Was für eine Funktion hat die Geschichte für das Rollenspiel?

Dieser Gedanke schiebt sich immer wieder mal prominent in meine Gedanken, wenn es um das Thema Rollenspiel geht und deshalb versuche ich meine Gedanken mal etwas in Form zu bringen.
MSch hat es einmal für eine meiner Runden sehr schön auf den Punkt gebracht:

„Der Erzählonkel-Teil ist in unserer momentanen Runde dazu da den Entscheidungen und Proben, Kämpfen und dem Rumgewürfele ein Kontext und vor allem Relevanz zu geben.“

Ich liebe dieses Zitat, denn es bringt eigentlich meine komplette Weltanschauung zur Geltung.

Warum?

Ich bin ja bekanntermaßen nicht nur ein echtes Großmaul, sondern auch ein echter Egoist, also sehe ich beim Leiten von Rollenspielen zu, dass ich meinen Spaß habe. Diesen Spaß ziehe ich beim Leiten aus 5 Faktoren:

  1. Spaß am Spiel meiner SLC
  2. Spaß am Würfeln meiner SLC
  3. Spaß am Entwerfen von Strategien
  4. Spaß zu sehen wie meine Spieler auf die verschiedenen Situationen reagieren
  5. Spaß dabei zu sehen, wie aus einer Ausgangssituation und ein paar SLC eine Geschichte wird.

Natürlich spielt auch das soziale Umfeld eine große Rolle. Zumindest eine viel größere als ich mir lange Zeit selber eingestehen wollte. Aber das möchte ich an dieser Stelle einmal bewusst ausklammern.
Bei den Sachen die mir Spaß machen benötigt es natürlich ein Mittel um diese Vorlieben im Spiel umsetzen zu können und dieses Mittel ist die Geschichte.

Geschichte? Ab er Jörg sagt doch sonst immer das jemand der Geschichten erzählen will ein Buch schreiben soll!!

Richtig! Denn die Geschichte die ich meine ist eine Interaktive und keine die von mir erzählt wird. Sie wird von mir im Groben vorgegeben und entwickelt sich dann entsprechende der Entscheidungen oder Planungen der Spieler und dem Glück oder Pech beim Umsetzen der Pläne und Entscheidungen.
Ich schaffe also die Voraussetzungen, dass meine Spieler ihre Charaktere spielen können und man viel Würfeln kann. Das Drama in der Geschichte füge ich ein, weil ich Drama mag und es mir die Möglichkeit zum intensiveren Spiel gibt. Außerdem ist Drama ein guter Motivator für Kämpfe, denn es geht auf einmal nicht nur um Sieg oder Niederlage, es kommen noch persönliche Motivationen dazu.
Das Drama und die Grundhandlung sorgen also dafür, dass die Würfe die im Spiel gemacht werden eine Relevanz haben und in einem Kontext stehen. Die Spieler und ihre Charaktere agieren nicht in einem luftleeren Raum und machen etwas, weil es das Konzept des Charakters so will oder es gut für die Gruppe ist. Sie haben eine persönliche Motivation bestimmte Sachen zu Regeln oder besser gesagt sie sind verflucht motiviert ihre Anliegen zu klären. Das kommt vielleicht in meinen Diarys nie so rüber, weil da halt nur erzählt wird, was passiert ist und nicht wie viel gewürfelt wurde.
Aber halte es da ein wenig mit Oscar Wilde, der mal sagte: Wo keine Übertreibung ist, da ist auch keine Liebe und wo keine Liebe ist, da ist auch kein Vertrauen.

Gutes Rollenspiel braucht Übertreibungen, weil es Liebe und Vertrauen braucht. Ich habe genügend Beispiele von Runden die hervorragende Diarys abgegeben haben und bei denen ich am Anfang des Tages nie wusste was am Ende für eine Geschichte entstanden ist. Die Geschichte wurde aber immer interaktiv gebaut und basierte in der Regel zu einem Drittel auf meiner Grundsituation, zu einem Drittel aus den Entscheidungen der Spieler und zum letzten Drittel aus den Entscheidungen durch Würfel-Würfe.

Das nächste mal, wwurde einfach auf die Geschichte vom letzten Mal aufgebaut und schon waren alle Spieler im Boot.

