, treibende Spieler, die zusammen spielen wollen – auf den Spielspaß der anderen achtend, sich gegenseitig die Bälle zuspielend, fokussiert und enthusiastisch, können ganz ohne SL oder mit minimalstem SL-Input eine fantastische Rollenspielrunde sein. Das soll die Rolle des SL nicht schmälern, er ist hier nur nicht Gegenstand der Betrachtung. Natürlich kann der SL bestimmte Defizite der Runde ausgleichen – aber selten besser als ein entsprechender Spieler.

Sei ein besserer Spieler!

Die Frage aller Fragen: Settingbände lesenswert gestalten?

Damals waren 248 Seiten Setting noch viel.

Es gab mal eine Zeit, in der habe ich mit größter Lust Werke wie „Das Land des Schwarzen Auges“ gelesen.

Das war gelogen.

Gut, damals habe ich ALLES gelesen. Papas SciFi-Romane. Omas Krimis. Sachbücher. Egal was. Und diese Box. Wenn ich ganz fair erinnere… diese Box war schon damals kein echter Genuss. Aber da wir damals DSA spielten (und ich zumeist geleitet habe), war das schon irgendwie interessant. Aber ich habe keine positive Erinnerung daran, wie ich mit träumerischen Blick über dem Text saß und mir Abenteuer ausdachte.

Würde ich mir das heute noch antun, einen solchen Settingband (auch noch am Stück von Vorne bis Hinten) zu lesen? Die Antwort ist: Nein. Sicher nicht.

Mich an ein neues Setting heranzuführen ist deshalb verflixt schwierig. Ich versuche zu analysieren, warum das so ist, und wie man mich „kriegt“. Weiterlesen

Rezension: Dungeons & Workouts

Ja, in den Dungeon zu gehen ist schon anstrengend. Schwert, Rüstung, 10ft.-Pole und Fackeln reinschleppen, das ganze Gekämpfe, Schatz wieder rausschleppen… zum Glück passiert das nur im Spiel, während man schon mal leckere Chips knuspert, weil der Pizzalieferdienst wieder trödelt.

Clap your hands, if you can…

Bis man dann irgendwann den T.Rex gibt und mit den Stummelärmchen nicht mehr an die Chipstüte kommt, weil der riesige Bauch im Weg ist. Und solange Seifenkisten-Gnillefitz mit seinem ultimativen Nerd-Rezeptbuch „Dann friss halt nicht so viel, du fette Qualle!“ noch nicht auf dem Markt ist, solange kann man ja eigentlich nichts machen, oder?

Doch: RETTUNG IST NAH!

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Hintergrundgeschichte als Spieler ins Spiel einbauen

Ich habe gegen langweiliges Charakterspiel gerantet und viel Zuspruch geerntet. Und noch mehr Widerspruch – in den Kommentaren, im Tanelorn und sehr ausführlich bei Pen & Podcast. Vielen Dank – so viel Feedback macht Spaß! Besonderen Gruß an die Crew des Pen & Podcast, die zu dem Beitrag eine sehr interessante Folge aufgenommen hat.

Heute will ich hier auf die Frage eingehen, wie man – als Spieler – seinen Hintergrund denn sinnvoll und spaßfördernd einbringt, ohne zu langweilen.

Bleiben wir bei dem Beispiel, dass der PC als Kind seine Eltern an eine Gewalttat verloren hat (NÄ NÄ NÄ BATMAN) und nun für sich Festlegung getroffen hat, dass er niemals Kindern Gewalt antun wird. Nach einigen Spielabenden will er nun die böse Königin töten, um so deren finstere Pläne zu vereiteln – sie scheint der Bossgegner zu sein. Als er den Dolche zückt, sieht ihn die niedliche Tochter der bösen Königin mit großen Kinderkulleraugen an und sagt: Mama? (Abb. ähnlich)

Bild von tobbo, CC0-Lizenz.

