Nazis, Indiana Jones und die White Wolf-Affäre

Ausgehend von der „White Wolf“-Affäre möchte ich ein paar eher unsortierte Gedanken äußern. Der Shitstorm ist schon abgeflaut, hoffe ich, so dass ich mich dazu äußern kann, ohne in ein Lager einsortiert zu werden.

„White Wolf“-Affäre?

Vampire: The Masquerade, v5, White Wolf Entertainment, 2018

Um was geht es?

White Wolf Entertainment ist der Verlag hinter Vampire v5. Zu dieser Neuauflage des alten Vampire: The Masquerade gab es bisher zwei elektronische Ergänzungsbände, die aufgrund der Kritik an ihren Inhalten gerade nicht mehr erhältlich sind. Konkret geht es um diesen Textabschnitt.

Um den Text einschätzen zu können, muss man von dem realweltlichen Umgang mit Homosexuellen in Tschetschenien wissen. Dort ist die Vornahme homosexueller Handlungen eine Straftat, darüber hinaus werden Homosexuelle in spezielle Gefängnisse eingesperrt. Es ist zu Folter und Todesfällen gekommen (Quelle: Wikipedia).

In dem Buch wird die Spielwelt-Realität so beschrieben: Um von der grausamen Herrschaft der Vampire in Tschetschenien abzulenken, werden die Medien durch die Verfolgung von Homosexuellen manipuliert: Sie berichten über die (auch in der Spielweltrealität stattfindende) Verfolgung der Homosexuellen und suchen die Ursache in der Scharia. Damit sind sie abgelenkt und bemerken die Herrschaft der Vampire nicht.

Diese Umdeutung der Verfolgung stieß auf Kritik, die White Wolf dann angenommen hat. Man streicht u.a. alle Hinweise auf Tschetschenien in den Büchern. Der Grund:

The result was a chapter that dealt with a real-world, ongoing tragedy in a crude and disrespectful way.

Ohne Zweifel reden wir hier von einer aktuell in der echten Welt stattfindenden Tragödie, über die ich nur durch diese Diskussion überhaupt aufmerksam wurde.

Weitere Details zu dem Thema findet man auf wodnews.blog, insbesondere Umstrukturierungen bei White Wolf und Anarch und Camarilla Band zurückgezogen und späterer Veröffentlichungstermin.

Ist es – weil es sich um eine real-life-Tragödie handelt, die Nutzung im Rollenspiel unzulässig?

Es ist sicherlich sehr viel respektvoller, dieses Thema nicht für den Hintergrund eines Spieles zu verwenden. Aber auch richtig? Das gilt es näher zu betrachten – denn Tragödien sind sehr oft der Hintergrund von Unterhaltungsprodukten. Flugzeugabstürze, Weltkriege, der Fall von Troja, Serienmorde, selbst das Leben im KZ ist von Hollywood schon zu Spielfilmen gemacht worden. Mir persönlich ist deutlich in Erinnerung geblieben, dass meine damalige Lebensgefährtin mitten im Film aus „Titanic“ rausgerannt ist. Ihr folgend fand ich sie in Tränen aufgelöst vor. Sie ist eine Estin, und für ihre Generation war der Untergang der Estonia die nationale Tragödie. Der Untergang der Titanic als Kulisse für eine Romanze war daher für sie unerträglich. Da der Film außerordentlich erfolgreich war, hat das wohl die Mehrheit der Zuschauer anders gesehen.

Es kommt also zumindest auch erheblich auf den Empfänger an, ob ein angemessener Umgang mit einer Tragödie gewählt wurde.

Umgang mit Tragödien

Ein Käfig voller Helden / Stacheldraht und Fersengeld / Hogan’s Heroes

Nicht respektvoll mit Tragödien umzugehen ist natürlich kein Problem, dass exklusiv White Wolf vorbehalten ist. Ich bin ziemlich sicher, dass das Leben in von Nazis betriebenen Kriegsgefangenenlagern kein Spaß war – anders als die Serie Hogan’s Heroes von 1965 (in Deutschland als „Stacheldraht und Fersengeld“, später dann noch klamaukiger als „Ein Käfig voller Helden“) es erscheinen lässt. Ist es „crude and disrespectful“ gegenüber den tatsächlichen Kriegsgefangenen? Ohne Zweifel. Erschienen 1965, zwanzig Jahre nach Kriegsende. Wer 1942 als 25-Jähriger in ein Kriegsgefangenenlager kam (und überlebte), der war 1965 dann erst 48. Zu früh für eine Klamaukserie? (Ja, mir ist bekannt, welche Freiheiten sich die deutsche Synchronisation nahm. Aber insoweit: Erst Recht!)

„Adolf: Äch bin wieder da!“ von Walter Moers, Eichborn 2007

Umgekehrt habe ich Walter Moers immer sehr für seine „Adolf“-Comics geschätzt. 2007 war es unglaublich befreiend, sich über Hitler erstmals lustig zu machen. Bis dahin war ein geradezu ehrfurchtsvoller Umgangston üblich: Nicht weil man ihn schätzte, sondern weil er so unglaublich böse war, dass man der Zustimmung zu seinen Taten verdächtigt wurde, wenn man anders als in gedämpften Tonfall über ihn sprach. Etwas, was Hitler durch diese Überhöhung für seine Anhänger vermutlich sogar attraktiver machte – selbst über Gott werden Witze gemacht, nur über Adolf nicht! 2007, 62 Jahre nach Kriegsende macht Moers dann eine Witzfigur aus Hitler. Crude and disrespectful? Aber hallo! Ist es angemessen, über einen millionenfachen Mörder Witze zu machen? Über jemanden, dessen Verbrechen so umfangreich sind, das sie kaum auflistbar sind? Zu einem Zeitpunkt, als noch Menschen leben, die ihre Angehörige an die Nazimordmaschine verloren haben?

Schindlers Liste, (c) Universal Pictures Germany GmbH, 2004

Alle genannten Beispiele sind Beispiele für einen zweifelhaften, zumindest angreifbaren Umgang mit einer Tragödie. Im Gegenbeispiel seien die Kunstwerke erwähnt, die – trotz kommerzieller Absicht – einen angemessenen Umgang mit der Tragödie fanden, z.B. der Film „Schindlers Liste“.

Wie sieht es umgekehrt aus, mit den unzähligen, mehr oder minder gelungenen Propagandafilmen, in denen es heilige Pflicht des Helden ist, jeden Deutschen umzubringen, auf den er trifft? Ist das jetzt besser, oder sind auch Deutsche (selbst wenn sie Uniform tragen) Menschen, deren Leben einen Wert haben kann?

Indiana Jones ist immer der erste Film an den ich denken muss, wenn es um Nazis als Gegner geht: Nur ein toter Deutscher ist ein guter Deutscher….

Ein filmisches Meisterwerk und Propagandafilm in einem. Hollywood kann das.

Kein Film, sondern ein Computerspiel: In Castle Wolfenstein ist jeder Nazi sofort umzubringen.

Ist „crude and disrespectful“ eine Frage, wer hier das „Opfer“ ist? Darf es auf die Frage ankommen, zu welcher Gruppe ein Mensch gehört, oder muss jeder Mensch zwingend individuell betrachtet werden? Ich glaube an letzteres – ich muss aber auch keine Unterhaltungsprodukte verkaufen.

Es bleibt also festzustellen, dass ein Unterhaltungsprodukt durchaus in der Lage sein kann, mit realweltlichen Tragödien respektvoll und angemessen umzugehen. Es bleibt aber eher die Ausnahme. Zudem eignen sich Formate wie Komödien und auch Horrorgeschichten vielleicht besonders wenig für einen angemessenen Umgang.

Realweltliche Tragödien im Rollenspiel

Ob diese Gedanken auf Rollenspiele übertragbar sind, müsste man gesondert diskutieren: Anders als ein Film entsteht ja ein Rollenspiel erst am Tisch. Das gedruckte Buch ist ja nur die Anleitung, nicht mal das Drehbuch, geschweige denn das rezipierte Produkt.

Das erleichtert es zum einen: Verantwortlich sind ja die Spielerinnen und Spieler sowie SL, nicht der Autor. Andererseits kann und muss natürlich das Material passend aufbereitet sein.

Springen wir mal um. Warum will man überhaupt Vampire im Spiel haben?

Die Funktion von Monstern im Horror

Vampire, Werwölfe, Gestaltwandler, Geister und Shoggothen … Horrorgeschichten sind von Monstern bevölkert. (Dungeons auch, ja, aber V:TM ist wohl dem Horrorgenre zuzuordnen. Die v5 insbesondere!) Klar, Horror geht auch ohne Monster, aber sie scheinen eine wichtige Funktion für uns zu erfüllen. Oft dienen sie als Metapher für etwas Beängstigendes, was wir in uns oder anderen Menschen sehen. Die Wandlung des Werwolfs zwischen sanften Mensch und wilder, animalischer Mordbestie etwa ist eine Metapher für den Zustand des wilden Zorns, in dem man (selbst, oder ein (vielleicht geliebter Dritter) nur noch „Rot sieht“ und seine Gewaltbereitschaft nicht im Griff hat. Vampire stehen für die Angst vor dem nicht begreifbaren Tod, Gestaltwandler für das Gefühl, sein Gegenüber gar nicht wirklich zu kennen oder vielleicht auch für die Angst, den eigenen Sinnen nicht trauen zu können.

Ich kann also, indem ich ein Monster zum Gegenstand meiner Erzählung mache, ein ganz konkretes beängstigenden Gefühl herauspicken und zum Gegenstand der Erzählung machen. Es steht für diese konkrete, übersteigerte Angst, macht diese greifbar, erlebbar, und vielleicht sogar besiegbar: Ich mag den Tod nicht besiegen können, aber einen Vampir kann ich töten.

