Rezension: Das Lied von Eis und Feuer Schnellstartregeln

51Nre2I0hlLAlle reden vom Splittermond-Schnellstarter – ich nicht. Ich habe nämlich den Song of Ice and Fire Schnellstarter (oder sollte ich Lied von Eis und Feuer sagen? Ist ja der deutsche Text) von Mantikore zur Rezension bekommen. Und hey, auch wenn der letzte Roman der Lied von Eis und Feuer-Reihe, „A Dance of Dragons“, ein ziemlicher Langweiler war, so ist die gesamte Romanreihe doch so ziemlich das feinste, was die Fantasy zur Zeit hergibt. Es geht also um eine Fantasywelt, in der man auch spielen möchte!

Etwas verblüfft hat mich erstmal die Entscheidung von Mantikore, die Schnellstartregeln zu verkaufen. Knapp 10 Euro wollen sie dafür, während Splittermond und Shadowrun, aber auch DSA, ihre Schnellstart- bzw. Lightregeln verschenken. Vermutlich geht man davon aus, dass die Romanreihe, die ja auch in Deutschland extrem erfolgreich ist, anziehend genug ist. Oder ein kleiner Verlag kann sich das Verschenken nicht leisten.

Aber Mantikore kann nicht viel Gewinn an dem Schnellstarter machen (wenn überhaupt!), denn wenn man dann den Schnellstarter kauft, wartet noch eine sehr angenehme Überraschung auf einen – ein großes Poster, dass auf der einen Seite das Coverbild und – noch viel toller – auf der anderen Seite eine Karte von Westeros zeigt. Das rockt!

Zum Schnellstarter selbst: 48 Seiten, DIN A4, mit einem Umschlag aus nicht übermäßig stabilen Karton. Vollfarbig, und die nicht gerade reichlich eingesetzten Bilder schwanken zwischen toll und nicht-so-großartig. Gerade die Gesichter der Innenillus gefallen mir nicht, und der Künster scheint nicht derjenige zu sein, der das Titelbild gestaltet hat. Auf den Innenseiten sind Karten für das Einführungsabenteuer abgedruckt.

Yay!:Die Regeln sind keine Light-Regeln, sondern die aus dem Grundregelwerk übernommenen vollständigen Regeln. Es fehlen lediglich die Charaktergenerierung, viele Vor- und Nachteile und Kampfstile, die für Charaktergenerierung und Aufstieg nötig sind, die gesamten Regeln für das Abwickeln von Feldschlachten, etc. Wer die vorgegebenen Charaktere verwendet, hat wirklich alles, was er braucht, im Schnellstarter – das ist toll. Sogar Waffenlisten und Ausrüstung sind unerwartet umfangreich. Eine Umstellung der Charaktere, wenn das Grundregelwerk verwendet wird, ist nicht nötig. Gut gefallen hat mir auch die Zusammenfassung der Geschichte und der Geographie von Westeros auf den ersten Seiten – schön knackig und das Interesse weckend.

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Gar nicht meh: Die tolle Karte von Westeros!

Auf der „Meh„-Seite finden sich die (leider logische) Verwendung der deutschen Begriffe von Eigennamen aus der Romanübersetzung: Aus Kings Landing wird eben Königsmund, etc. Das ist für den Leser der deutschen Übersetzung der Romane vermutlich sinnvoll (und die sind sicherlich auch die Zielgruppe), aber für mich abgehalfterten Rollo-Hipster (O-Ton: „Ich hab schon auf Westeros gespielt, als ich dafür FATE konvertieren musste“), der die Romane auf englisch gelesen hat, etwas ulkig.

Außerdem meh: Das Einführungsabenteuer. Gerade mal drei Szenen, die zwar in Sachen Lösungsweg recht offen sind, aber dann doch chronologisch ablaufen. Zudem kann man das Abenteuer auf absolut jeder Fantasywelt spielen, da fehlt es mir an Kreativität und Bezug zur Spielwelt. Selbst wenn man unterstellt, dass der Leser ein absoluter Neueinsteiger ins Rollenspiel ist, hätte man ihm (oder ihr) wohl etwas mehr zutrauen können. Wer von den Romanen kommt, denkt vielleicht eher in Intrigen und überhaupt etwas größer: Burgherr statt reisender Ritter. Mein Wunsch wäre eine Hochzeit auf einer Burg gewesen, wo Leute ein Fest feiern, die sich spinnefeind sind… allerdings ist mir unbekannt, ob Mantikore hier nur übersetzen durfte oder selbst hätte ändern können. Vielleicht blutet denen ja das Herz auch?

„Und? Können die Regeln was?“, höre ich euch fragen. Sowas ist natürlich stark Geschmackssache. Aber ihr lest hier ja, weil ihr mich kennt und meine Meinung schätzt, nicht wahr? (Nicht lachen, ich bin leicht zu kränken). Das verwendete Roll&Keep-System ist okay. Ich mag die ausführlichen Regeln für Intrigen (die im Beispielabenteuer für Flirten und Feilschen missbraucht werden, wofür sie nun wirklich zu kompliziert sind. Aber für eine Intrige am Hof erscheinen sie brauchbar) – das kann schon was. Die Kampfregeln finde ich arg kleinteilig und habe selbst erlebt, dass sie zäh werden, wenn wirklich kompetente Recken aufeinander stoßen. Aber angesichts der Tatsache, dass ich bisher – mit einem Ausreißer – nur großartige GoT Runden hatte, gebe ich hier ein Plus: Kann man spielen, ohne das die Regeln stören würden. Leider gibt es bis auf die Intrigen aber kaum etwas an den Regeln, was speziell an Westeros angepasst ist, wem das System gefällt, der kann damit jede Welt bespielen, auf der Magie in Spielerhänden nicht vorkommt.

