Rezension: Der ewige Krieg von Joe Haldeman

Haldemans berühmtester Roman auf deutschStolze 675 Seiten! Da hab ich mir ja was angelacht, dachte ich, als ich das Paket öffnete. Aber dann ging es ziemlich schnell, denn das Buch hat mich gepackt. Zwar konnte ich es nicht mit auf Reisen nehmen, dazu ist es zu schwer und unhandlich, aber zu Hause darin zu lesen war ein Genuss, der leider nicht mal eine Woche anhielt – dann war ich schon durch. Kurzum, ihr merkt schon, dass Buch hatte mich gepackt.

Um was gehts? Das Buch beginnt kurz nach dem Vietnamkrieg (in dem der Autor gedient hat). Auf der Erde hat man den sog. Kollapsarsprung erfunden, mit dem man ziemlich zügig in fremde Systeme kommen kann – zügig für die Besatzung, denn bei der relativistischen Geschwindigkeit altert zwar die Besatzung nicht, aber auf der Erde vergeht viel Zeit – Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte. Der Held des Buches, ein dunkelhäutiger Amerikaner namens Mandella, wird zu einer Art Spacemarine ausgebildet und kämpft gegen die Taurier – in einem aberwitzigen Krieg, da die langen Zeiträume dazu führen, dass Waffen und Kampftechniken des Gegners immer eine völlige Überraschung sind. Das erste Treffen auf den Feind wird dann auch ein grausames Gemetzel, weil die Taurier nicht auf die Idee gekommen sind, dass jemand mit Infanterie angreifen könnte – sie haben zu diesem Zeitpunkt nur Abwehr gegen Raumschiffe.

Die Geschichte ist spannend geschrieben, man fiebert mit dem Helden Mandella mit. Mandalla ist ein Zweifler, der uns in seine Gefühle gucken lässt. Haldeman lässt uns die Angst des Protagonisten  vor einem Einsatz spüren und das Gefühl, getötet zu haben (oder, als er Karriere macht, verantwortlich für den Tod seiner Leute zu sein). Man fiebert deshalb mit Mandella mit – er ist ein Held mit Ecken und Kanten, die ihn greifbar machen und deshalb auch liebenswert.

Mandella kehrt im Rahmen der Romanreihe mehrfach ins Zivillistenleben zurück – mit geringem Erfolg. Mal hat die Erde in den Jahrhunderten (die sich für ihn wie einige Jahre anfühlen) so verändert, dass mal jeder Mensch homosexuell ist, mal ist die Gesellschaft gewalttätig, mal eine Art Gruppenbewusstsein, zu dem er nicht gehört.

Man merkt dem Buch an, dass es stark von den Gefühlen des Autors inspiriert wurde, als dieser aus Vietnam zurückkehrte und sich wieder in die amerikanische Zivilgesellschaft eingewöhnen musste. Das Gefühl der Ausgrenzung, des nicht-mehr-dazugehörens ist ein starkes Thema.

Das Buch erinnert in einigen Punkten stark an Starship Troopers (ich beziehe mich auf das Buch von Heinlein), aber als Gegenentwurf. Während Heinlein eine ziemlich idealisierende Vorstellung vom Soldatensein hat, ist diese Romanreihe ein Anti-Kriegsbuch. Die Wikipedia sagt, dass Heinlein dem Autor anlässlich der Verleihung des Nebula-Awards für den „Ewigen Krieg“ gratuliert habe, was Haldeman angeblich mehr bedeutet habe als der Preis selbst – offenbar verstand Heinlein das Buch nicht als Kritik an seinem Werk. Der letzte Roman, „Der ewige Friede“, hat wie der erste auch schon den Nebula Award und auch den Hugo gewonnen, die beiden wohl wichtigsten Preise für SciFi.

der_ewige_Krieg_insideDer Mantikore-Verlag hat mit der Gesamtausgabe ein schönes Buch hingelegt, das diesem Sciencefiction-Klassiker würdig ist. Ein schönes Hardcover, Lesebändchen, das volle Programm, ich hab ich euch mal ein Foto gemacht. Der Romanzyklus ist vollständig in dem Sammelband enthalten, einschließlich des sehr viel später entstandenen Teils „Der ewige Frieden“. Die Übersetzung erscheint mir (ohne das Original gelesen zu haben) weitgehend gelungen, auch soweit der Militärjargon getroffen wird. Das Lektorat (von Thomas Michalski – ob das der DORPer ist?) erlaubt sich im letzten Drittel des Bandes ein ganz paar Schwächen, die aber kaum auffallen – nur einmal ist ein Satz Sinn entstellend, weil ein „nicht“ fehlt, sonst geht es nur um fehlende Buchstaben. In meiner Ausgabe waren auf den allerletzten Seiten die Blätter nicht mehr gut geschnitten und mussten am unteren Rand aufgetrennt werden. Abgerundet wird das Buch mit einem kurzen Interview, das der Verlag mit dem Autor geführt hat und einem Poster, dass die Szene auf dem Cover wiedergibt.

