Irgendwie hat rsp-blogs.de zu betreiben auch Nachteile. Ich fühle mich ein bisschen verantwortlich für das, was in den deutschen Rollenspielblogs geschrieben wird. Das ist natürlich Quatsch – ich kann ja niemanden vorschreiben, was er schreibt. Und eigentlich will ich das auch nicht.
Aber was zu Splittermond in Blogs und Foren abging, war mir dann doch peinlich. Mein Gott! Da kündigen Leute an, ein Fantasyrollenspiel (nämlich Splittermond) veröffentlichen wollen, und der Shitstorm bricht über sie herein, als hätten sie auf Gary Gygax Grab gepinkelt. Ohne jede Kenntnis, was Splittermond eigentlich werden soll, wie es funktionieren wird, warum es gemacht wird – erstmal loskotzen, wird schon Scheiße sein.
Da wird der letzte Dreck aus den USA gehyped, ohne dass man wüsste, was drinsteht. Und Splittermond kriegt nicht mal eine Chance, sich überhaupt zu präsentieren. Und das von Rollenspielern, die sich ja vorwiegend aus „nicht-mainstream“-Subkulturen rekrutieren und oft genug als introvertierte, schüchterne Leute gelten: Aber natürlich von einem Rollenspielautor verlangen, dass er das Gegenteil ist. Er soll seinen Enthusiasmus zeigen, das Produkt verkaufen, überzeugend (aber nicht ZU professionell) wirken, echt, authentisch, bloß nicht kommerziell. Als ob das einer von den Kritikern selber könnte.
Die Leute hinter Splittermond sind doch welche von uns, Leute die selber Rollenspiel machen, die gleichen Sorgen, Probleme und Freunden haben wie wir. Und eigentlich nur vorhaben, uns ein Spiel zu verkaufen, damit wir von dem Spaßanteil in unserem Leben ein bisschen mehr haben. Und hey, dass kann ihnen durchaus gelingen. Was ich bisher gesehen habe, wirkt nämlich ziemlich vielversprechend! Und da sind coole Ideen drin, von Leuten die schon lange über Fantasy und Rollenspiel nachdenken. Nur öffentlich vorzeigen, das können sie noch nicht – soweit ist es viele Monate vor dem geplanten Veröffentlichungsdatum nicht aufgeschrieben. Und seien wir mal ehrlich: In diese Atmosphäre würde ich auch nichts unfertiges entlassen, wohl wissend, dass da draußen die Leute nur drauf warten, es zu zerlegen, zu zerreißen und für schlecht zu befinden.
Vom Publikum würde ich ja erwarten, dass es mit seiner Meinung wartet, bis es genug zu sehen gibt, um sich überhaupt eine Meinung zu bilden. Aber nein, die PR-Abteilung war nicht großartig genug, denen geben wir keine Chance. Ist doch egal, was hinterher im Laden steht – solange können wir nicht warten! Und das schlimmste ist, dass diese erste Reaktion unglaublich meinungsbildend ist. Mich hatte es auch schon angesteckt – hätte ich nicht am Wochenende Splittermond gleich probieren können, wer weiß ob ich mich davon hätte losreißen können.
Ich bin froh, dass Uli das Ruder zumindest im Tanelorn hat rumreißen können, indem er einen begeisternden Rant geschrieben hat. Das wird die ewigen Quarkbüddel nicht besänftigen, und auch nicht jene, die es Menschen zum Vorwurf machen, mal für DSA geschrieben zu haben. Aber offenbar doch eine Mehrheit. Immerhin. Und auch in den Blogs wird es besonnener, jetzt wo Boba und Ingo gegen die schlechte Stimmung und den Pöbelton anschreiben. Immerhin.
[Hinweis: Ich kenne viele der Macher von Splittermond persönlich und bin mit einigen befreundet. Ich habe Splittermond in einer sehr frühen Inkarnation des Regelwerks testgespielt.]