Jörg hat dieses Blog ja mal als „die Bildzeitung“ des Rollenspiels bezeichnet. Da weder die Leserzahl noch der damit erzielte Gewinn dem der Bildzeitung entsprechen, muss er wohl das Niveau gemeint haben…
Das es so nicht sein muss, beweist u.a. Rafael aus den Niederlanden. Unter dem Titel Bienia on Games betreibt er ein Blog, in dem er über seine Forschungsergebnisse schreibt: Er promoviert gerade über Rollenspiele. Nun ist Rafael Niederländer und spricht zwar vorzüglich deutsch (stimmt gar nicht, er ist Deutscher), bloggt aber auf meinst auf englisch. Damit ist er kein Kandidat für rsp-blogs.de – wo ich sonst solche Beiträge außerordentlich gerne sähe. Deshalb dieser kleine Post hier, um euch auf sein Blog hinzuweisen, damit ihr es dennoch bemerkt – zudem sind seine letzten Beiträge auf deutsch, u.a. weil er auf der RPC war!!!
Er schreibt über seine Seite:
- über Rollenspiele (P&P, Computer und Larp) berichten
- die deutsche Larp- und Rollenspielforscher zusammen bringen
- Theorieinteressierten von der Welt der Wissenschaft berichten und wie über Rollenspiel international geforscht wird
- den Blick über den Tellerrand ermöglichen, z.B. was in Nordeuropa, Osteuropa aber auch den USA passiert
Wer mehr über Rafael wissen will, der sei auf das Interview durch Larp.TV verwiesen.
Zudem möchte Rafael noch ein paar Fragen von den deutschen Rollenspielern beantwortet haben. Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr hier in den Kommentaren eure Antworten hinterlassen würdet!
- Wie ist die Stimmung in der deutschen Blogosphäre zu Rollenspielen?
- Gibt es momentan Tendenzen zu bestimmten Systemen, Spielweisen?
- Hat das Computerspielen viel verändert?
Danke für eure Hilfe!
Wie ist die Stimmung in der deutschen Blogosphäre zu Rollenspielen?
– Mein Eindruck ist gelassen bis leicht besorgt. Man nimmt zumindestens subjektiv einen Schwund und einer Alterung wahr, aber weiss halt weder wie groß der ist, noch wie klein/groß die Szene eigentlich derzeit genau ist.
Hat das Computerspielen viel verändert?
– Mein persönlicher Eindruck ist, dass mit dem erscheinen von WoW ein großer Einbruch kam, der aber langsam wieder rückgängig wird. Das kann natürlich auch mit der Zusammensetzung meines persönlichen Rollenspielumfeldes zusammenhängen, aber ich hatte einige Gruppen / Bekannte, die um den Erscheinungstermin von WoW einen Niedergang und dann auch ein Ende gefunden haben, die aber langsam wieder aufleben. Vom gewünschten Spielerlebnis (Ingame, Abenteuer) her, haben Computerspiele meiner Erfahrung nach nicht viel verändert. Die Leute die wiederkommen, wollen gerade eher „typische“ P&P Erlebnisse.
Noch ein Nachtrag. Zu einem Unterpunkt von „Hat das Computerspielen viel verändert?“ gab es auf Teilzeithelden einen längeren Artikel mit Diskussion:
http://www.teilzeithelden.de/2012/01/13/einfluss-der-mmos-auf-tischrollenspiel/
Hallo Christoph,
danke für deine Einschätzung und den link.
Ich habe 95 mit DSA angefangen und spiele regelmäßig P&P. Die Sorge, dass MMOs P&P dezimiert haben, ist zunächst kein abwägiger Gedanke. Wie oft erlebt man es, dass man keine Gruppe findet, ein Rollenspielabend umständlich ist, etc. MMOs bieten Mitspieler rund um die Uhr. Die Chat-Rollenspieler auf RP-Servern sind zwar vergleichbar wenig, jedoch denke ich, dass das Interesse nur marginal weniger geworden ist – der Vergleich zu den Millionen die Online ‚Rollenspiele‘ spielen das Gesamtbild dramatischer erscheinen lässt. Aber das ist nur meine persönliche Einschätzung und ich habe momentan keine verlässlichen Zahlen um das zu belegen.
Wie ist die Stimmung in der deutschen Blogosphäre zu Rollenspielen?
— Zur allgemeinen Blogosphäre kann ich wenig sagen, außer, dass meiner Einschätzung nach heutzutage häufiger (und dann vor allem unvoreingenommener) über RSP berichtet wird als noch vor zehn Jahren.