Von mir gibt es auf der Skala, die von einem bis fünf Spacemarines reicht, auch die vollen fünf – den wenn ich ein so dickes Buch in knapp einer Woche schaffe, dann hat es mich auch gepackt!

Joe Haldeman
Der ewige Krieg
Mantikore Verlag, Frankfurt
ISBN-10: 393921227X
ISBN-13: 978-3939212270

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10 Gedanken zu „Rezension: Der ewige Krieg von Joe Haldeman

  1. Ich stimme dir zu, ein grandioses Werk.

    Ich mag das Karel-Thole-Cover von Heyne (das waren noch Zeiten) lieber, aber die Neuauflage trifft ganz gut die Sehgewohnheiten der heutigen Computerspieler. Das Ding sieht äußerlich aus wie einer dieser Mass Effect / Halo / Star Craft Romane von Panini. (Was ich positiv finde.)
    Meine Güte, was erwartet den Käufer für ein Schock, wenn er mit dieser Erwartungshaltung an Haldeman herangeht…

    Nur: Was hat Mantikore geritten, diesen roten Streifen auf das Cover zu setzen? Das ist doch unschön, und völlig unnötig?

  2. Kein Problem:

    Ist schon sehr ein Produkt seiner Zeit. Thole hat damals maßgeblich den Look and Feel der Heyne SF-Reihe geprägt, er hat gefühlte 75% aller SF- und Fantasy-Romane bebildert. Einen vergleichbaren Einfluss auf die „Corporate Identity“, wie man das Neudeutsch nennt, hatte eigentlich nur Heinz Edelmann bei Klett Cotta.

  3. Moin Moin!

    Jau, der Thomas Michalski ist der DORPler ;)
    Ich wüsste zumindest nicht, dass ich im Rollenspiel- oder Buchbereich einen Namensvetter hätte, wobei ich das auch nie zur Gänze recherchiert habe.

    Schön aber, dass das Buch zu gefallen weiß!

    Ich ganz persönlich mag auch das Cover sehr, sehr gerne, das die englische Sammelausgabe ziert, die 2006 bei Gollancz erschienen ist:
    http://www.fantasticfiction.co.uk/h/joe-w-haldeman/peace-and-war.htm

    Aber schon sehr spannend, wie der gleiche Text bzw. in dem Falle ja teilweise der gleiche Textkorpus zu so völlig unterschiedlichen Interpretationen geführt hat.
    Ich finde das Pascal-Quidault-Cover der Mantikore-Auflage auch durchaus schick, aber gerade wenn ich so den Vergleich zwischen Thole, Quidault und dem ungenannten Künstler der Gollancz-Fassung sehe, hab ich auf jeden Fall Lust, irgendwann mal was über sich wandelnde Coverkulturen zu schreiben :)

    Viele Grüße,
    Thomas

      • Ja, die DORP insgesamt hat bzw. diverse Mitglieder der DORP haben sich ja mittlerweile in diverseste offizielle(re)n Baustellen eingefunden :)
        Ohne dabei der Mutterseite ganz den Rücken zu kehren ^^

        Viele Grüße,
        Thomas

    • Ich besuche einmal im Jahr das Mekka der SF-Fans, die Londoner Buchhandlung Forbidden Planet. Das ist jedesmal ein Augenschmaus an Covergestaltung. Wie unterschiedlich englische und amerikanische Cover des gleichen Romans sein können! Und wenn man dann noch eine mögliche deutsche Übersetzung daneben hält…

      Hier zeigt sich, dass Buchverleger noch sehr genau darauf achten, ihre Produkte auf ihre jeweiligen Heimatmärkte zuzuschneiden. Der krasse Gegensatz zur Globalisierung auch der Marken und Lizenzen (Raider –> Twix, Krieg der Sterne –> Star Wars) und dem teilweise schädlichen Beharren (des Lizenzgebers) auf 100%iger Übernahme der CI einer Marke.

      Hätte FSV D&D besser auf dem deutschen Markt platzieren können, wenn sie von TSR nicht so am Gängelband geführt worden wären? Wenn sie eigene Module, Kampagnen usw. hätten schreiben dürfen?

      • Das macht mich jetzt schon ein bisschen neidisch. Aber London liegt so selten auf dem Weg…

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