Er zögert. Drama. Die Musik schwillt an. Der Dolch zittert in seiner Hand. Nahaufnahme des Gesichts des Mädchens, eine erste Träne rinnt. Die Kamera schwenkt auf das Gesicht von PC1, der gerade… Ein lautes „HÄH?“ unterbricht, das Kratzen der Nadel über die Schallplatte ist zu hören, die Musik verstummt. Die Kamera fokussiert auf dem Gesicht der Spielerin von PC2, nennen wir sie Ela, die fragt: „WAS IST DENN NUN WIEDER? TÖTE SIE ENDLICH! ICH WILL LOOTEN!“ Weiterlesen

Crowdfundings

Hast du schon gebackt?
— Ein unbekannter Rollenspielverlagsgeschäftsführer

Ein Geständnis vorab: Seit 2011 habe ich 24 Projekte auf Kickstarter unterstützt und mindestens zwei auf Startnext, eines auf Indiegogo. Davon war nur eines auf deutsch, Kathys „Fate to Go“ – und da habe ich lediglich ein paar Euro in den Topf geworfen, ohne Gegenleistung, weil ich das Projekt toll fand, aber es nicht wirklich spielen wollte. Fast alle Crowdfundings betrafen Rollenspiele – drei Softwareprojekte sind die Ausnahme. Ich bin also schon ein echtes Opfer, was den über Crowdfundings erzeugten Hype bei Rollenspielen betrifft.

Jetzt will ich über zwei interessante Rollenspiel-Crowdfundings auf deutsch sprechen, die ich trotzdem nicht unterstütze :) Weiterlesen

Tales from the Loop – ich bin alt.

  1. für irgendjemand habe ich ein GRW mitbestellt. Aber für wen?

    Tales from the Loop GRW

  2. es ist sehr sehr ulkig, TftL mit jemanden zu spielen, der in den 80ern kein Teenager war.  Unsere Runde war ein (ich zitiere JollyOrc) „shameless trip down memory lane“ mit 80er Musik, 80er Mode (die Damen erinnerten sich noch sehr sehr genau) und Duran-Duran-Videos. Und Flaschendrehen natürlich.
  3. Kurzrezi: Tolles Setting. Mäßiges Einführungsabenteuer. Blödes System, aber die „Verletzungen“ sind toll abgehandelt, auch das „Heilen“ durch Gespräche im Geheimversteck und mit der erwachsenen Vertrauensperson sind eine grandiose Idee. Aber die Fertigkeitenaufteilung ist… ungeschickt, das System zu langsam für das geringe Maß an Auflösung. Die Templates (Rollen) gefallen allerdings.
  4. Was für ein geiles Artwork.
  5. Eigentlich hätte ich mir auch das Artbook und eine „Best Of the 80’s“-CD kaufen können und Turbo-Fate aus dem Regal nehmen. Dazu eine Flasche eiskalten Jägermeister, um die richtige Dame in sentimentale Stimmung zu bringen (schönen Gruß an Tanja) und du hast alles, was du zum Spielen brauchst.

„Charakterspiel“ ist Zeitverschwendung

„Ermuntere und fördere Charakterspiel“ schreibt „Thorsten spielt Rollenspiel“ in seiner Übersetzung eines interessanten Artikels, nämlich „These 2 Things Are All You Need To Do To Be A Great GM“ von Hayley Gordon. Das ist ein spannender Ansatz, in dem ich viel von „meinen“ Techniken wiederfinde.

Aber was ist dieses Charakterspiel eigentlich und warum wollen wir das?

In meinen schlimmsten Alpträumen sitzen die PCs in einer Taverne zusammen und erzählen sich gegenseitig ihre Hintergrundgeschichte. *brr* Mit schlechtem Akzent und Fake-Mittelalter-Sprech (bei Praios, meiner Treu!)

Das ist lahm. Das will ich nicht hören. Das interessiert mich nicht. Und es ist nicht mal Rollenspiel: Denn Rollenspiel ist die Handlungsgestaltung durch Interaktion mit den anderen Spielern, nicht der Monolog über einen Handlungsabschnitt, an dem die anderen Spieler nicht teilgenommen haben.

Es ist übrigens auch objektiv langweilig. Deshalb kommt es in Filmen auch nicht vor. Weiterlesen