Von ergebnisoffenen Spiel und den dabei entstehenden Geschichten oder wie Jörg das Rollenspiel sieht.

Einleitung

Dieser Artikel ist ein Versuch, meine aktuelle Meinung zum Rollenspiel zu Papier oder besser gesagt in eine Textform zu bringen. Ich lese viel und gerne in Foren, die sich mit meinem Lieblingshobby beschäftigen und sehe dort in Deutschland immer wieder die Fronten der verschiedenen Spieler die sich gegenseitig bearbeiten und dabei in meinen Augen zu einem guten Teil der Lächerlichkeit preis geben.

Das Hobby Rollenspiel ist eines der eher abwechslungsreichen. Man kann von Spielabenden die einen fast an Table Top erinnern bis zu Kampagnen die einen epische Geschichten erinnern alles erleben und wenn man offenen Geistes ist, auch mit vielen Arten des Hobbys Spaß haben. Ich bevorzuge die ergebnisoffene Variante und verteidige sie daher auch regelmäßig mit Vehemenz, weil sie mir von den Aspekten die ich am Hobby mag am besten liegt.

Das mein persönlicher Wohlfühlfaktor für mich als SL und Spieler ganz oben steht ist wohl klar, aber sind die anderen Spielweisen deshalb schlechter?

Ja! (Aber nur für mich)

Ganz im Ernst, warum sollte ich etwas spielen, bei dem ich wenig oder weniger Spaß habe als es mir mit andern Spielarten möglich ist? Das wäre wie schlecht schmeckenden Kram essen obwohl man für den selben Preis auch seine persönliche Spitzen-Gaumen-Kost bekommen kann.

Es mögen also alle anderen Menschen auf dieser Welt mit ihrem bevorzugten Stil Spaß haben, solange sie nicht von mir verlangen mit ihnen zu spielen. Für mich mag ihr Stil zu spielen abscheulich sein, aber was sollte mich das interessieren?

Ich spiele ja, was ich mag.

Zum eigentlichen Thema

Meine Essenz des offenen Spieles wird aus vielen Elementen gebraut, die mir gefallen, doch der grundlegende Faktor ist immer eine solide Simulation der Spielwelt, welche ich sowie beim Geschichten-Spielen als auch bei den Abenteuer-Spielen als unverzichtbar halte.

Die Welt und das Abenteuer müssen glaubwürdig sein, um die Spieler in das Geschehen abtauchen zu lassen. Die Glaubwürdigkeit des Spieles hilft jedem SL, seine Idee an den Spieler zu bringen. Sie vermeidet unnötige Streitereien und Missverständnisse die das Spiel stören.

Mein erster Grundsatz:

Die Basis auch eines jeden ergebnisoffenen Spieles ist für mich eine gute Geschichte.

Ergebnisoffen bedeutet nicht, dass man sich hinstellen muss und in einer Sandbox spielt. Ich benötige etwas an dem ich meine Abenteuer und Geschichten aufhängen kann. Das kann ein Metaplot sein, wie in das oder aus einer Buchreihe, die mir sehr gefällt, aber auch eine Idee die ich selber entwickelt habe und mit der ich meine Spieler konfrontieren möchte.

Das schöne an einem Metaplot ist, dass man ihn als Ideensteinbruch benutzen kann, aber nicht muß!
Ja, ganz im Ernst, wer zwingt einen als SL dazu das zu machen was in den Büchern steht? Ich finde es immer besser mit so einem Metaplot oder einer guten Geschichte an die Planung meiner Kampagne heranzugehen, als mir etwas aus der hohlen Hand zu improvisieren.

Die Geschichte um die sich mein Spiel steht sagt, was in der Welt passiert in der meine Spieler mit ihren Charakteren wandeln. Sie bietet mir die Möglichkeit aus ihrem ersten (wahrscheinlichen) Verlauf hinaus Abenteuer zu generieren. Sie bietet die Möglichkeit auf einer soliden Grundlage zu improvisieren und den Spielern etwas zu bieten, was sie ins Spiel zieht.

Dabei ist das Vorhandensein der Geschichte nicht unlogisch, wenn man sich irgendwo hin begibt, ist es sehr wahrscheinlich, dass dort viele verschiedene Geschichten parallel zueinander ablaufen. Je epischer die Kampagne angelegt ist, desto mehr rücken die Spieler in den Strudel der Ereignisse, die sich dort abspielen.

Wer meine Beiträge zum Spiel oder Leiten schon ein wenig verfolgt hat, wird jetzt an meine Technik mit den 3 Timelines denken, die ich benutze um Anreize für die Spieler zu schaffen, mit ihren Charakteren in der Welt zu interagieren.

