Sasse, ein Alt-Nazi NSC

Rassismus

Rassismus

Um mal was produktives zum Karneval der Rollenspiele beizutragen (ich war da in letzter Zeit nicht sehr rege), kommt hier ein Beitrag zum Rassismus-Umzug im April, organisiert von der Zeitzeugin.

Ich stelle euch Alfred Sasse vor, einen Altnazi. Ein echter Altnazi wäre heute in den 90ern, Alfred ist also eigentlich ein Neo-Nazi (weil die Herrschaft der Nazis nicht mehr selbst erlebt hat), aber da damit üblicherweise Skinheads und andere, eher jüngere Personen gemeint sind, ist er eben der Alt-Nazi.

Herr Sasse basiert auf einem der wunderbar plakativen NSCs aus der Feder von Tom Finn (typischerweise weiß ich nicht mehr, in welchem Zusammenhang er ihn brachte, aber den Spruch hab ich mir gemerkt). Er meldet sich am Telefon so (bitte zackig vortragen): Weiterlesen

Taktik im Rollenspiel

Strategie und Taktik

Strategie und Taktik (aus dem Vorvormonat)

Mal wieder viel zu spät, aber immerhin: Mein Beitrag zum Juni-Karneval des Rollenspiels Strategie und Taktik im Rollenspiel“.

Auslöser ist (auch mal wieder) eine Diskussion im Tanelorn, in der Lichtbringer die Frage stellt: Gibt es die taktischsten Kämpfe in [Fate]? Bis zu dieser Debatte dachte ich, zum Karneval nichts beitragen zu können. Aber die ziemlich wilde These (wie einige fanden), gibt mir jetzt doch noch Anlass, über das Thema zu schreiben.

Wenig Gehör fand die von mir oben im Tanelornthema frühzeitig angeregte Differenzierung zwischen Taktik auf der Erzählebene und der Taktik der Regelmechanik. Anlass genug, hier das Thema noch mal aufzugreifen und zu vertiefen.

Beispiele:

a) Der Magier zaubert „Blindheit“ auf einen Gegner, damit der Schurke seine Schurkenfähigkeit, „Hinterhältigen Angriff „, die beträchtlichen Bonusschaden bedeutet, jede Runde machen kann – andernfalls würden die Regeln das nicht erlauben.

b)  Die PCs bauen im Dschungel von Vietnam ihr leichtes Maschinengewehr so auf, dass es mit den (mit normalen Gewehren bewaffneten) Schützen eine L-Form bedeutet. Das ist ein erprobtes Vorgehen, dass echte Soldaten gerne nutzen. Es gibt dazu aber keine Regeln im Spiel, die sich mit Positionierung von Waffen beschäftigt.

Was davon ist jetzt „Taktik im Rollenspiel“? Üblicherweise dürften die meisten Rollenspieler das Beispiel a) darunter verstehen, also die „gamistische Taktik“. Die Nutzung des Regelwerks mit in den Regeln klar definierten Stärken und Schwächen von PCs und Monstern, Zuständen, etc. um besonders leistungsfähige PCs zu bauen und dann effektiv in Kampfsituationen einzusetzen. Ich bin nicht besonders gut in sowas, aber ich habe auch mal einen D&D Charakter bis Level 20 hochgespielt und unser damaliger DM merkte mal an, dass er seine Monster aus dem Adventurepath längst um 1-2 Stufen hochrechnen würde, damit wir nicht mit jeder Begegnung den Boden aufwischen würden. Das war durchaus spaßig, aber auch sehr „brettspielig“. Es war durchaus wichtig, einen Bodenplan zu benutzen, um genau zu berechnen, wo man ideal steht, wo der Feuerball ideal gezündet wird, etc. Gemacht wird in diesen Situationen nur, was die Regeln auch beschreiben. Was nicht im kodifizierten Arsenal des Spielers als mögliche Aktion beschrieben wird, wird auch nicht eingesetzt. Der Hofrat (der damals in der Runde mitspielte) hat dabei den Begriff „Problemlösungscoupon“ geprägt. Die gilt es besonders wirkungsvoll einzusetzen – in D&D 4 hat das dann mit den Powers (die praktischerweise auch noch gleich auf Spielkarten kamen) einen Höhepunkt erlebt: Die benutzten Coupons (Daily- und Encounterpowers) werden „verbraucht“ und beiseite gelegt.

