Immersion ist ein tolles Wort und so toll wie das Wort ist, pflegt fast jeder Rollenspieler seine eigene Definition des Wortes und ist auf die meisten anderen Definitionen schlecht zu sprechen.
Na klar, jeder definiert seinen Spaß anders und die Sache mit der Immersion oder den Eintauchen in den Charakter ist so eine persönliche Sache, das man bei Vorschriften. Eine der häufigeren Varianten die mir begegnen, wenn die Spieler erzählen, wie sie in ihren Charakter finden ist der Blick auf den Charakterbogen.
Was auf den Charakterbogen? Was hat denn das mit Immersion zu tun?!? Tönen dann gleich andere Spieler.
Meiner Ansicht nach eine ganze Menge!
Beim Versetzen in den Charakter geht es meiner Meinung nach auch darum, was der Charakter kann. Fast jeder rational handelnde Charakter oder Mensch versucht immer seine Probleme mit Fertigkeiten zu lösen die er kennt oder beherrscht. Ein Krieger benutzt in der Regel eher Körper und Gewalt als ein Priester, der vielleicht auf Gemeinschaft und weise Worte setzt. Die Fertigkeiten und Attribute auf dem Bogen sind ein gutes Hilfsmittel um zu sehen, wie der Charakter wahrscheinlich aufgrund seiner Veranlagungen und Fertigkeiten reagieren wird. Zusätzlich wird diese Entscheidung noch durch die Nationalität und den Glauben oder Stand der Person geprägt (Besser gesagt also durch seine sozio – kulturelle Prägung).
Fast alle diese Daten sind auf einem Charakterbogen und ich kann jeden Spieler verstehen, der zum Abgleich auf vorhandene Informationen zurückgreift um eine Entscheidung zu fällen die wirklich aus dem Charakter kommt und nicht aus dem Bedürfnis des Spielers, der den Charakter führt.
Gemessen an der reinen Darstellung ist vielleicht der Spieler toller, der nicht auf den Bogen schaut und sich einfach an eine Darstellung hält, doch wenn es darum geht den Charakter plausibel darzustellen und ihm eine zur Figur passende Art und Weise zu verleihen.
Fazit:
Immersion über den Charakterbogen funktioniert in meinen Augen denn der Charakterbogen ist ein prächtiges Mittel zu Improvisation. Auf ihm stehen Zahlen und Werte, es sind Fertigkeiten vermerkt, eventuell Gesinnungen und sonstige Informationen. Mit Hilfe des Charakterbogens soll sich der Spieler ein Bild vom Charakter machen. Vielleicht neige ich deshalb dazu, auf meinem Charakterbogen auch ein paar sonstige Eigenschaften und etwas zur Kleidung stehen zu haben um ein Bild entstehen zu lassen. Der Mantel aus Dogs in the Vinyard ist z.B. ein sehr gute Beispiel. Der Mantel transportiert neben dem Aussehen auch Atmosphäre, er reist mich jedes mal in Western Stimmung, wenn ich ihn beschreibe.
Ich immer wieder gute Spieler die von mir als mit einer Situation konfrontiert werden, die sie nicht intuitiv im Sinne des Charakters erfassen können. Diese Spieler werfen dann einen Blick auf ihren Charakterbogen und nutzen den, um sich Hilfe bei der anstehenden Entscheidung zu holen und den Charakter dann gut darzustellen.
Und dafür ist so ein Bogen sehr gut.
Da gehen unsere Meinungen etwas auseinander, Großer. Auf dem Charakterbogen steht meiner Meinung nach nur das, was du mit deinem Charakter im Spiel erleben willst: klassische „Flags“ also.
Das eigentliche Bild des Charakters aber entsteht in meinem Kopf, ganz ohne Werte und andere Eckdaten.
Ich denke nicht, dass unsere Meinungen so auseinander gehen, nur weil Du für dich einen anderen Weg zum Fokussieren hast.
Du setzt den Fokus zum Improvisieren über Flags, jemand anders über Werte und Gesinnung. Aber ihr beide werft ab und an mal einen Blick auf den Charakterbogen um Euch Hilfe zu holen, den Charakter gut zu spielen.
Also Immersion über Charakterbogen.
Ich dich IMHO auch schon mit dem Blick auf den Charakterbogen erwischt, als wir in Hamburg Reign gespielt haben und du wissen wolltest wie du reagierst.
Allerdings können die Umstände damals auch zu gewissen Fehleinschätzungen geführt haben.
Der Charakterbogen ist nur eine Krücke. Schau mal beispielsweise Amber an, da haben die Spieler von Anfang an kein Charakterblatt, weil das der SL einbehält.
Trotzdem haben die Spieler eine Vorstellung von dem, was sie darstellen wollen.
Das mit dem Reign-Charakterbogen stimmt, aber halt nur, weil ich das Spiel nicht kannte und wissen wollte, was mein Charakter laut Regeln kann. Das, finde ich, hat aber mehr mit Informationseinholung als mit Immersion zu tun ;)
Tja, wenn deine Leute und Du ohne Blatt besser in der Charakter kommen, dann kann ich deiner Erfahrung ohne Praxistest nicht widersprechen.
Aber eine Krücke ist ein Hilfsmittel, wenn man Probleme hat und exakt so sehe ich den Bogen.
Wenn die Spieler zum Beispiel erfahrener sind, dann benötigen sie in der Regel den Bogen nicht mehr zum Improvisieren, weil sie Fertigkeiten und Verhalten des Charakters schon verinnerlicht haben.