Monster als Metapher für reales Geschehen

Was in einer fiktiven Geschichte gut funktionieren kann, muss nicht notwendig auf die Realität übertragbar sein. Setze ich nämlich übernatürliche Monster in realweltliches Geschehen ein, wird es problematisch. Bleiben wir bei den Nazis: Wie konnte ein Volk so zu einer Bande von Mördern ohne Skrupel werden? Ist es nicht eine beängstigende Vorstellung, wie dünn der Lack der Zivilisation ist? Gedankenkontrollierende Monster können das erklären… Tötet man sie, ist das Problem gelöst. Ist das ein angemessener Umgang?

Warum sind wir – obwohl wir genau wissen, was wir gerade tun – nicht in der Lage, gegen den Klimawandel vorzugehen? Monster! Warum ist der Politiker korrupt? Monster!

Erkennbar keine gute Idee, unsere nicht bewältigten Probleme übernatürlichen Wesenheiten in die Schuhe zu schieben. Hier bietet es sich eher an, den Mensch und seine eingebauten Schwächen zu betrachten. Zu sehen, wie ein Mensch funktioniert, wie er manipulierbar ist, Gier und Eitelkeit gegen Vernunft, Güte und Moral zu stellen. Das Monster sind wir schon selbst; nur wer das erkennt, kann etwas dagegen tun.

Monster im realen Geschehen

„Achtung! Cthulhu“, Modiphius Entertainment Ltd, 2013

Ein Mittelding sind fiktive Monster im realen Geschehen. Beispiel: Nazi-Werwölfe im 2. Weltkrieg. Wenn zwar die Realität weiterhin von Menschenhand gestaltet wurde, aber vor diesen Hintergrund eine Monsterjagd gestellt wird – dann haben wir ja nicht das Problem, dass hier unsere menschengemachten Tragödien auf übernatürliche Wesen abgeschoben werden, oder?

Achtung! Cthulhu z.B. nutzt den 2. Weltkrieg als Kulisse. Eine Gruppe von Helden der Alliierten führt einen geheimen Krieg gegen Nazis mit okkulten Kräften. Diese wollen mit uralten Geheimnissen und im Verbund mit außerweltlichen Fraktionen schreckliche Monster auf die Welt loslassen, was unbedingt verhindert werden muss.

Ist das ein angemessener Umgang mit dem Horror der Genozide, die den 2. Weltkrieg geprägt haben? Relativiert es? Monetarisiert es die Nazi-Ikonographie? Oder ist die implizite „Tötungserlaubnis“ sogar eine Kopie der Nazi-Vorstellung, Leben als „Unwert“ zu definieren zu können, in Rollenspielform?

Oder ist es ein großer Spaß – und mit dem Archetypen des deutschen U-Boot-Kommandanten sogar sehr progressiv, weil auch ein deutscher Soldat ein Held sein darf, der für das Gute kämpft?

Fragen über Fragen, kaum Antworten.

Einfach ist das alles nicht. Offensichtlich spielt es eine Rolle, wie lange die Tragödie her ist: Dauert sie noch an, ist das Thema besonders sensibel. Besonders problematisch erscheint mir, dass wir „Orks“ im Rollenspiel gewöhnt sind: Böse Wesen, die man ohne Skrupel töten kann, ja muss. Diese spaßbeendenden Skrupel habe ich aber stets, wenn es um historische Figuren geht, also um Menschen.

Natürlich gibt es auch in meinen Rollenspielabenden nicht nur grau-in-grau. Es gibt auch mal Monster, die ohne Skrupel umgehauen werden dürfen – das gehört nun mal dazu. Ich achte nur darauf, dass es sich eben nicht um Menschen handelt.

Ein kleiner Exkurs: In meiner Runde gibt es zwei Sukkubi, deren Clan die Ausübung des ältesten Gewerbes der Stadt kontrolliert. Ich wollte an einer Stelle mal deutlich machen, dass hinter der glitzernden Fassade der Reeperbahn auch viel Dunkelheit liegt. Deshalb ließ ich eine Szene in einer Containersiedlung stattfinden, die von den Lebensverhältnissen von Wanderbauarbeitern in Deutschland inspiriert war. Das war einer (dritten) Spielerin schon viel zu viel… dabei sah man nur, wie eine Frau in ärmlichen Lebensverhältnissen die Tageseinnahmen an einen untergebenen Sukkubus weitergab. Im Ergebnis hat uns das ganze einen Rollenspielabend versaut, weil die Szene für die Spielerin, die selbst keinen Sukkubus spielte, die Realität viel zu hart an den Spieltisch geholt hat.

Warum habe ich das überhaupt gemacht? Einerseits war die Szene ein Versuch, die dunkle Seite der Prostitution (Abhängigkeit, Zuhälter, etc.) halbwegs angemessen zu würdigen und den beiden Spielerinnen der Sukkubi ein moralisches Dilemma anzubieten. Anderseits war meine Szene von Anfang an nicht geeignet, ein realistisches Bild dieses komplexen Sachverhalts zu bieten – es wäre (wäre ich wie geplant tiefer eingestiegen) sicherlich immer noch „crude and disrespectful“ gewesen; auch wenn ich anders intendierte. Aber ist es besser, diesen Teil der Realität ganz auszublenden?

Für mich komme ich zu dem Ergebnis, dass es ein sehr feines Gespürs bedarf, was man wie in sein Spiel einbindet. Etwas, was extrem schwierig ist! Fantasy ist als Genre für das Rollenspiel daher viel einfacher. Der Abstand zum hier und heute, die klare Grenze zwischen Gut und Böse – da kann man nicht viel falsch machen.

Andererseits geht ein zeitgenössisches Setting (wie Vampire oder in meinem Fall Urban Fantasy) natürlich viel mehr unter die Haut. Und für mich macht es das Rollenspiel viel, viel spannender und emotionaler.

Hier gibt es also wohl kein „richtig“ oder „falsch“. Hier gibt es nur ein „gut gemacht“ – oder eben auch nicht. Aber selbst ein „gut gemacht“ wird immer anecken – wie das Beispiel mit dem Titanic-Film zeigt. Ein Risiko, dass man m.E. in Kauf nehmen muss, wenn man nicht den langweiligen Einheitsbrei der Fantasy liefern will.

Rundenbericht: Dresden Files auf Malle 2

Fortsetzung des Berichts vom letzten Abend.

Im Treppenhaus finde ich einen Feuerlöscher. Mit dessen Hilfe kann ich dafür sorgen, dass einige Eingeschlossene ins Treppenhaus entkommen können. Dann finde ich die Quelle des Feuers – mein Polizistenblick sagt mir sofort, dass hier jemand ohne Übung und Können ein Feuer gelegt hat. Ich verteile die letzten Reste des Feuerlöscherinhalts auf die Brände und laufe dann auch hinaus – die Gefahr scheint gebannt.

Unten finde ich Kaja nicht. Die Familie, in deren Obhut ich sie gegeben habe, ist noch da – aber ein „dunkelhäutiger Freund“ habe sie abgeholt. Das sei doch sicherlich in Ordnung gewesen? Zu dem Zeitpunkt wusste ich ja noch nicht, was Ago plant und war nicht sehr beunruhigt. Heute gehe ich davon aus, dass er das Feuer gelegt hat, um mich von Kaja zu trennen…

Sie hat ihr Handy dabei und ich kann sie deshalb leicht orten. Sie ist schon wieder auf dem Weg in den Strandklub des Mafiosi! Offenbar in einem Boot. Um so besser, mit dem Taxi kann ich sie einholen. Der Wachmann am Clubeingang ist kein Problem für mich, tatsächlich wirkt er eher resigniert, als ich ihm schon wieder meine Pistole unter die Nase halte. Ich nehme sein neues Schießeisen an mich – ich habe das Gefühl, dass ich das Ding noch brauchen werde.

Tatsächlich komme ich etwa gleichzeitig mit Kaja und Ago am Club an. Ago fragt gerade lautstark nach Vasily – dem Typen, der mit meiner Tochter rumgemacht hat. Ich verstehe nicht, wer hier die Regie führt und denke zunächst, dass meine Tocher ihn instrumentalisiert um zu ihrem Liebesten zu kommen. Die Security kommt um Stunk zu machen und mein Handy klingelt. Irgendwann werfe ich das Handy Ago zu, weil ich nicht gleichzeitig die Security in Schach halten kann und telefonieren. Offenbar ist es Henri, die Hilfe braucht. Gerade habe ich wirklich andere Sorgen. Ich bringe den Securityfritzen mit einfacher körperlicher Gewalt zu Boden und nehme ihm seine Kalaschnikow ab. Kaja nutzt die Ablenkung, um zu verschwinden – offenbar lässt sie sich von Angestellten zu deren Chef bringen – dieser Vasily bringt mich auf die Palme. Ich greife mir ein Taxi und versuche Kajas Handy zu orten… aber mein eigenes Handy hat ja noch Ago! Ich renne zurück, und er weigert sich, es herauszugeben. Warum will er nur diesem Mafiosi dabei helfen, meine Tochter zu missbrauchen? Ich bin jetzt so wütend (und besorgt um meine Tochter!), dass ich ihm Schusswaffengebrauch androhe. Das beeindruckt ihn nicht, und mir läuft die Zeit davon! Also schieße ich, greife das Handy und sehe, dass Kajas Handy noch im Haus ist.

Ich zwinge mich zur Ruhe und denke erstmal nach. Okay, vermutlich ist sie nicht mehr hier, ich habe einen hastig beschleunigenden Sportwagen wegfahren hören. Aber wenn doch? Ziellos irgendwo hinzufahren kann nicht der beste Weg sein.

Ich suche ihr Handy und finde es auf der Bar. Offenbar hat sie begriffen, wie ich sie finde. Mist. Auf meinem Handy sind zahlreiche verpasste Anrufe von Henri und eine Kurznachricht von ihr mit einem Geocode. Ich rufe sie zurück und erfahre, dass sie mit Vasily in dessen Finca ist. Der Geocode zeige mir, wo diese Finca sei. Vasily sei ein gefährlicher Mann (ja, ICH weiß!) und Kaja sei auf dem Weg zu ihm. Ich renne zurück zum Taxi, aber das hat Ago mir weggeschnappt. Egal, vor einem Nachtclub sind Taxis keine Mangelware. Ich lasse mich zur Finca fahren.