Ist das taktisches Spiel? Sicherlich, auf irgendeine Weise. Sie bildet aber nur in frustrierend kleinen Abschnitten realweltliche Taktik ab (vgl. Beispiel b). Die L-Form des Beispiels ist nämlich nicht Regeln geschuldet, die im Rollenspiel eine Rolle spielen – die L-Form ist z.B. auch gewählt, um nicht versehentlich die eigenen Leute zu treffen. Und „friendly fire“ wird im Rollenspielregelwerk höchstens mal als Patzer-Wurf erwähnt. Man greift also zu immer genaueren Simulationen, wenn man diese Sorte Spiel möchte, und dennoch eine Parallelität zur Realwelt haben möchte und kommt so vermutlich über GURPS zu Advanced Squad Leader (und hat damit das Rollenspiel wieder in Richtung CoSim verlassen).

Gucke ich mir Fate an, dann ist diese Sorte Taktik im Spiel (gamistische Taktik) bewusst unbefriedigend geregelt. Der Spieler kann regelmechanisch nur vier Aktionen wählen, und fast alles läuft irgendwie auf +2 hinaus. Oder um es in den großartigen Worten von YY zu sagen:

Aber im Prinzip ist es regelseitig erst einmal das Selbe, ob man z.B. Luftunterstützung anfordert oder Eichhörnchen auf Koks in die gegnerischen Gräben hetzt.

Soweit er damit sagen möchte, dass die Regeln dafür ein +2 vorsehen können (aber nicht müssen, man kann beides als Aspekt oder als Angriff werten), hat er natürlich Recht.

Ebenso hat er natürlich völlig Unrecht.

Wenn ich auf die regelmechanische Differenzierung von Problemlösungscoupons verzichte, also so „taktische“ Fragen wie „Wann setze ich meine Daily Power ein?“ langweilig mache, tritt eine ganz andere Form der Taktik auf den Plan.

Und zwar die Simulationsmaschine Mensch. Als SL, aber auch als Spieler muss ich mich nämlich jetzt plötzlich auf der Storyebene mit meinem taktischen Problem auseinandersetzen. Die Entscheidung „Was ist besser?“ ([Luftangriff; Flächenschaden 12w6] gegen [Eichhörnchen auf Koks; 12x1w4, ignoriert Rüstung, Angriff dauert an, bis alle Eichhörnchen erschlagen wurden, für jedes getötete Eichhörnchen sinkt der Angriff um 1w4]) treffe ich jetzt nicht mehr nach Regelbuch (was ist nach den Regeln in dieser Situation besser) sondern nach der Gesamtumständen. Aspekte wie „Kraterlandschaft“ fangen an eine Rolle zu spielen, oder der SL „zoomt“ rein und macht aus der Planung des Luftangriffs (etwa durch Beleuchtung des Ziels mit Lasern) ein eigenes Abenteuer.

Auch, inwieweit ich dem SL davon überzeugen kann, das meine Ideen funktionieren werden, spielt auf einmal eine große Rolle. Der SL macht die Plausibilitätsprüfung während des Spiels, nicht die Regelerfinder ex ante (also vor dem Spiel). Und m.E. wird er das besser können, als die notwendig abstrakten Regeln eines Rollenspiels (vielleicht nicht besser als ein CoSim – damit kenne ich mich nicht aus). Es muss also nicht mehr nachgeschlagen werden, welche Regeln das Spiel für einen Luftunterstützung enthält, sondern der SL kann nach Bedarf skalieren, wie detailliert die Luftunterstützung ein Thema wird – von „nach einer Weile werfen drei Flugzeuge Bomben auf die Stellung“ bis hin zu dem oben erwähnten Miniabenteuer, das Ziel für lasergeleitete Bomben zu „beleuchten“ kann man alles machen. Das hat jetzt nichts mit +2 zu tun, das ist eine Frage des Zoomlevels – etwas was Fate der Gruppe sehr frei überlässt, während die meisten Rollenspiele und praktische alle Cosims nur eine Einstellung kennen.

Hinzu kommt noch, das die eigentlichen taktischen Fragen von den Regelwerken nicht behandelt werden (Eulenspiegel hat dazu eine hübsche Liste gemacht):

Nehmen wir mal an, der Gegner hat sich in einem Gebäude verschanzt. (Im Haus sind Geiseln, weshalb wir nicht das ganze Gebäude einfach wegsprengen können.) Mir würden spontan die folgenden Optionen einfallen:

  1.  Ich gebe Sperrfeuer, damit die anderen sich ungestört positionieren können und keiner aus dem Haus zurückfeuert.
  2. Ich werfe eine Blendgranate in das Haus.
  3. Ich werfe eine Rauchgranate in das Haus.
  4. Ich werfe eine Granate mit Tränengas in das Haus.
  5. Ich schleiche mich zum Hintereingang und überrumpel sie von hinten.
  6. Ich fahre mit dem gepanzerten Van Vollgas gegen das Gebäude. (Wahrscheinlich sollte ich damit die marode Wand durchbrechen können.)
  7. Ich schnappe mir irgendeine transportable Deckung und bewege mich unter dieser Deckung bis zum Gebäude vor.