Diese Timelines sind mein Werkzeug zum Entwerfen der Geschichte. Ich sehe wie meine Spieler auf die Anreize der Geschichte die um sie herum entsteht reagieren und Einfluss auf sie nehmen, wenn alles gut läuft. Die Ergebnisoffenheit des Spieles entsteht dadurch, dass ich Wahrscheinlichkeiten abwäge und die Reaktion der Spieler und ihrer Charaktere dann in eine Relation setze.

Diesen Ansatz werden viele Verfechter des total offenen Spieles verachten, denn ich versuche in ihren Augen ja eine Geschichte zu erzählen, statt die Charaktere Geschichte machen zu lassen.

Das ist in meinen Augen aber nur bedingt richtig.

Es ist sehr unwahrscheinlich/unlogisch, dass ein Anfänger im Spiel die Macht oder Fertigkeiten besitzt, die Ränke und Ereignisse um sich herum aufzuhalten. Bei meinem ergebnisoffenen Spiel geht es also darum, wie die Charaktere reagieren und in welche Richtung sie eine Geschichte beeinflussen. Sie können Einfluss auf die Ereignisse nehmen, aber halt nur ihren persönlichen Fertigkeiten und Ideen entsprechend.

Wenn die Spieler gute Ideen haben, heißt dass aber auch, dass ich diese umsetzen muss. Es gibt nichts, was in Stein gemeißelt ist. So habe ich einmal eine Gruppe totaler Anfänger gehabt, die mit ein paar extrem guten Würfel-Würfen einfach dafür gesorgt hat, das sich die zu begleitende Prinzessin in den König des anderen Königreiches verliebt, obwohl die Geschichte es vorsah, dass die Abenteurer sie aus seiner Obhut befreien und zu ihrem Vater zurück bringen, was zu einem Krieg zwischen dem mächtigen Nachbarn und dem Vater der Prinzessin geführt hätte. Statt dessen lag plötzlich eine Hochzeit an.

Nun stand ich da, mit meinem schönen Plan von der ach so tollen Geschichte und musste mir etwas anderes einfallen lassen.

War das ein Spaß!

Als erstes warf ich einen Blick auf meine Handlungsmaschine, die Tabelle mit den politischen Begebenheiten und änderte die Machtverhältnisse und Freundschaften entsprechend der Hochzeit ab. Dann überlegte ich, was jetzt neues passieren könnte und besann mich dabei auf das beste Hilfsmittel, dass ich als SL habe: Meine SLC. (von den meisten NSC genannt)

Ich nahm mir also meine Spielleiter Charaktere und überlegte mir, wie die unter der Berücksichtigung der Machtverhältnisse auf diese Situation reagieren würden, was eine logische Reaktion der anderen Parteien im Spiel war. Ich las also meine Beschreibungen der SLC durch, sah mir ihre Charakterbögen an und entwickelte einen Plan, wie ich die Sache für die Spieler logisch aber trotzdem dramatisch fortspinnen könnte. Es war schnell ein neuer Bösewicht für die Kampagne gefunden, der Prinz aus einem anderen Königreich, der die Prinzessin ursprünglich heiraten sollte und schon von Kindesbeinen an mit ihr befreundet war.

Der war jetzt böse auf die Gruppe/die beiden anderen Königreiche und fing an, seine Intrigen zu schmieden.

Ja, verschmähte Liebe ist etwas feines!

Der Plot oder besser gesagt, die Geschichte die ich entwickelte war um einiges besser als meine eigene Idee und das alles nur, weil die Würfel und der Ideenreichtum der Spieler es so entschieden hatten.

Natürlich hätte ich die Prinzessin auch wie für die eigentlich geplante Geschichte reagieren lassen können. Das hätten die Spieler mir sicher nicht einmal besonders übel genommen. Doch ich habe mich dagegen entschieden, weil meine Spieler einen anderen Weg gehen wollten und sie mit ihrer Taktik und den Würfen Erfolg hatten. Ich empfinde diese Möglichkeit zum Eingehen auf die Ideen der Spieler als den größten Vorteil für mich als SL. Ich weiß am Anfang des Abends noch nicht, was am Ende für eine Geschichte rauskommt. Ich erlebe das Abenteuer zusammen mit meinen Spielern und kann mich an seinen Wendungen und Ausgang erfreuen. Oft kommen dabei Geschichten oder Abenteuer heraus, die besser als alles sind, was ich geplant habe.

Beim ergebnisoffenen Spiel wird die Kreativität jedes Spielers in die Entwicklung einer guten Geschichte eingebaut und nicht nur meine. Das macht diese Art des Spielens für mich einzigartig und dem reinen Erzählen von Geschichten überlegen.