[Derweil – was Klaus nicht weiß:

Blix und Jean sind noch auf der Müllkippe. Sie dringen in den Tunnel ein und folgen dem Hilferuf. Sie treffen auf einen Ghoul, der sich als harte Nuß erweist. Jean (der heute von dem anderen Elternteil gespielt wird) kann offenbar eine Art Engelgestalt annehmen und fliegen. Aber auch dieser Engel hat kaum eine Chance gegen Ghoule. Blix lenkt den Ghoul aber ab und die beiden fliehen mit dem Mädchen. Das Mädchen ist in eine katatonische Starre verfallen. Sie bringen das Mädchen zum Arzt, lassen sich selbst die Wunden verbinden und fahren dann zu dem Geocode, den Henri verschickt hat.

Henri unterhält sich derweil mit dem sehr urbanen und umgänglichen Vitaly, der kein Problem damit hat, sie zusehen zu lassen, wie er einen von zwei gefangenen Spaniern kaltblütig erschießt, um den anderen zum Sprechen zu bringen. Sie ist entsetzt. Dennoch hat sie das Gefühl, dass er Kaja wirklich liebt. Von ihrem Plan, die beiden zusammenzubringen, lässt sie nicht ab.

Kaja trifft ein und Henri drängt Vitaly nicht lange zu zögern, da sie fürchtet, Klaus könne rechtzeitig eintreffen, um das Schlimmste zu verhindern. Die beiden verschwinden nach oben ins Schlafzimmer.]

Ich treffe fast gleichzeitig mit Blix, Jean und Ago an der Finca ein. Die Wachposten an der Finca sind tot, offenbar ist schon vor uns jemand eingedrungen. Ich mache mir größte Sorgen um meine Tochter und renne los. Vier spektakulär gutaussehende Gestalten scheinen die Wachen umgebracht zu haben und wenden sich jetzt uns zu. Sie greifen sofort an, übermenschlich schnell. So schnell wie meine Ex, deshalb tippe ich auf Vampire. Allerdings fehlt das Element der sexuellen Erregung, obwohl die Gestalten extrem gut aussehen. Naja, vielleicht bin ich einfach nur zu abgestumpft.

Ago gelingt es mit seiner ekligen Art, einen der Vampire in seine wahre Gestalt zu zwingen – ein widerliches, dickbäuchiges Fledermauswesen. Blix erkennt daran, dass es sich um „rote“ Vampire handelt – offenbar eine andere Sorte Vampir. Egal, mir läuft die Zeit davon. Ich ballere den Rest des Magazins aus der Kalashnikow in eine der Gestalten, die sich wenig beeindruckt zeigt. Also renne ich einfach an ihr vorbei, um zu meiner Tochter zu gelangen. Ago ruft, er würde sie im Keller sehen können. Dem glaube ich aber nichts mehr… ich renne lieber nach oben, denn das ist wo ich die Schlafzimmer vermute. Nennt mich ruhig spießig, aber die kriminalistische Erfahrung lehrt, dass der Sex im Schlafzimmer stattfindet – fast immer. Im Flur steht Henri vor einer Tür, hinter der sich ziemlich wilder und harter Sex abspielt, was man deutlich hören kann.

[Derweil: Henri wurde im Keller von gleich zwei Vampiren gestellt. Mechanisch hatte die Spielerin sich in den Sitzungen der letzten Zeit von Mab reichlich Fatepunkte geliehen, um ordentlich mit Wintermagie um sich werfen zu können – eine Möglichkeit, die jenen offen steht, die „sponsored Magic“ nutzen. Jetzt versagt Mab weitere „Schulden“ – im Gegenteil, sie fordert Rückzahlung.

In ihrer Not macht Henri einen Deal: Sie erhält die Macht, die beiden Vampire zu besiegen, dafür erzeugt sie eine Stimmung der wilden, gewalttätigen und ungezügelten Lust im Haus. Henri ist klar, dass dies Kajas Chance, Mensch zu werden, gegen Null senkt, stimmt aber zu. Sie tötet die beiden Vampire mit Eislanzen, erfährt von dem überlebenden Gefangenen Vitalys, dass der gefangene Spanier abhängig von dem Speichel eines der roten Vampire sei und rennt zum Schlafzimmer, um dort ihr Versprechen einzulösen. Die Geräusche hinter der Tür verraten ihr, dass aus dem zärtlichen Kuschelsex etwas ganz anderes geworden ist: Die Geräusche klingen wild, zornig und brutal. Sie hat ihr Versprechen erfüllt.]

Ich renne los, um die Tür einzutreten und die beiden auseinanderzutreiben. Als ich auf sie zulaufe, sehe ich, dass Henri die Tränen über das Gesicht laufen. Sie flüstert: „Klaus, es tut mir so leid!“, als sie eine Mauer aus Eis vor sich entstehen lässt. Ich pralle an der Eiswand ab! Unten werden meine Freunde (und Ago) von den Vampiren abgeschlachtet, drinnen meine minderjährige Tochter von einem 35-jährigen Mafiosi grob vergewaltigt – und sie hilft dabei! Ich habe sie immer für meine Freundin gehalten. Was für ein Wesen tut so etwas?

Ich kriege diese verdammte Eismauer nicht kaputt, aber offenbar ist Henri ziemlich fertig – nach kurzer Zeit zerfällt die Mauer von alleine und ich komme an ihr vorbei. Meine Tochter! Sie sitzt auf Vitaly und reitet ihn. Ich bin zu spät!

Ihre Augen sind ganz silbrig – es sind die Augen ihrer Mutter, die ebenfalls diese weißsilbernen Augen hat, während sie die grausamsten Dinge tut und sagt – und beim Sex.

„Wenn mein Dämon die Kontrolle übernimmt“, so nannte sie das, als wir noch zusammen waren. Sie spricht über den Dämon wie andere Frauen über ihre schlechte Laune während der Periode reden… Ob Kaja den Dämon geerbt hat?

Keine Zeit, nachzudenken. Ich reiße sie von Vitaly, dem perversen Schwein, runter. Sie ist ganz kalt, eiskalt, ihre Silberaugen gleichzeitig fremd und vertraut. Meine geheime Angst, dass sie wie ihre Mutter werden könnte, schnürt mir den Hals zu. Ich wickele sie in eine Decke. Dazu muss ich Vitaly beiseite schieben, um an die Decke zu kommen. Er ist tot.

Unten sind weitere Schläger der Russen eingetroffen, die die Vampire beschäftigen. Ago redet ununterbrochen auf mich ein: Es sei alles meine Schuld, dass Kaja ein Monster sei. Nur weil ich meine Tochter in den Armen halte (und sie keinesfalls loswerden lasse) überlebt er die Nacht.

Rundenbericht: Dresden Files auf Malle

Mein Charakter in der wöchentlichen Dresden Files Runde ist ein Hamburger Polizist. Geschieden, 15-jährige Tochter. Um die soll es gehen.

Kaja ist aus meiner ersten Ehe. Meine Ex ist ein weißer Vampir – was ich natürlich damals nicht wusste. Ich wusste nur: Der Sex ist grandios. Heute weiß ich, dass weiße Vampire die Fähigkeit haben, in Menschen Gefühle der Lust hervorzurufen – und sich dann von der Lebenskraft der Menschen nähren. Sie sind die Götter des Sex – nein, das stimmt nicht. Sie sind die Dämonen des Sex. Verboten guter Sex! Sex, der abhängig macht, gefügig, und irgendwann tödlich endet. Ein Wunder, das ich das überlebt habe.

Das Sorgerecht an unserer Tochter ist geteilt. Sie verbringt jedes zweite Wochenende bei ihr – sehr zu meinem Ärger. Als ich sie das letzte Mal abgeholt habe, bekam sie gerade von ihrer Mutter gezeigt, wie man beim Poledance möglichst attraktiv seine Kleidung ablegt. Ich bin fast geplatzt vor Wut. Andererseits zahlt meine Ex pünktlich  Alimente, und auch eine ordentliche Summe. Sie ist natürlich sehr wohlhabend, weil ihr Clan die Finger tief in der Prostitution rund um die Reeperbahn hat.

Ihr Geschenk zu Kajas 16. Geburtstag war ein Urlaub: zwei Wochen Malle. Ich habe mich quer gestellt und wollte die beiden nicht alleine reisen lassen. Weil meine Ex nur an Sex denkt und das in meinen Augen nicht das Erziehungsziel sein kann. Letztlich ist dann meine Ex zu Hause geblieben – sie nahm zu Recht an, dass die Anwesenheit beider Elternteile zu viel Streit führen würde, was ja für die Kleine das Geburtstagsgeschenk durchaus schmälern würde.

Jetzt liege ich hier am Pool des durchaus ansehnlichen Hotelkomplexes direkt am Ballermann-Strand, habe schon den ersten Cocktail intus und kann – weil das Töchterchen noch schläft – der Damenwelt die Aufmerksamkeit schenken, die sie verlangt.

Ich häng ab, der Tag ist Sahne
Ich check die Straßenlage
Frauen schaukeln elegant vorbei
Genieß die Arschparade
– Peter Fox, Zucker

Es bleibt nicht lange so schön. Dabei ist alles perfekt geplant. Heute Abend gehe ich mit Kaja essen, wir feiern so in ihren Geburtstag rein. Dann ist sie 16. Alt genug, um ohne Aufsicht in den Megapark zu können. Sage ich mir. Ein bisschen Sorgen mache ich mir schon, denn hier am Ballermann wird gebaggert wie in der Kiesgrube! Alter, selbst ich könnte hier jeden Abend eine andere haben… eigentlich kein Wunder, die Location hat ja meine Ex gewählt. Und die würde sich hier wohlfühlen. Ich muss zu Hause mal nachsehen… vermutlich gehört ihr die Hälfte des Ladens!