Übersetzung und Lektorat sind gut (@Thomas Michalski, der hier ja offenbar mitliest, einen schönen Gruß). Der Satz ist gefällig, gut lesbar und lenkt nicht vom eigentlichen Inhalt ab, sondern gibt ihm einen Rahmen, der das Gefühl von ASoIaF schön heraufbeschwört. Ein Werk von Karl-Heinz „Schnutenbach“ Zapf. Offenbar hat Mantikore eine direkte Pipeline in die Szene gebaut, um Talent abzusaugen; sehr clever.

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Mein Fazit.

Fazit: Schon für die Karte hätte ich den 10er auf den Tisch gelegt! Wer schon weiß, dass er lange auf Westeros spielt, braucht wohl das Grundregelwerk, weil sonst die Charaktererschaffung fehlt. Aber wer seine Gruppe erstmal anfixen will, kann das mit dem Schnellstarter hervorragend tun – und dank der Waffen- und Ausrüstungslisten noch eine ganze Weile weiterspielen, auch wenn Regeln für Erfahrungspunkte fehlen. Irgendwann muss der geneigte SL aber improvisieren, denn die Grundregeln kommen (wenn ich die Website des Mantikore Verlages richtig verstehe) erst im Oktober.

Eine Rezension des Blechpiraten.

4 Gedanken zu „Rezension: Das Lied von Eis und Feuer Schnellstartregeln

  1. so ist die gesamte Romanreihe doch so ziemlich das feinste, was die Fantasy zur Zeit hergibt. Es geht also um eine Fantasywelt, in der man auch spielen möchte!

    Ok, ich weiß, ich werde es bereuen, aber ich muss fragen:

    Warum will man in Westeros spielen?

    Oder besser: Wann spielt man in Westeros? Ist Westeros nicht ein noch viel engeres Korsett als der DSA-Metaplot?

    Bei Mittelerde könnte man im Vierten Zeitalter spielen und kollidiert nicht mehr mit der bekannten Geschichte.
    Bei Dresden Files oder Buffy spielt es keine große Rolle, weil viel stärker davon ausgegangen wird, dass die Charaktere eine eigene Bande von Urban-Fantasy-Ermittlern spielt, irgendwo in der Welt.

    Aber das Geschehen auf Westeros spielt sich in so hohen Kreisen ab, dass ich mir nur drei Szenarien vorstellen kann:

    Die Spieler sind kleinere Adlige (Burgherren zwar, aber eben nicht die Mover und Shaker der Saga) und agieren im Schatten der großen Haupthandlung. Wer gibt sich damit zufrieden, wenn er aus dem Romanwerk anderes gewohnt ist?

    Die Spieler nehmen alternative Rollen im Kampf um den Eisernen Thron ein. Es gibt ein weiteres Adelshaus, das im Roman nicht vorkommt oder nur eine untergeordente Rolle spielt. Damit wird der „Metaplot“ schon von Anfang an ausgehebelt und eine Parallelwelt eröffnet. („Star Trek Reboot“.)

    Und die unwahrscheinlichste Kampagne: „DragonLance Mode“. So populär diese Spielform mal war, ich glaube nicht, dass das heute noch jemand möchte.

    • Ja, der Metaplot ist immer ein Problem, wenn man in Romanwelten spielt. Selbst in Dresden Files u.ä. – vor allem mit Spielern, die gerne Autoriäten aus den Romanen befragen wollen, was sie tun sollen :D

      Das Rollenspiel – und der Schnellstarter – konzentrieren sich auf den Zeitraum vor dem ersten Buch. Das finde ich ganz clever, weil man auf NSC und Schauplätze zugreifen kann, ohne den „Plot“ zu bespielen.

    • Hi, da ich gerade SIF (mit den englischen Vollregeln) spiele hier ein paar Infos aus erster Hand: ja man spielt ein kleines und damit eigentlich unbedeutendes Adelshaus. Es wird wie von Blechpirat schon gesagt vor der Handlung in den Romanen aber nach der Revolte von (König) Robert gespielt, so dass man mit der bekannten Geschichte nicht kollidiert.

      Neben dem eigenen Rollenspiel kommt übrigens noch eine Art Ressourcenspiel hinzu, das die Arbeit des Haushofmeisters beschreibt, der die eigenen Ländereien verwaltet während die Spieler auf Abenteuerfahrt sind.

      Sicher sind die Informationen zu den andren Landesteilen eher dünn gesät, allerdings wird in den ausführlichen Regeln einiges an Material gegeben um die eigenen Ländereien auszuschmücken und das abhängig von Landstrich und ausgewürfelten Hauseigenschaften. Dorne ist in den Romanen nach meiner Wahrnehmung recht ausführlich beschrieben vor allem im Vergleich zu High Garden oder den Summer Islands. Außerdem gibt es inzwischen ein nicht unerhebliches Maß an offiziellen und inoffiziellen Materialien, die eigentlich für die Leser der Bücher gedacht sind, die sich prima zum Rollenspielen eignen, z.B. „The Lands of Ice and Fire“ eine Sammlung von Karten zur Welt von George Martin.

  2. Was Mondbuchstaben sagt.

    Zumal die Beschreibung anderer Orte und Zeiten als die durch die Hauptcharaktere vereinnahmten extrem dürftig ist.

    Bei Artesia liegt zwar auch der Fokus auf den Middle Kingdoms zur Zeit der Comics, aber ich erhalte trotzdem genug Fluff, um notfalls eine Kampagne in Palatia oder zur Zeit des Throne Thief zu spielen. Wenn ich bei ASoIaF eine Kampagne in Dorne oder zur Zeit von Baelor the Blessed spielen will, dann wird es materialmäßig sehr, sehr dünn.

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