Und nimmst Du Amber als Benchmark? Ich bevorzuge da eher Everway oder Theatrix, wenn es um auf Story zentriertes Spiel geht.
Bei normalen Spielen, die den Spielaspekt neben der Rolle stärker betonen, kann ich nur WuShu ohne Charakterbogen spielen, weil es so einfach gestrickt ist, dass ich den Bogen als erfahrener Spieler nicht brauchen.
Aber die Variante, dass Amber den Bogen behält hatte ich echt nicht im Kopf, ist das by the Book oder optional?
Kannst du bei der Sache mal schildern, was für Vorteile es für das Spiel bringt, wenn nur der SL den Charakter-Bogen hat?
Amber ohne Charakterbogen ist by the book, das ist ja das geile :)
Aus meiner Erfahrung gesprochen: Wenn die Spieler keine Charakterbögen haben, lassen sie sich mehr auf ihren Charakter ein –> tiefere Immersion.
Meine Erfahrung sagt: Dann dominiert zu leicht die Persönlichkeit des Spielers. Zumindest zum Anfang hilft ein Bogen dem Spieler, nicht das Gleiche in grün zu spielen.
Aber das ist nicht verbindlich.
Inhaltlich gibt es da nichts auszusetzen. Allerdings gibt es zumindest drei Stellen im Text, wo Teile des jeweiligen Satzes fehlen, was nicht nur Fehler nach dem Duden sind sondern dem Verständnis schadet. Das solltest Du verbessern, da es immer mal wieder vorkommt.
Hi Jörg,
Das sehe ich auch so. Es ist einer der Gründe, warum im 1w6-System die Spieler die Eigenschaften des Charakters frei wählen können, am Besten mit Namen, die Einzigartig für den Charakter sind. Dadurch ruft schon ein Blick auf den Charakterbogen die Vorstellung des Charakters hervor.
Gleichzeitig ist es der Grund, warum es nur Platz für 6 Eigenschaften und 10 Fertigkeiten/Berufe gibt. Ein klares Bild ist einfacher und direkter zu erfassen als 2 unscharfe. Und warum Berufe genauso auch Klischees sein können („Naturbursche“).
In unseren Runden hat das meinem Gefühl nach dazu geführt, dass die Charaktere präsenter sind (z.B. die Untote mit der negativen Eigenschaft „Unzurechnungsfähig“).
Übrigens gilt das meiner Meinung nach auch für NSCs, und die Informationen, die wir für NSCs aufschreiben sollten auf Charakterblättern präsent sein. Wenn sie uns als SL nutzen, schnell in den NSC zu schlüpfen, dürften sie auch den Spielern nutzen, schnell in ihren Charakter einzutauchen.
PS: Ich habe jetzt einfach mal meine Antwort aus Tanelorn auch hier her kopiert :)
Hey Arne, dass ist dann ein bisschen wie in Wushu, oder?
In Western City habe ich einen Beruf unter den wirklich alles fällt, was man damit im weitesten Sinne verknüpfen kann und ein paar Hobbys, die das Charakterbild abrunden.
Wie sieht es bei Euch mit Attributen aus?
So kann man sich täuschen… als ich auf RSPblogs.de den Post (bzw. die Überschrift) las, war meine erste Assoziation die eines grafisch gestalteten Charakterbogens, der einerseits durch Rahmen und Vignetten o.ä. das Setting/Genre transportiert, und andererseits durch persönliche Doodles („Wappen oder Charakterskizze“, aber auch Aragones-artige Kritzeleien am Seitenrand), die während vergangener Sessions entstanden sind, Stimmungen erinnerlich macht.
Da hätte ich sofort zugestimmt.
Aber Zahlen auf einem Bogen… da muss man ein Faible für haben, um daraus Immersion ziehen zu können. Ich kann es nicht.
Der Bleistiftstrich, mit dem ich letzte Session meinen Hit-Point-Wert korrigiert habe, und der Schwung der Linie, die die „2“ bildet, bringt mich sehr wohl wieder in den Moment hinein. Aber es ist nicht der konkrete Wert, sondern die Tatsache, dass da etwas vom Bleistift abgebrochen ist, als ich die Zahl schrieb, und dass man den Kratzer auf dem Papier noch sehen kann, usw.
Das geht mir auch so → die Charakterbögen brauchen noch etwas mehr Design (nicht nur praktisch, auch stilvoll).
Ich stelle relativ verblüfft fest, wie viele Leute hier und in Foren wert auf eine ansprechende graphische Ansprache des Bogens legen.
Mein Bekanntenkreis scheint da echt anders gestrickt zu sein.
Allerdings ist es echt witzig, wenn ich an das Schreiben von Regelwerken denke, da muss ich mir für meine zukünftigen Spiel echt mal etwas einfallen lassen.
Stilvoll reicht nicht, hier hat man ja bei mehreren Leuten gesehen, dass gewisse Elemente bevorzugt werden.
Ich bin leider eine Null im Entwerfen, aber mal sehen, was ich mir so einfallen lassen kann.
Du kannst ja schauen, ob du unsere Charakterhefte als Grundlage nehmen willst (vorsicht: frei lizensiert GPL Änderungen müssen auch frei gegeben werden, wenn sie weitergegeben werden).
http://bitbucket.org/ArneBab/1w6/src/18664d3dbd84/Charhefte/
Von der Struktur her sind sie bereits praktisch (und seit Jahren getestet), aber das Design ist noch sehr minimalistisch.
Sie brauchen Skribus http://scribus.net