Leicht angeschickert sehe ich ein paar der lokalen Kollegen mit der Empfangsdame sprechen. Das finde ich natürlich deutlich spannender als die Brünette mit der vom Sonnenstudio gegerbten Haut, die mir ständig zuzwinkert, seit sie an meinem T-Shirt (Polizeisportclub Altona) erkannt hat, dass ich Bulle bin. Und ich habe gedacht, ich brauche meine Handschellen im Urlaub nicht …

Egal, die spanischen Kollegen reden natürlich Spanisch miteinander. Ich krieg nicht so viel mit, weil ich erst spät an diese komische App denke, mit der man gesprochene Texte übersetzt bekommt. Braucht man hier nicht, hier kann ja jeder Deutsch… Irgendwas mit verschwundenen Mädchen erzählen die. Alter, das brauch ich nicht! Ich kann doch heute Abend nicht Kaja unbeaufsichtigt lassen (und mein Gott, dass will sie, das ist ihr Geschenk und ist so mit ihrer Mutter vereinbart), wenn hier Mädchen verschwinden. Ich muss mir das ansehen!

Und als ob es eine Fügung wäre… nur weil ich einen Fall untersuche, rufen auch exakt die Leute an, von denen ich Urlaub brauche: Henri, Ago und Blix. Sind hier auf Malle, weil sie einem Klabautermann einen Segeltörn schulden. Ach so, na klar, ich frag nicht weiter. Und dann wuselt hier auch noch ein Hamburger Hells Angel namens Jean rum, der mir manchmal Infos aus der Szene gibt. Sie gehören alle zu meinen Bakerstreet Irregulars, und nennen sich „Team Klaus“, um so an den uniformierten Kollegen vorbeizukommen. Was unerfreulich oft klappt.

Ago dazuhaben ist jetzt aber nützlich, der kann sich nämlich in einen extrem widerlichen Schwarm von kleinen Spinnen verwandeln – und bringt uns so in das Zimmer der verschwundenen Mädels, das gegen so kleine Eindringlinge nicht abgesichert ist. Erste Erkenntnis: Die sind zwar schon über 20, aber schmeißen auch alle Klamotten auf den Boden. Wie Kaja. Zweite Erkenntnis: Blix knackt deren Ipad so schnell, dass man misstrauisch werden muss. Wovon lebt Blix eigentlich genau? Andererseits – sie hat nur das Geburtsdatum im Pass nachgesehen und als Pin probiert – voila. Und schon gibt es eine Million Selfies mit Duckface zu sehen… Dritte Erkenntnis: Blix kann die Handys im Ipad über so einen „Finde deine Freunde“-Dienst orten, eines ist nicht weit von hier. Das wollen wir uns mal ansehen. Die Empfangsdame gibt uns ein Bierbike (die Dinger sind entweder in meinem Bändchen inklusive (unglaubwürdig) oder meine Ex steckt dahinter …)! Wir radeln fröhlich und gehoben unauffällig mal gucken, wo das Handy ist. [Am Tisch wird den Spielern Bier kredenzt, aber leider auch ein Medley von Ballermannschlagern.]

Wir sind aber nicht die einzigen, die nach dem Handy suchen. Kaum taste ich in der Kanalisation nach dem vibrierenden Handy, kriegt Ago von einem Typen so hart eine gescheuert, dass er zu einem Haufen verängstigter Spinnen zerfällt. Jean, der Hells Angel, ist aber nicht so zerbrechlich und zieht dem Typen ein Stahlrohr über, dass er sich aus dem Müllcontainer gegriffen hat. Der Typ verwandelt sich darauf hin in eine Mischung aus Mensch und Hyäne, Blix identifiziert ihn (oder sie?) als Ghoul. Der blöde Ghoul scheint schneller zu heilen, als wir ihm Schaden zufügen können. Aber Jeans Schläge und ein aus nächster Nähe in ihn reingeballertes Magazin aus meiner Pistole halten das Ding auf dem Boden – und dann ruft natürlich Kaja an. War ja klar. Sie quengelt rum, weil sie in ihrem Kleiderberg das rote Kleid für heute abend nicht wiederfindet. Ich versuche sie abzuwimmeln, aber das ist nicht so einfach… immer, wenn ich mal einen auf streng mache, schmiert mir das die Anwältin meiner Ex beim Jugendamt aufs Brot. Und die Sache mit dem Poledance kann ich umgekehrt leider nicht beweisen, weil meine Tochter ihre Mutter deckt.

Blix (die immer noch ihr Bierglas in der Hand hat) hat das Glas mit Weihwasser aus einer der unzähligen Kapellen hier befüllt. Als sie versucht, das Weihwasser auf den Ghoul zu spritzen, trifft sie leider überhaupt nicht. Aber Henri [eine niedere Flußgöttin mit Unseelie Magic] macht wieder einen auf cold bitch (Ago nennt das „böse Fischfrau“) und lässt das Wasser magisch gefrieren und rammt dann die Eistropfen – beschleunigt wie von Geisterhand – in den Ghoul. Der sieht jetzt so aus, als hätte ihn eine Schrotkanone getroffen. Das Weihwasser war wohl eine gute Idee, das heilt er nicht einfach wieder weg. Ago, der jetzt wieder Oberwasser hat, säbelt ihm den Kopf ab… und packt den Kopf dann gleich ein. Vermutlich für den Fall, dass jemand Spinnen mag und er trotzdem widerlich sein will.

Schon wieder Kaja am Telefon. Sie will mit Freunden weg. Ich merke schnell, dass sie lügt. Oder mir was verbirgt. 20 Jahre Polizeiarbeit – da helfen nicht mal die Gene ihrer Mutter gegen. Außerdem redet im Hintergrund jemand auf russisch. Ich nehme ihr das Versprechen ab, sich gut zu benehmen und pünktlich zum Essen zurück zu sein. Ich weiß ja, wie lange sie sich dafür zurechtmachen wollen wird – das gibt ihr kaum Zeit, Unsinn zu machen. Ihr Instagram verrät uns schnell, mit wem sie unterwegs ist. Die Typen sehen aus, als wären sie eher 30 als 25. Das also hat sie „vergessen zu erwähnen“. Langsam werde ich sauer. Blix kann die Leute auf dem Bild zuordnen. Es wird noch schlimmer! Der Typ, den meine Tochter auf dem Selfie so anhimmelt ist der Sohn eines Capos der Russenmafia und Inhaber eines exklusiven Strand- und Nachtclubs ganz in der Nähe. Dank Apple kann Blix Kajas Handy orten… genau in diesem Club ist sie. Mir schwillt die Zornesader!

Die Anderen wollen zwar lieber zum zweiten Handy, das wohl auf einer Müllkippe gelandet ist. Das kommt für mich nicht in Frage, und zähneknirschend kommen sie mit. To the Batmobile Bierbike! Ago zeigt dem Türsteher des Russenclubs den Kopf des Ghouls, und als das nicht reicht, kriecht er als Spinnenschwarm in Nase und Ohren des armen Typen [Mechanisch: Incite Emotion (Ekel)]. Ich nehme die Pistole des Türstehers und gebe sie Jean. Der ist zwar Hells Angel (keine Freunde der Ordnungsbehörden), war aber früher mit einer Freundin von mir bei der Fremdenlegion und kann vermutlich besser damit umgehen als ich es könnte. Und ich habe etwas Sorge vor den Russen – die sind nicht zimperlich.

Die Gruppe von dem Instagramfoto lümmelt knutschend auf einem edel ausgestatteten Ponton im Meer herum. Ich greife mir einen Jetski und fahre los. Dank einer Woche Urlaub hier kann ich mit den Dingern umgehen [Fatepunkt], während die anderen erst mal rumfummeln, bis die Dinger losfahren. Nur Henri, ohnehin Rettungstaucherin, schwimmt lieber, und Blix nimmt das Tretboot in Form eines Schwans. Das es im Tretboot eine Flasche Champagner auf Eis gibt, lässt sie noch später ankommen, denn Blix sagt zu praktisch gar nichts „Nein“. Gut so, im Kampf kann man sie ohnehin nicht brauchen. [Den Spielern wird Sekt kredenzt.]

Der Russe knutscht so intensiv mit meiner Tochter rum, dass ich hingehen kann, mir sein Ohr greifen und ihn hochziehen, ohne das er sich wehren kann. Kaja fängt sofort an zu keifen und zu heulen als sie mich sieht. Aber ich bin so sauer, dass ist mir egal. Ich stelle den Typ zur Rede. Als ich frage, was ihm den einfalle, mit einer Fünfzehnjährigen rumzuknutschen, sehe ich echte Überraschung in seinen Augen. Wenn Kaja nicht sofort widersprochen hätte, sie sei doch schon fast 16, hätte er mir wohl nicht geglaubt. Die kleine Lügnerin hat ihm wohl verkauft, sie wäre 18. Der Russe sieht so bedröppelt aus, ich hab schon fast Mitleid. Und Kaja faselt was von Verlobung! Ich lasse sein Ohr los und will gerade Kaja mit bester Polizistenstimme nach Strich und Faden zurechtweisen, als die offenbar recht lahme Security endlich kommt – mit Jetskis und Kalaschnikovs… Da wird mir doch recht mulmig, aber der Russe entschärft die Situation. Wir werden nur vor die Tür begleitet. Lasse ich geschehen, so billig habe ich nicht gedacht davonzukommen.

Kaja packe ich ins Bett. Die hat sich so leergeheult, dass sie zittert und vor Müdigkeit kaum noch aufs Handy gucken kann (bei ihr ein Alarmzeichen). Ich habe Hunger, aber das Geburtstagsessen fällt wohl aus. Ich will Kaja nicht alleine lassen und mache den Fernseher an.

