Kann man FATE für alles empfehlen?

Splittermond_kleinIm Splittermond-Thema des Tanelorn wurde (natürlich) auch die Frage diskutiert, ob Splittermond ein neues, eigenes Regelwerk benötigt.

Konkret will ich hier auf den Vorschlag der bezaubernden Callisto eingehen, FATE zu verwenden, den sie auf ihrem Blog genauer ausführt. Ich habe ihr schon im Tanelorn widersprochen, und das, obwohl ich doch ein FATE-Fanboy bin.  Wie kommt es?

Vorausgeschickt: FATE ist natürlich das tollste denkbare Rollenspielsystem ;)

Trotzdem hätte ich den Splittermond-Machern nicht dazu geraten, FATE zu verwenden. Und zwar aus mehreren Gründen.

  • Die Splittermond-Zielgruppe will eine gewisse Ähnlichkeit zum Bekannten (DSA, Shadowrun, Gurps, was die Mehrheit sonst so spielt) – ähnlich, aber ein bisschen einfacher als die aktuellen Mainstreamsysteme wäre mein Rat.
  • Komplexheit: FATE hat aus Verkäufersicht einen großen Nachteil: Es ist vollständig. Und wenn man sich die Verkaufszahlen im Rollenspielmarkt anguckt, dann weiß man, dass sich Regeln von allen Dingen am besten verkaufen. Regeln wollen auch Spieler haben, den Rest darf der SL kaufen. FATE unterstützt keine Regeln, die in zahlreichen Splatbooks aufgebohrt werden können.
  • Fiddeligkeit/Barbiespiel: FATE ist für Barbiespieler unbefriedigend. 20 Skills und 5 Aspekte, damit kann man nicht viel Puppenspiel betreiben. Ausrüstung spielt auch zumeist keine Rolle – das reduziert einen zum Spiel am Tisch.
  • Erzählspiel ist nicht mehrheitstauglich. Callisto und ich wollen – gemeinsam mit den anderen am Tisch – eine Geschichte erzählen. Das ist nicht alles, was man vom Rollenspiel haben will. Ich muss nur meine Freundin angucken (oder rüber zu Xemides), um zu hören, dass FATE nicht simulieren kann. Und das stimmt – das will es ja auch gar nicht.
  • FATE-Spieler kaufen keine Regionalbände. FATE setzt eine Welt voraus, in der wenig festgelegt ist. Weil die Spieler Faken schaffen dürfen. Und wenn alles definiert ist, haben die Spieler dazu keinen Raum mehr.

Die Entscheidung, FATE zu nutzen, erreicht also nur die paar Hansis, die ohnehin schon FATE spielen. Und die sind besonders wenig kauffreudig, weil sie zu den extremen Do-it-yourself Rollenspielern gehören. Ein Mainstream-Fantasyrollenspiel muss aber „leben“, also ständig mit weiteren Büchern fortgesetzt werden. Zudem will die Mehrheit der Spieler ein eher simulatives Spiel. Und selbst die Powergamer sind von FATE frustriert – mehr als ein +2 kann man nicht kriegen, egal was man tut. Auch Powergamer fühlen sich nur in komplexen Regeln wohl, die man untersuchen und ausnutzen kann.

Was ich übrigens nicht unterschreiben würde ist die Behauptung, FATE sei nicht einsteigerfreundlich. Mit Leuten, die noch nie Rollenspiel gespielt haben, geht FATE so richtig ab – die wissen ja noch nicht, was bei klassischen Systemen alles nicht geht. Aber es ist nicht umsteigerfreundlich. Und ein Mainstreamsystem muss auch Leute zum kauf und spiel reizen, die schon Rollenspiele im Schrank haben.

Deshalb ist die Entscheidung der Splittermondler schon richtig, sich ein eigenes System zu gönnen.

Aber das Callisto mit der Verfateung von Felis, ihrem Katzenrollenspiel, eine richtige Entscheidung getroffen hat, steht damit nicht in Zweifel. Sie will ja nicht verkaufen, sondern Spaß haben. Und dabei gelten ganz andere Regeln…

Ceterum censeo, dass Callisto endlich mal Felis fertig schreiben sollte.