Bei den RSP-Blogs selbst habe ich das Gefühl, dass die „Indie“- und Oldschool-Szene auf jeden Fall recht dominant ist. Über kommerzielle Systeme wird relativ wenig gepostet, und wenn, dann meist Rezensionen, Erscheinungstermine und ähnliche Kommentare, aber recht wenig rsp-tauglicher Inhalt. Die Zahl spieltechnisch relevanter Blogeinträge scheint mir in reziprokem Verhältnis zur Kommerzialität des betreffenden Rollenspiels zu stehen.
Gibt es momentan Tendenzen zu bestimmten Systemen, Spielweisen?
— Ich kenne primär die DSA-Szene von innen, und das, was ich auf den RSP-Blogs lese – dabei habe ich das Gefühl, dass sich in ersterer eine ziemliche Resignation betreffs der Publikationsqualität und -nutzen eingestellt hat, und dass es dementsprechend viele Leute gibt, die zwar vielleicht ihre Kritik äußern, aber trotzdem fast alles kaufen. Sprich, man spielt hier häufig einfach, was man vorgesetzt bekommt, und feiert die langsamen Vorstöße offizieller DSA-Publikationen in Richtung freieres Spiel als große Innovation, wiewohl andere Systeme da schon ein Jahrzehnt weiter sind. Wer nicht so spielen will, wie es der Verlag unterstützt, wendet sich häufig von DSA (oder zumindest seinem Regelsystem, was für mich beinahe auf dasselbe rauskommt) ab.
In der Indie- und Oldschool-Szene habe ich dagegen das Gefühl, dass man sich hier inzwischen gar nicht mehr um irgendwelche Einordnungen schert – ARS, OSR, Freeform etc., die Grabenkämpfe scheinen vorbei zu sein, solange niemand gewisse Reizwörter in Diskussionen benutzt. Jeder macht einfach sein Ding. Was prinzipiell gut ist, andererseits in meinen Augen aber auch zu einigen Problemen führt, die Kollege Falk ausgeführt hat – es gibt eine immer größere Zergliederung in immer speziellere Nischensysteme, und mancher hoppt von einem Spiel zum nächsten, ohne das richtige zu finden – weil man selbst oft nicht weiß, was man eigentlich will, und nicht den Elan hat, das einfach selber zu machen.
Hat das Computerspielen viel verändert?
— Nicht so leicht zu sagen. Ich kenne selbst nicht wenige Leute, die mit WoW aufgehört haben, P&P zu spielen, aber das führt meistens zu Problemen, die nicht nur das P&P betreffen. Von daher glaube ich auch, dass der MMORPG-klaut-Spieler-Trend nicht ewig anhält. Die Leute, die heute P&P spielen, tun das nicht anders als vor zehn Jahren. Mit wirklich jungem Nachwuchs habe ich mich lange nicht beschäftigt, was man in Foren aber so liest, scheint die vorherige Beschäftigung mit PC-RPGs gewisse Erwartungshaltungen und Einstellungen zu wecken, die nicht mit jedem P&P kompatibel sind.
Schlimmer finde ich den Zeitgeist, dass man mit vielen Leuten (aus eigenen Gruppen) heutzutage kaum mehr „normal“ (heißt: per Mail oder Forum) kommunizieren kann, z.B. um Termine auszumachen, über das Spiel zu diskutieren etc., weil sie völlig Handy- und Web 2.0-geschädigt sind und oft nicht mehr in der Lage, etwas anderes als Facebook zur Kommunikation zu nutzen.
Aber das ist der Zeitgeist und hat nicht ausschließlich mit dem Rollenspiel zu tun…
Cooler Link, danke.
Wie ist die Stimmung in der deutschen Blogosphäre zu Rollenspielen?
Keine Ahnung, ich lese fast nur Rollenspielblogs. die paar anderen beschäftigen sich mit dem Thema überhaupt nicht.
Gibt es momentan Tendenzen zu bestimmten Systemen, Spielweisen?
Die Diskussionen sind so vielzählig und divers wie immer. Ich sehe da keinen Trend in irgendeine Richtung, außer das D&D in Deutschland mit der 4e einigen Marktanteil verloren haben dürfte, den Pathfinder aber sicherlich ungefähr wieder kompensiert haben sollte (mag sein das nicht ganz, mag sein, dass es mehr geworden ist).
Hat das Computerspielen viel verändert?
Ich weiß nicht, ob das der Grund für die sinkenden Absatzzahlen ist, ich denke eher die mangelnde Präsenz des Hobbies bei jungen potentiellen Spielern ist es. Aber Computerspiele haben viele Leute mit dem Konzept eines Rollenspiels vertraut gemacht. Das sollte man doch nutzen können.