Dann fängt das Hotel an zu brennen. Als der Feueralarm losgeht, wickle ich Kaja in eine Decke und trage sie runter. Unten stehen andere Leute rum, unter anderem eine Familie, die auch eine Tochter in dem Alter hat. Ich bitte sie, auf Kaja aufzupassen und renne wieder rein, denn im zweiten Stock rief jemand um Hilfe [Fatepunkt].

Ende der Sitzung

Was Klaus nicht weiß

  • Als Tochter einer Weißen Vampirin wird Kaja auch eine weiße Vampirin werden. Es gibt nur eine Chance, dass zu verhindern: Dazu muss sie ihre Jungfräulichkeit an jemanden verlieren, mit dem sie wahre Liebe verbindet. Andernfalls wird sie ihren ersten Sexualpartner töten und damit ihre Vampirmächte (und den damit verbundenen Hunger) wecken.
  • Der Russe und Kaja sind so verliebt, dass könnte wahre Liebe sein.
  • Ago und Henri wissen Beides, haben es aber zu spät gemerkt. Klaus weiß es nicht.
  • Das Feuer hat Ago gelegt. Er hat Kaja unten aus den Händen der anderen Familie abgeholt und bringt sie wieder zum Russen.
  • Dort ist Henri bereits. Sie hat – unabgesprochen – dem Russen erklärt, was mit Kaja los ist. Er ist trotzdem bereit – um die Gefährlichkeit wissend – Kaja von diesem Fluch zu befreien. Henri rationalisiert ihr Verhalten damit, dass Kaja gleich ja 16 sei… (sie hat außerdem eine Konsequenz namens „Kaltes Herz“ nehmen müssen)
  • Jean und Blix sind zur Müllhalde gefahren. Sie betreten gerade einen Tunnel, in dem das Handy des zweiten verschwundenen Mädchens wohl liegt… Tunnel in einer Müllhalde? Wenn sie da keine Ghoule finden, dann würde mich das wirklich wundern.

Appendix

  • Mein Charakterblatt: Klaus, ein ganz normaler Polizist
  • Henri ist eine niedere Flussgöttin der Bille, Nixen-Wechselbalg, beliehen mit Unseelie-Magic
  • Blix ist eine Verschwörungsbloggerin, die Visionen hat, wenn sie Dinge berührt
  • Jean ist eine Hälfte eines Jerkyl/Hide Charakters. Der Charakter wird von einem Elternpaar gespielt, die nur abwechselnd teilnehmen können. Ein Ex-Fremdenlegionär, der in einer Höhle bei einem dunklen Ritual gestört hat. Das erste Mal dabei – die andere Seite kenne wir noch nicht.
  • Ago ist ein Sohn Anasis (ein afrikanischer Spinnengott). Er ist entweder in seiner natürlichen Form eines Spinnenschwarms – oder sieht aus wie jemand aus Ghana. Er ist auf anstrengende Weise sehr nett.

Hier geht es zum zweiten Teil.

#RPGaDAY 2018 und #MeinWegimRPG

Während die Blogs gerade #RPGaDAY machen (und zwischen einmal, wöchtenlich und täglich einen Beitrag zu einer Frage schreiben, ist bei Facebook gerade #MeinWegimRPG angesagt. Im Forum gibt es derweil eine Gegenaktion, die den eher auf die Metaebene zielenden Fragen des RPGaDAY nutzbaren Inhalt entgegensetzen will: Wieder wider RPG-a-Day (2018). Hier geht es um Aushänge, Kleinanzeigen, etc., mit denen Spieler im Spiel konfrontiert werden können.

RPGaDAY 2018: Die Fragen

So ganz konnte ich mich dem nicht entziehen, und nehme das mal als Anlass, ebenfalls ein paar Cover von Rollenspielen zu posten, die für mich wichtig waren (allerdings kommentiert, nicht wie bei Facebook ohne Kontext), ein paar der RPGaDAY-Fragen aufzugreifen und eine Kleinanzeige beizusteuern.

MeinWegimRPG

DSA ist der Anfang.

Begonnen hat alles DSA, natürlich! Damals, beim Judo, brachte jemand seine DSA-Boxen mit. Schon angefixt, aber ohne Mitspieler, ohne genaue Idee, was daraus werden würde, wie man das spielt. Heute, jahrzehnte später, ist Judo längst vergessen, aber er ist noch immer mein bester Freund und ich sein Trauzeuge. Was übrigens Frage 29 des RPGaDAY beantwortet, ob sich aus dem Rollenspiel Freundschaften ergeben hätten.

Das beste Rollenspiel der Welt, Stand 1992.

Dann kam irgendwann der Zeitpunkt, als uns unsere kleine Stadt zu klein wurde – und wir nach Frankfurt fuhren, um dort andere Rollenspieler zu finden – auf dem ersten besuchten Con, damals auf dem FRON 8, im Jahre ’92. Dort gab es Cyberpunk 2.0.2.0., vorgestellt von Maximum Mike persönlich. Alter waren wir geflasht. DSA war so gestorben für uns. Aus der Nummer mit Cyberpunk bin ich nicht mehr rausgekommen, bis mein Studium vorbei war.

Natürlich habe ich dann viel anderes Zeug gespielt, aber so richtig beeinflusst hat mich dann lange nichts mehr. Um ganz ehrlich zu sein: Die Indieentwicklung in der Forge habe ich weitgehend verschlafen. Aber dann ging es plötzlich ganz schnell:

Diaspora, basierend auf Fate 3

Diaspora ist ein Spiel, dass ich unglaublich fand. Wirklich gespielt habe ich es eher nicht so oft, aber gelesen! Es basiert auf Fate 3, dass ich mit diesem Spiel kennenlernte. Und Fate war SO ANDERS! Es war unglaublich schwierig, sich Fate selbst beizubringen, weil es so grundsätzlich anders ist, aber ich fand niemand, der das schon gespielt hätte. Seit 2010 leite ich Fate, und gefühlt vertiefe ich noch immer mein Verständnis. Nach Diaspora habe ich noch viele andere Fatespiele gekauft, die zumeist längst vergessen sind – aber mir natürlich im Verständnis geholfen haben.

Evil Hats Dresden Files RPG

Wichtig wurde dann wieder das Dresden Files RPG, wieder auf einem weiterentwickelten Fate 3 basierend, aber schon Teile von Core vorwegnehmend. Um das RPG zu verstehen, habe ich mir den ersten Teil der Romanreihe gekauft (und war sofort Fan, die ist fantastisch!). Kein anderes Spiel habe ich seitdem so oft gespielt oder geleitet; das ist geradezu zu einem Fluch geworden, weil meine Spieler mich gar nichts anderes mehr ausprobieren lassen (Frage 17: Das beste Kompliment). Ich gehe in dem Zusammenhang mal auf die 3. RPGaDAY-Frage ein: Was gibt einem Spiel „staying power“, hält es also dauerhaft interessant? In diesem Fall identifiziere ich drei Aspekte:

  • Die Verlagerung der Konflikte (auch mechanisch) auf eine persönliche Ebene. Es geht also nicht mehr (nur) um das Ausräumen eines Dungeons oder das Erschlagen eines Monsters! Das passiert auch, aber  wichtiger ist der Blick nach innen – was macht das mit mir, was ändert sich an meinen Beziehungen zu den anderen PCs, zu den NSCs? Was muss ich opfern, um Erfolg zu haben? Drama, Baby!
  • Fate emuliert die Erzählstruktur der Romane fantastisch. Der namensgebende Held „Harry Dresden“ ist zwar extrem kompetent, muss aber anfangs immer ordentlich einstecken (Fatepunkte sammeln), während er versucht, die Situation richtig zu erfassen. Dann, wenn der Ermittlungsteil durch ist, teilt er ordentlich aus (befeuert durch all die Fatepunkte). Fate gibt den Spielern und SLs das Werkzeug an die Hand, die Beats des Abends dramaturgisch richtig zu setzen. Da die Spieler über den Einsatz von Fatepunkten entscheiden, können sie sich ihre Dramaturgie sogar selber etwas an die eigenen Vorlieben anpassen.
  • Eine Romanreihe, die selbst so großartig ist, dass alle auch auf der Ebene im Thema bleiben. Man will in dieser Welt spielen (und endlich den nächsten Band lesen)!
Fiasco

Fiasco hat mich auch noch einmal geprägt – auf zwei sehr unterschiedliche Arten. Zum einen hat es mir klar gemacht, mit wem ich eigentlich spielen möchte, zum Anderen hat es meine Art zu Spielleiten massiv verändert.

Mit wem möchte ich spielen? Fiasco ist spielleiterlos. Es verlagert daher die Aufgaben der SL auf die Spieler, die beides gleichzeitig tun müssen. Ich spiele lieber mit Menschen, die das können. Warum? Weil es die umsichtigeren Spieler sind, die an ihre Mitspieler (als Menschen am Tisch) denken. Weil sie an alle Charaktere, nicht nur den eigenen, denken und für Spaß sorgen (das ist bei Fiasco mechanisch eingebaut). Weil sie an die Story denken, und diese weiterentwickeln, nicht gegen die Wand fahren. Weil sie im Kopf flink und kreativ sind.

Wie hat es meine Art zu leiten verändert? Mein Kumpel Jörg.D hat mir den ersten Schritt in diese Richtung vorgemacht, Fiasco hat es dann perfektioniert: Der späte Einstieg in eine Szene. Ohne Vorgeplänkel, da starten wo es interessant wird. Und früh wieder raus – unmittelbar nach dem wichtigen Teil, nicht erst, wenn keiner mehr etwas findet, was er noch sagen möchte.