Sicher hat nicht jeder SL Lust dazu oder kann gut genug improvisieren um so zu arbeiten, was sollte mich das interessieren? Ich glaube ja ganz fest daran, dass ich gut genug bin um so zu leiten und das diese Art zu Leiten meine Stärken unterstützt und meine Schwächen kaschiert. Ich komme als SL zu extrem guten Geschichten die vor dem Spiel noch nicht absehbar waren und mir nicht so viel Arbeit machen wie ein bis ins Detail geplanter Plot.

Die Verfechter des Erzählspieles mögen mich auch angehen und sagen, dass ich immer noch mache, was ich als richtig im Sinne der Geschichte empfinde. Aber das stimmt nur bedingt, denn meine Spieler und ihre Entscheidungen werden immer berücksichtigt. Ihre Würfe und Aktionen werden nicht zum Wohle einer Geschichte verändert, ich reagiere auf die Ereignisse und leite das Abenteuer. Immer mit einem Blick auf meine SLC als Impro-Hilfe und mit einem anderen Blick auf die Aktionen meiner Spieler und ihrer Charaktere. Den entscheidenden Einfluss, was jetzt passiert habe nicht ich, sondern die Spieler und der Zufall, der durch die Würfe der Spieler repräsentiert wird.

Dabei mag es zu Enttäuschungen bei Spielern kommen, dass ihre gewünschte Geschichte nicht so geschieht, wie sie es wollten. Aber die Spieler haben immer die Möglichkeit die Geschichte im ihre gewünschte Richtung zu beeinflussen und das ist mir wichtiger als ein Spieler der seine gewünschte Geschichte perfekt umgesetzt fühlt.

Wenn er eine Geschichte erzählen möchte, dann soll er bitte ein Buch schreiben. Ich leite Abenteuer die hoffentlich im Nachhinein zu einer guten Geschichte werden.

7 Gedanken zu „Von ergebnisoffenen Spiel und den dabei entstehenden Geschichten oder wie Jörg das Rollenspiel sieht.

  1. Wird es nicht irgendwann langweilig sich selber so in den Himmel zu lösen?

    Naja, wenn man solch schlichten Gemütes ist wie Du, dann muss man die Klappe halt aufreißen.

    Alter Erzählonkel

  2. Oha, wem wurde denn da der Würfel gedreht?

    Ich finde es toll, dass Du ab und an deinen Spielstil formulierst und Denkansätze bietest! Das Prinzessinnenbeispiel ist ein tolles Beispiel offenen Spiels!

  3. Hallo Jörg,

    danke für die ausführliche Darstellung deines Spielstils! Ich halte das ergebnisoffene Spiel ebenfalls für extrem wichtig und ziehe persönlich den meisten Spaß daraus, wenn ich die Geschichte *wirklich* beeinflussen kann. Ich finde dein Beispiel ebenfalls gelungen und würde liebend gerne in einer solchen Runde mitspielen.

    Das, was du oben Metaplot nennst, würde ich einfach als (entweder erdachtes oder gekauftes) Abenteuer ansehen. Ein grober Rahmen, den man als „Ideensteinbruch“ einsetzen kann – und im Optimalfall sollte das Ende nicht vorgegeben sein, sondern sich durch die Entscheidungen der Spieler ergeben. 🙂

    Viele Grüße,
    Marcus

    PS: Ich bin übrigens der Spieler des Elfen mit Charisma 4

  4. Danke für die Blumen, ich gebe mir halt ein wenig Mühe.

    Was ich ein wenig schade finde ist, dass die Leute die negativ Voten nichst zur Sache schreiben, weil ich mich dann nicht weiter entwickeln kann.

    Aber höchstwahrscheinlich verfügen sie wie der erste Posten einfach nicht über genügend Fachwissen um sich auszudrücken und müssen meine Genialität mit negativen Voten beneiden.

    Weiter so Jungs!

  5. Aus der Lab Lord Runde!

    Cool, das Du hier was schreibst und vielen Dank für das Feedback. Wie hast Du raus bekommen das ich der Betreiber des Blogs hier bin?

    Der Begriff Metaplot ist glücklicherweise fest definiert und deshalb nicht streitbar, aber ich glaube du meinst einfach, das es egal ist was man als Steinbruch benutzt, oder? Das mit dem Metaplot war nur ein Beispiel, ich bin bei dem Gendanken, das man alles als Ideensteinbruch benutzen kann ganz bei Dir.

  6. Hey,
    sorry für die späte Antwort, ich wollte eigentlich schon viel früher wieder reinschauen!

    Moritz hatte im Nachbericht zur Spiel im Zusammenhang mit der LL-Runde auf dein Blog verlinkt 🙂

    Viele Grüße,
    Marcus

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