Fazit:
Ich weiß nicht ob ich so wirklich klar machen konnte wie ich denke,  aber vielleicht helfen mir Eure Gedanken und Kommentare ja mal, mein Bild zu schärfen. Auf jeden Fall denke ich das die Geschichte aus der letzten Runde immer ein guter Motivator ist in der neuen Runde zu agieren und dadurch wieder Geschichte zu schreiben.

Die Geschichte und er Erzählonkel Teil sind also als Motivator fürs Weiterspielen zu verstehen und nicht als Selbstzweck.

8 Gedanken zu „Was für eine Funktion hat die Geschichte für das Rollenspiel?

  1. „Geschichte? Ab er Jörg sagt doch sonst immer das jemand der Geschichten erzählen will ein Buch schreiben soll!!

    Richtig! Denn die Geschichte die ich meine ist eine Interaktive und keine die von mir erzählt wird.“

    Genau so und nicht anders. Geschichten werden geschrieben und nicht erzählt. Geschichte sorgt für eine emotionale Bindung des des _Spielers_ an das Spiel und an seinen Charakter und bringt ihm damit eine ganz neue Motivationsebene über das taktische usw. hinaus. Muss nicht jeder haben, aber viele brauchen es, u.a. auch ich.

    • Es geht ja nicht darum, das ich sage, jeder muss Geschichte haben. Wenn jemand reines Dungeoncrawling haben möchte, dann soll er das gerne machen.

      Eine gute Geschichte macht mit das RollenSpiel halt einfach einfacher.

  2. Ich stimme zu, die Geschichte hat eine enorme Bedeutung fürs RPG.
    Imho ist die Geschichte weit wichtiger für das Rollenspiel als die Würfelei – auch ohne irgendwelche regeltechnischen Fertigkeiten einzusetzen ist das Ausspielen der Rolle immer noch möglich. Die Würfel dienen im Rahmen der Regeln nur dazu, das Ergebnis verschiedener Aktionen der Charaktere neutral zu ermitteln und festzulegen, machen sozusagen den Fortgang der Geschichte dynamisch. Daher sind meiner Meinung nach Erfolgsproben definitiv im RPG nötig, um den Ausgang der Charakteraktionen festzulegen und um zu verhindern, das deren Einfluß auf die Geschichte geregelt wird.
    Mal ganz ehrlich: ohne die Geschichte so einzubinden, wie Jörg es tut, wäre das Ergebnis dann nicht quasi Tabletop?

    • Ich möchte dir nicht unbedingt widersprechen, jedoch mein Meinung präzisieren.

      Die Geschichte ist für die Rolle unverzichtbar, jedoch nicht für das Spiel. Ich sehe Rollenspiel IMMER als die Verbindung von Rolle und Spiel. Klar kann man sagen, dass das Spiel ohne die Geschichte auf die Tabletop Ebene rutscht, auch wenn man dabei das mögliche Weglassen von Figuren und Maps nicht berücksichtigt.

      Daher sind meiner Meinung nach Erfolgsproben definitiv im RPG nötig, um den Ausgang der Charakteraktionen festzulegen und um zu verhindern, das deren Einfluß auf die Geschichte geregelt wird.

      Den Absatz verstehe ich nicht wirklich, kannst Du das bitte noch mal präzisieren?

  3. Im ersten Moment hab ich gedacht, es ginge um Geschichte im Sinne von Historie. Irgendwie bin ich fast schon ein wenig enttäuscht.

    • Nun ja eine Gute Geschichte hat auch immer eine Historie die sie und das Verhalten der SLC begründet.

      Onkel Plausi mag eine Historie vor der Geschichte.

  4. Sorry, hätte den Satz zuende korrigieren sollen. Was ich sagen wollte: Die Proben sind imho dazu da, möglichst neutral zu bestimmen, welchen Einfluss Aktionen der Charaktere auf die Geschichte haben – z.B. ob der Kundschafter den gemeingefährlichen SLC die Treppe runterbefördern kann oder nicht. Das als SL ohne Regeln, nur erzahlerisch abzuwickeln birgt halt die Gefahr, das das ganze dann nur noch Geschichte im Sinne der Märchenonkel wird.

    Davon ab stimme ich dir zu, das das Spiel auch ohne Geschichte funktioniert. Der Begriff Tabletop mag vielleicht hart gewählt sein, aber wie du sagtest, mit ROLLENspiel hat das nicht mehr viel zu tun. Und wenn diese Geschichte nur beinhaltet, das ein Anzugträger namens Schmidt ein paar anonyme Manteltragende Schwerkriminelle anheuert, in eine Firma einzudringen.

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