Kommt man aus einem „antagonistischen“ Verhältnis des SL zu den Spielern („Ihr habt nicht gesagt, dass ihr nach Fallen sucht, also bemerkt ihr die Falle erst, als es zu spät ist“), sind die Spieler ständig darauf aus, Fehler zu vermeiden. Das zwingt zu einem sehr frühen Einstieg in die Szene: Die Szene „Raum im Dungeon“ beginnt eigentlich schon in der Taverne, beim Konktakt zum Auftraggeber, oder wenn die Spieler entscheiden, ob und was sie einkaufen werden – streiche ich als SL diese Möglichkeit, nehme ich ihnen etwas weg. Leite ich „kooperativ“, kann ich sehr spät in eine Szene einsteigen, sofort in „medias res“ gehen. Denn wenn die Spieler auf etwas Bezug nehmen, was sie vorher gerne gemacht hätten (aber langweilig ist, wie z.B. einkaufen) kann man das offscreen oder (falls spannend oder wichtig, wie genau) im Flashback abhandeln.

Fiasco zwingt einen, sich bei jeder Szene Gedanken darüber zu machen, was man eigentlich in der Szene erzählen möchte, was davon wichtig ist, welche Figuren dazugehören, und das erlaubt (und trainiert) späte Einstiege. Das es überhaupt nicht auf Ausrüstung, etc. oder auch nur das Gewinnen geht, kommt noch hinzu. Fiasco heißt Fiasco, weil es eben um ein solches geht, und das will man dann auch erleben. Und das ist auch die Antwort auf Frage 13 des RPGaDAY, wie sich mein Spiel weiterentwickelt hat.

Monsterhearts

Dann kam Monsterhearts! Seitdem bin ich ein Fan von der Apocalypse World Engine und Avery, der Designerin von Monsterhearts. Dieses Spiel ist für mich der Inbegriff der perfekten Umsetzung der AWE, die Moves passen perfekt. Es geht um die Monster im Menschen, Gewalt und Sexualität. Ein großartiges Spiel, dass Emotionen und Sozialverhalten mechanisch grandios darstellt und es all die Unsicherheiten zum Thema macht, die rund um Anerkennung, Sex und Liebe wichtig sind – ob das die Angst vor der Auslieferung an eine körperliche überlegene, evtl. gewaltsame Person ist (Werwolf), vor Ablehnung (Vampir) oder davor, dass man gar nicht wahrgenommen wird (Geist). Monsterhearts ist eine der Antworten auf Frage 2, was ich in einem Rollenspiel suche.

Und weil es wieder wider dem RPGaDAY geht:

Drache entflogen. Großzügige Belohnung für den ehrlichen Finder.

Meine Dresden Files Runde hat einen seit jahrhunderten schlafenden Drachen erwachen lassen, um der Geburt eines Geisterwesens beizuwohnen. Jetzt gibt es wieder zwei Drachen…

RPG-Blog-O-Quest #32: Dafür liebe ich meine (Mit-)Spieler!

Auch im Mai gibt es natürlich eine RPG-Blog-O-Quest, die auszurichten ich die Ehre und das Vergnügen habe – und passend zu den Frühlingsgefühlen, die der Wonnemonat mit sich bringt, sagen wir Danke an unsere (Mit-)Spieler.

RPG Blog O Quest

Was ist die RPG-Blog-O-Quest? Hier stellen sich Rollenspielblogger gegenseitig im Monatswechsel jeweils fünf Fragen zu ihrem Lieblingshobby. Ursprünglich organisiert von Greifenklaue und Würfelheld, sind inzwischen auch andere Blogger zu Fragenstellern geworden und geben die Möglichkeit, eigenes zu ergänzen, oder konkrete Fragen zu beantworten.

Wer kann teilnehmen? Jeder, der Lust hat, die gestellten Fragen zu beantworten und in seinem Blog, Podcasts, Vlogs, Facebook oder Foreneintragmit einem Verweis auf den Ursprungstext zu beantworten, damit die Leser auch bei anderen Teilnehmern stöbern können.
Was sollten Teilnehmer nicht vergessen? Dem jeweiligen Blog-O-Quest-Veranstalter einen Link zum eigenen Werk zukommen zu lassen, damit man diesen weiter verbreiten kann! Das geht im Forum oder hier in den Kommentaren.
Was bringt das Ganze? Hoffentlich den Bloggern Spaß beim Schreiben, den Lesern ebenso Spaß beim Lesen und natürlich Einblicke in die Gewohnheiten und Ansichten Anderer zum Hobby Rollenspiel. Idealerweise natürlich auch Inspiration für eigene Ideen :)
Aber genug der langen Erklärungen – hier kommen die Fragen. Sie sind eher aus SL-Sicht gestellt, aber sollten auch für Spieler zu beantworten sein:
  1. Man hat ja oft eine Vorstellung davon, wie eine Szene ablaufen könnte. Spieler sind legendär dafür, oft völlig unerwartete Wege zu finden. Was war für dich die tollste Abweichung?
  2. Huch, grober Fehler: Regel falsch angewendet, keine Idee, wie es weitergeht, Blackout, Liebeskummer – wie hat dein (Mit-)Spieler die Situation gerettet?
  3. Ganz abstrakt: Wer sitzt an deinem Tisch? Taktiker oder Dramaqueen, Rechtsanwältin oder Grafikdesigner, Vater oder Tochter – keine Namen sondern Typen.
  4. Auch abseits des Spieltisches sind Spieler Menschen und oft auch Freunde. Was hat dich im echten Leben am meisten an den Mitspielern beeindruckt?
  5. Welche Aktion deiner (Mit-)Spieler am Tisch ist für dich die großartigste, unvergesslichste, bereicherndste, albernste, unerwarteste gewesen, die du je erlebt hast?

Karneval der Rollenspielblogs: Feen

“Lord, what fools these mortals be!”
― William Shakespeare, A Midsummer Night’s Dream

Disney hat mit Tinkerbell unsere Wahrnehmung von von Feen sehr beeinflusst. Als ob ihm einige Feen ihr Marketingbudget gegeben hätten. Aber das kann ja gar nicht sein…

Im Original sind Feen etwas viel, viel roheres. Mächtige Schicksalsgöttinnen, Naturgottheiten, Wettergeister. Avalon, beherrscht von Morgana und ihren acht Schwestern, ist ein Feenreich, ein anderes soll im inneren der Erde sein, ein drittes in einem Wald in der Bretagne.

Feen können gut und schön sein, das Schicksal eines Kindes zum Guten wenden. Sie sind fast immer weiblich, und Meister der weiblichen Künste.

Sie können wunderschön und abgrundböse sein. Sie klauen Kinder, und legen ihre eigenen Kinder in die leeren Wiegen. Sie lassen die Milch sauer werden und verfluchen die Menschen.

Kobolde sind Feen, Elfen und Elben. Frau Holle? Sicherlich. Dryaden, Sidhe, Nornen, weiße Frauen, Wilen. Sie sind die Grundlage von Tolkiens Werk, der nordischen und keltischen Mythen und vieler Märchen. Trolle, Oger – was nicht aus der Natur entstammt, muss aus dem Feenreich kommen.

Zahnfee, Wetterfee, Djinn und drei Wünsche. Pakte mit unverständlichen Mächten, alles geht mit Feen. Das soll der Karneval der Rollenspielblogs im April 2018 sein: Feen

Karneval der Rollenspielblogs im April: Feen

Was kann man mit Feen im Spiel so machen?

  1. Sie kommen im Monsterhandbuch vor (mit schönen Grüßen an Skyrock)
  2. Sie können eine zweite Ebene im Spiel ergeben, etwa mit völlig veränderten Regeln z.B. für Magie.
  3. Sie können fremde, unmenschliche Player mit kaum verständlichen Motiven sein, die Menschen wie Puppen manipulieren.
  4. Sie sind sehr populäre Patentanten.
  5. Sie können dazu dienen, Natur zu etwas zu machen, mit dem Verhandeln kann. Naturgottheiten wie Dryaden passen dazu ganz gut.
  6. Mit einem Feenpakt kann man seinen Spielern die Macht geben, ein Unheil abzuwenden – und dafür dann einen fürchterlichen, viele Spielabende füllenden Preis zu zahlen.
  7. Als Spieler kann ich eine Fee im Stammbaum nutzen, um bestimmte Mächte und Zauber zu begründen.

Ich freu mich auf eure Ideen! Wenn ihr mitmachen möchtet, hinterlasst einen Link auf euren Beitrag hier in den Kommentaren oder im Forum. Natürlich können wie gewohnt nicht nur Blogger mitmachen! Schreibt was in eine Forum (das Tanelorn bietet sich an), bei Facebook oder an eure Hauswand – wenn ihr einen Link schicken könnt, qualifiziert sich euer Beitrag.

Bisher erschienene Beiträge (Stand 7.4.)

Rezension: Fate Adversary Toolkit

Warum braucht man für Fate (noch) ein Toolkit? Ich muss schon sagen, dass ich mir diese Frage durchaus gestellt habe, während der Fate-Fanboy in mir vollständig automatisch und willenlos auf „Bestellen“ geklickt hat.

Eigentlich ist Fate Core regeltechnisch vollständig. Und dann gibt es ja schon ein Toolkit (von Uhrwerk als Fate Handbuch ins Deutsche übertragen), in dem einem schön aufgeschlüsselt wird, was wohl passiert, wenn man an verschieden Stellschrauben des Systems dreht. Oder sie komplett ausbaut, in Brand setzt und dann falschrum wieder einbaut… mehr kann man doch eigentlich gar nicht brauchen können, oder?

Jetzt geht es also um einen eigenen Werkzeugkasten für Gegner. Und tatsächlich enthält das gesamte Büchlein eigentlich regeltechnisch nichts Neues. Und trotzdem war ich sehr positiv überrascht! Was das Buch leistet, ist eine Kategorisierung von Widerständen, an denen sich die Spieler abarbeiten können. Das sind einerseits die NSC, aber eben auch Hindernisse und Widerstände, die nicht ein NSC sind. Untergliedert in eher passive Widerstände (wie einem Zaun) und aktiven Problemen wie einem Feuer in dem Gebäude, in dem man sich befindet, werden diese Schwierigkeiten mit den klassischen Fate-Mechaniken dargestellt. Nichts Neues, aber noch mal sehr plastisch klar gemacht: Welche Erzählung wird mit welcher Mechanik am besten dargestellt – oder andersherum gedacht: Mit welcher Mechanik erreiche ich welche Erzählung?

Auch die Gegner-NSCs sind in Boss, Hitter, Mooks, etc. aufgeteilt. Wenn einem das vorgestellt wird, erinnert es zunächst an die abgeklärte Art, in der manche Computerspieler über die Inhalte der Computerspiele reden („Wir brauchen noch einen Tank!“), es wird aber schnell deutlich, dass die Autoren damit vor allem Begriffe schaffen wollen, mit denen eine bestimmte Erzählung erreicht werden kann. Wie soll sich die Gefahr anfühlen? Sehr tödlich, aber schnell vorbei? Oder langsam, aber unaufhaltsam? Das erfordert unterschiedliche Gegnertypen, die hier vorgestellt und benannt werden.

Nach dieser eher trockenen Lektüre, die vor allem eine Definitionsleistung ist und Begrifflichkeiten etabliert, kommen die sog. „Spreads“. Das sind immer ein paar Doppelseiten, in denen ein genretypisches Abenteuer vorgestellt wird. Mit Plot, NSCs, Hindernissen und Beschränkungen – wie definiert. Dazu ein paar Hinweise (Oneshot, Kampagne, Optionen).

Diese Spreads sind toll. Aus den in diesem Buch etablierten Begriffen und Werkzeugen wird kunstvoll gewählt, um die Stimmung des Genres zu treffen. Als Leser sieht man, welche Variante gewählt wurde, damit sich ein Hindernis nach Cyberpunk anfühlt – oder nach Pulp. Das die gleiche Mechanik anwendbar sein kann, um statt mit einem cybernetischen Geschützturm einen Eingang zu bewachen, zu verhindern, dass an einem Jane-Austen-Teetisch über einen Skandal geplaudert wird. Überhaupt, der Jane-Austen-Spread (Ziel ist es, ein Pärchen zusammenzubringen) ist fantastisch – es zeigt, dass die gleichen Mechaniken, die bis dahin Fallen, Piranha gefüllte Gräben und Orbitale Laserkanonen abgebildet haben, soziale Restriktionen abbilden können. It is a truth universally acknowledged, dass alleine für den Jane-Austen-Spread das Buch zu kaufen ist. (Ich bin gespannt, wie sie Spread übersetzen; und ich hoffe, Uhrwerk bringt das Buch auf deutsch!)

Ein weiteres, aber längst nicht so stringent verfolgtes Thema sind die Zonen. Zonen sind die Methode, mittels derer Fate räumliche (und manchmal taktische) Tiefe erzeugt. Statt abzumessen, wieviel Zoll eine Figur von der anderen entfernt steht (wie es Tabletops und eher vom Wargaming beeinflusste Spiele tun), Hexfelder zu zählen oder ähnlichen „realistischen“ Vereinfachungen kategorisiert Fate die Szene in Zonen (an der Bar, auf der Tanzfläche, in der Herrentoilette) – wer sich in der gleichen Zone befindet, kann miteinander agieren – oder in den Nahkampf gehen. Fernkampf in die Nachbarzone(n), oder eben Bewegungsaktionen um in die Nachbarzone zu wechseln. Das Toolkit erwähnt sich bewegende Zonen (um eine Verfolgungsjagd abzubilden) und soziale Zonen (für ein Verhör). Hier fehlt aber die Tiefe der Ausführungen, die an anderer Stelle erreicht wurde.

Fazit

Insgesamt überraschend viel besser als erwartet. Man munkelt, das nächste Toolkit betreffe das Genre Horror… da bin ich schon sehr gespannt drauf!




Evil Hat Productions
978-1-61317-139-4

Internationaler Tag des Spielleiters

Heute ist der 4. März. Das ist der Todestag von Gary Gygax, dem Erfinder von Dungeons & Dragons. Um an ihn zu erinnern, ist dieser Tag ein (inoffizieller) Tag des Spielleiters geworden. Schöne Idee, wie ich finde.

Und ich nutze das mal, um den fantastischen Spielleitern zu danken, mit denen ich in der letzten Zeit spielen durfte!

  • Peter, YY und Shadom für ihre Spielleitung zum Tanelorn-Treffen. Auf Burg Hessenstein hat Shadom das exzellente Dialects geleitet, YY ein hochdramatisches Abenteuer im Setting der Magdeburger Hochzeit. Peter am Vortag im Rahmen von Pen&Peter im Pegasus Livestream CoC.
  • JollyOrc für Bluebeards Bride in Bielefeld
  • Lena für ihr Startabenteuer in unsere gemeinsam geleitete Dresden Files Kampagne
  • Susi, Timo und Lena für 5 Tage nonstop Dresden Files zum Jahreswechsel

Ihr seid alle verdammt tolle SLs!

GRT, DRP, rsp-blogs.de, Zombiecalypse, dieses Blog hier…

ist das nicht ein bisschen viel Arbeit? Wenn ich mir mal so ansehe, was ich rund um das Rollenspiel (zusätzlich zum eigentlichen Spielen) so mache, ist das eine Menge investierter Zeit:

Und ja, das frisst enorm viel Zeit. Und manchmal ist es wirklich schwer, sich selbst zu motivieren, an diesen Sachen weiterzumachen. Vor allem, weil viele dieser Dinge eher selten mal Feedback generieren. Und ohne Feedback weiß man ja gar nicht, warum man etwas macht. Das ist übrigens einer der Gründe, warum ich rollenspiel-cons.info abgegeben habe; das macht jetzt Roland besser als ich es je gekonnt habe – vielen Dank dafür, denn ich halte das Projekt weiterhin für höchst nützlich.

Ich habe diesen Zeitpunkt für die Selbstreflektion genutzt, bei dem ich gerade wieder vor Augen geführt bekommen habe, warum die Zeit gut eingesetzt ist. Der Gratisrollenspieltag 2018 ist gerade vorbei. Und es hat wirklich Spaß gemacht, ihn zu organisieren. Zum einen ist es natürlich toll, dass die Verlage inzwischen alle richtig gut dabei sind. Das war früher anders, da gab es auch Verlage, die den GRT für nicht sinnvoll gehalten haben. Jetzt spüren wir viel mehr positive Rückmeldung, und das ist schön.

Werbung für den #GRT2018 Livestream

Und dann war da der Livestream, den Pegasus mit am Vorabend des Gratisrollenspieltags 2018 veranstaltet hat. Wir haben ein bisschen über den #GRT2018 gesprochen und dann mit Hauke Gerdes und Gino Singh (Rocket Beans TV & Bonjwa.de+AFK, Autoren von DUNGEONS & WORKOUTS), Peter und Julia von Pegasus und mir eine Runde Cthulhu gespielt. Das war toll! Es war spannend, mal so ein Actual Play bei der Aufzeichnung zu erleben, aber auch wie Profis an die Sache herangehen – und außer mir waren ja nur Profis am Werk. Vor, aber auch hinter der Kamera! Pegasus hat sich da wirklich Mühe gegeben. Eine tolle Erfahrung, auch wenn ich dafür eine Runde auf dem Tanelorn-Treffen absagen musste.

Und dann das Feedback der lokalen Orga. Das ist der Hammer. Ich zitiere mal die Veranstalterin des GRT in Greifswald:

Ich bin ja selten wirklich sprachlos geflasht. […]

Ich hatte ja ne These aufgestellt… ich war mir sicher, es gibt ne Menge an Rollenspielern in Greifswald, die wissen nur untereinander nicht so ganz voneinander. Also führt man, als guter Sozialwissenschaftler ein Experiment durch: Man organisiert so eine Veranstaltung wie den #GRT2018, gesagt, getan.
Im Laufe der Wochen, in denen ich Menschen angeschrieben habe, und gehofft habe, dass es sich weiter verteilt, war ich immer wieder an dem Punkt, wo ich dachte ok.. das hier ist keine Großstadt… eventuell kommen so 5 Menschen vielleicht 10… maximal 20… Offiziell haben wir bei 41 Menschen im Club aufgehört zu zählen.
Ich wusste, es gibt ganz viele von uns. Richtig großartiger Scheiß.
Hierbei sei nochmal Dank gesagt, an alle Spielleiter, die Leute vom Gratisrollenspieltag und den ganzen Verlagen und Menschen, die etwas zu der Gesamtaktion beigetragen haben.

Eine ganze Menge von euch hatten vorher noch nie was von dem Hobby gehört (6) oder nicht wirklich viel Erfahrung (12). Fast alle von euch haben gesagt, sie wollen noch einmal so etwas ähnliches haben. (Kommentare wie ja!!! oder „gern auch monatlich“ waren auch zu lesen). Damit ist bewiesen: Hier existiert eine Grundlage für eine Rollenspiel Community, die sich gern auch regelmäßig treffen würde. […]

Ich habe mich auch über jedes einzelne DANKE gefreut und über jedes Gespräch, über jeden einzelnen von euch nerdigen-hübschen Menschen. Ihr seid großartig! Danke auch an euch.

Hiermit kündige ich an: Es wird mehr Rollenspiel in Greifswald geben! Der Mail-Verteiler wird geschaltet! Ich werde mich mit ein paar interessierten zusammensetzen und genaueres planen. (Fühlt euch frei mich anzuschreiben :)). […]

Over and Out
Toni/ Nani

Quelle: Facebook

Diesen oder ähnliche Beiträge zu lesen ist so ziemlich das tollste, was man als Orga-Nudel zurückbekommen kann. Und ich hoffe, dass der GRT in Greifswald – wie z.B. in Paderborn – der Geburtsimpuls für eine organisierte Szene ist, wo Neueinsteiger Ansprechpartner finden und Rollenspieler einfach miteinander spielen können.

Es gab viele tolle Rückmeldungen, aber die von Toni war für mich die wichtigste. Ich habe sie am Sonntagabend als eine der ersten gelesen – und ich sage euch, zu diesem Zeitpunkt bibbert man! Man hat so viel Zeit und Energie investiert, 101 Locations wollen mitmachen, Verlage angesprochen, Material bei Ralf angeliefert, Pakete gepackt (danke, Ralf!), von DHL abgeholt (und überwiegend angekommen, außer in Dortmund: Sorry, Meheddiz!) – und dann ist alles aus deiner Hand. Meine Mitorganisatoren asri und Olenna sind ja auch lokale Veranstalter, die können bei sich vor Ort in die Gesichter gucken. Ich aber hatte keine Idee, wie es denn läuft. Bis das Feedback eingeht. Mit jedem Feedback ist man ein bisschen erleichterter, und – jedenfalls ich – irgendwann euphorisch. Wenn die lokale Orga selbst geflasht ist, wenn die Photos kommen, voller glücklicher Rollenspieler (und solchen, die es gerade werden). Toll! Dann weiß man wieder warum. Deshalb glühen wir auch noch ein paar Tage mit euren Feedback auf der GRT-Website nach…

Und solche Momente gibt es bei all meinen Aktionen – mal stärker, mal schwächer. Ob es die Freude von jemanden ist, der hunderte von Stunden in ein Buch gesteckt hat, dass jetzt den DRP gewinnt. Oder so etwas Kleines wie ein Rollenspielblog-Karneval, bei dem gefragt wurde, wo sich die Leute zum Rollenspiel informieren, und unglaublich viele rsp-blogs.de genannt haben.

Und deshalb noch mal Danke. Nicht nur an meine Mitorganisatoren, die fantastische Arbeit geleistet haben, sondern auch an alle, die am GRT mitgemacht haben. Die Ladenbesitzer, die Vereine, die Menschen die organisiert haben, die Werbung gemacht haben, die Spielrunden organisiert haben. Und die Spielleiter, die Besucher und Spieler – ohne Euch kein GRT. Ich freu mich schon auf den nächsten Gratisrollenspieltag.

Pendragon nach Art des Zarkov oder Spiel ohne Immersion

Cover von Pendragon

Pendragon ist ein wirklich altes Rollenspiel. Die erste Auflage ist von 1985, es befindet sich in der Auflage 5.2, die eine wirklich sanfte Weiterentwicklung des originalen Spiels darstellt. Es ist eine unglaublich gelungene Literaturemulation: Le Morte d’Arthur von Malory ist die Grundlage dieses Spiels. Zarkov, muss man dazu wissen, ist ein Philologe, der sich intensiv mit diesem Werk auseinander gesetzt hat. Liebevoll greift er beim Leiten die – insbesondere aus heutiger Sicht – oftmals skurrilen oder inkonsistenten Episoden von Malory auf: Ritter, die Brücken bewachen, Ritter die vom Wahn gepackt durch den Wald irren, Ritter die einander aus den nichtigsten Gründen fordern, Ritter, zerrissen zwischen der Loyalität zu ihrem Herrn und der Liebe zur Familie. Gerne mit ein bisschen wörtlichem Zitat aus dem Mittelenglischen zur Einleitung oder bei Standardsituationen – mit Zarkov Pendragon zu spielen ist ein Vergnügen, dass ich zuletzt im Dezember hatte. In diesem Zusammenhang einen Gruß an meine Mitritter Grimnir, YY und Quendan.

THEN within two or three days Sir Lamorak found a knight at a well sleeping, and his lady sat with him and waked. Right so came Sir Gawaine and took the knight’s lady, and set her up behind his squire. So Sir Lamorak rode after Sir Gawaine, and said: Sir Gawaine, turn again. And then said Sir Gawaine: What will ye do with me? for I am nephew unto King Arthur. Sir, said he, for that cause I will spare you, else that lady should abide with me, or else ye should joust with me. Then Sir Gawaine turned him and ran to him that ought the lady, with his spear, but the knight with pure might smote down Sir Gawaine, and took his lady with him. All this Sir Lamorak saw, and said to himself: But I revenge my fellow he will say of me dishonour in King Arthur’s court. Then Sir Lamorak returned and proffered that knight to joust. Sir, said he, I am ready. And there they came together with all their might, and there Sir Lamorak smote the knight through both sides that he fell to the earth dead.
Le Morte d’Arthur, Book VIII Chapter XLI

Dem Zitat kann man schon ganz gut entnehmen, das die Kausalitäten und Motivationen der Protagonisten etwas sehr besonderes sind.

Leite ich ein anderes System als Pendragon, so versuche ich fast das genaue Gegenteil: Die Handlung des Abenteuers soll sich aus den Wünschen und Zielen (Agenda) der Charaktere ergeben. Will jemand König des Reiches werden, dann kommt das natürlich vor. Die inneren Konflikte der Charaktere werden thematisiert werden, bisher unbeleuchtete Seiten der Charaktere ins grelle Licht gezerrt werden. Sicherlich eine Folge der Lieblingssysteme: Ein Fate-Charakter besteht nun mal ganz überwiegend aus seinen Aspekten, und die laden zu dieser Sorte Spiel ein.

Anders aber in diesem Literatur-Genre: Alle Ritter sind fast gleich – nicht nur in der Literatur, sondern auch im Spiel. Mechanisch unterscheidet sich ein Ritter kaum von einem anderen – als ob man in einem Fantasyrollenspiel wie D&D alle die gleiche Charakterklasse gewählt hätte – auf Stufe 1. Klar, mal kann ein Ritter besser jagen, oder hat ein paar Punkte mehr in Heraldik – aber es sind alle Ritter, haben ein kleines Lehen, Pferde, einen Knappen, sind kompetent mit Schwert und Lanze. Was sie wirklich unterscheidet sind ihre Traits und Passions. Und dieser Teil der Regeln ist der, der in den 80ern der innovative war – anders als D&D also. Die ritterlichen Tugenden werden in einer 20er-Skala abgebildet, etwa in dem Paar Mutig 13—- 7 Feige. Man kann jetzt mit einem w20 beproben, wie sich diese Tugend gerade darstellt. Und hier wird auf einmal die Literatur erstaunlich gut simuliert: Bin ich ein mutiger Ritter? Gnädig? Gerecht? An sich strebt ein Ritter die ritterlichen Tugenden an (außer Sir YY vielleicht), aber als Spieler steuert man das nur begrenzt, wie sich die Tugenden verteilen. Das führt ganz erstaunlich gut zu Szenen wie der oben aus Mallory zitierten. Was mache ich nun wird eben durch die Traits modifiziert, beeinflusst oder gar bestimmt. Ein Ritter schläft am Brunnen, seine Dame ist unbewacht? Beprobe mal „Lüstern“…

Spielt man mit Zarkov, sind diese Szenarien oft, und kurz. Unterbrochen von ein paar Würfen, wenig Dialog (für ein Rollenspiel) – so wie Malory eben die Gespräche auch eher zusammengefasst darstellt. SL Zarkov hat dieses episodenhafte fantastisch herübergebracht.

Einzig ein (sozialer) Konflikt unter uns Rittern (oder eher zwischen den Spielern) über das weitere Vorgehen fiel daher besonders unangenehm auf: Es war nicht nur mechanisch ungünstig, sondern passte insgesamt nicht ins Spiel.

Gedankensprung.

Vor einer Weile habe ich mal über Spielertypen geschrieben, und – nicht – daraus Spielertugenden und -sünden abgeleitet. Inzwischen gehört das für mich nicht zusammen, aber damals, naja. Die Tugenden und Sünden hat Pen&Podcast aufgegriffen – eine charmante Gruppe von Rollenspielern, die sich alle ca. 20 Jahre jünger anhören, als ich es bin. Einer der Teilnehmer an der Diskussion war so ziemlich in allen Fällen anderer Ansicht als ich. Selbst so allgemeine Höflichkeitsfragen wie „Achte darauf, das andere Spieler am Tisch Spaß haben“ empfindet er als niederrangig gegenüber dem heiligen Grundsatz der Immersion und des „Mein Charakter ist aber so.“ An diese Haltung musste ich denken – bei Zarkov (und damit meiner Wahrnehmung von Pendragon) geht es genau NICHT um Immersion. Es geht nicht um das Einfühlen in einen Charakter. Im Gegenteil – die Charaktere haben am Anfang keine besondere Tiefe, ihre Hintergrundgeschichte wäre unerheblich. Das Handeln in einer Situation kann jederzeit durch ihre Tugenden, Passionen und Schwüre gelenkt werden. Klar, der Spieler kann sich dagegen entscheiden, den Ritter geldgierig zu spielen – aber die gelegentlichen Tugendwürfe bestimmen, ob er diese Gier auch so gut im Griff hat, wie er es gerne hätte. Und trotzdem  – oder gerade deshalb –  entstehen Figuren, an die man sich erinnert: YYs Ritter, bekannt für seinen brennenden Hass auf die Sachsen, dem er alles Unterordnet, ist so ein Beispiel.

Das erinnert schon an die Figuren, die im klassischen D&D aus ein paar Attributswürfeln entstehen, und erst so ab Level 5 zu unterscheidbaren Charakteren werden: Nur das die Tugenden dieses Ergebnis schon viel früher zu leisten vermögen. Nichts für einen Spieler, der mit 30 Seiten Hintergrundgeschichte das Spiel beginnt – aber ein großes Vergnügen!

Nun haben wir ohne die simulativen Momente gespielt, die Pendragon auch bietet: Gutsverwaltung, etc. Aber wir haben begeistert erwürfelt, ob uns ein Erbe geboren wird (oder um eine Dame gebuhlt), ob der Erbe überlebt, oder ob es doch wieder nur eine Tochter wurde. Ob die Ernte ausreicht. All diese Elemente beeinflussen das Spiel auf großartige Weise – ich bin gespannt, ob man es mit mehr „Tiefe“ in der Simulation verbessern kann.

Jedenfalls war dieses Wochenende in Sir Grimnirs Turm für mich ein besonderes Vergnügen, ein Extrem einer besonderen Form des Rollenspiels.