Was davon ist nun die taktisch sinnvollste Option? Auf welche sollte ich eher verzichten?

Würde ich jetzt ASL spielen, könnte ich vermutlich mit etwas Geduld, meinen Charakterwerten und einem Excelsheet ausrechnen, was ich machen sollte. Ist das jetzt „taktisches“ Spiel? Oder überhaupt interessant? Oder ist es nicht ein Vorteil, dass mir nicht die Regeln die Überlegung abnehmen, was hier sinnvoll sein könnte? Sondern das diese (alle auf den ersten Blick erfolgversprechenden) Ansätze durch die Simulationsmaschine Mensch (in seiner Ausprägung als SL) dann am Tisch durchgespielt werden?

Meine Meinung sollte hier klar geworden sein – Taktik ist da, wo das Regelwerk gerade keine Antwort mehr gibt, das andere ist eigentlich mehr eine Übung in Statistik.

Exkurs: Taktik und Erzählmacht der Spieler

Jetzt wird natürlich der (berechtigte) Einwand kommen: „Aber lieber Blechpirat! Wie kann gerade Fate taktisch sein? Was ist denn mit dem Faktenschaffen? Das macht doch jede taktische Überlegung sinnlos! Ein Fatepunkt und meine Taktik ist die Beste!“

Das ist, auch wenn es auf den ersten Blick überzeugend wirkt, Quatsch. Gemeint ist, dass Fate Mechanismen enthält, mittels derer ein Spieler den Fakt etablieren kann, dass auf dem Weg zum Hintereingang „dichte Büsche“ zu finden sind – das würde Lösungsansatz 5 vielleicht besser machen. Aber ich etabliere auch Fakten, wenn ich in einem klassischen Rollenspiel den SL frage, ob es am Hintereingang Büsche gibt – wenn er denn ja sagt. (Sagt er nein, etabliere ich auch etwas) Ein SL muss nicht „ja“ sagen, auch bei Fate nicht  – dort ist nur das Recht des Spielers deutlicher festgeschrieben, und der SL muss sein „Veto“ einlegen. Das ist nichts anderes, das ist nur tendierend formuliert, damit die SLs nicht ständig Spieler ausbremsen.

Praktisch würden bei mir die Büsche da sein, egal ob ich jetzt Gurps leite, oder Fate. Es sei denn, ich hab mir vorher überlegt, warum das nicht sein kann. Denn wenn ich davon ausgehe, dass Fakten wie das Vorhandensein von Büschen schon vorher feststehen, dann verkommt das Spiel dazu, zu erraten, welchen Lösungsansatz der SL im Vorfeld geplant hatte, als er über das Vorhandensein von Büschen am Hintereingang nachdachte.

Welche Funktion hat das Faktenschaffen denn dann? Es ersetzt vor allem das Einkaufen. Letztlich versucht jedes auf Zahlen basierende Spiel den Spieler, seine Erfolgschancen zu verbessern, in dem er sich einen in Zahlen ausdrückbaren Bonus verschafft. Das kann ein geminmaxter Charakter sein, dass kann Shadowrunartiger Waffenporn sein, dass kann Batmans Ausrüstungsgürtel sein – Dinge die ich (und offenbar die Erfinder von Fate auch) eher langweilig finden. Faktenschaffen ist das Fateäuqivalent zum Studium der Ausrüstungsliste. Statt der „Kappe der Unsichtbarkeit +77“ gibt es eben „dichte Büsche“ als von den Spielern geschaffenen Aspekt – beides hat nichts anderes als Ziel (mechanische Funktion), den Spielern ihre Erfolgschancen zu erhöhen.

Wir kommen dann jetzt endlich zum Fazit des Ganzen:

Offenes Szenario gegen Geschlossenes Szenario

Ein offenes Szenario ist eine grobe Skizze, bei der die Details nachgereicht werden, die Spielrelevant sind. Das kann durch den SL passieren, oder durch Spieler (ob nun mittels Erzählrecht oder „Anregung durch eine gezielte Frage“ ist dabei gleich.

Ein geschlossenes Szenario ist ausdefiniert und vor Spielbeginn endgültig festgelegt gewesen. Ein Kaufabenteuer in Form eines Dungeons wäre ein gutes Beispiel dafür.

Letzteres passt m.E. zur Gamistischen Taktik, also der Taktik auf Regelebene. Ich habe ein fertiges, vorgegebenes Puzzle und eine begrenzte Zahl von Problemlösungscoupons. Ich muss die Coupons so einsetzen, dass sie das Problem vollständig lösen. Dabei kann ich versagen, wenn ich z.B. meine besten Coupons (Daily Power) an der falschen Stelle einsetze. Hier besteht oft das Risiko, das der SL sich im Vorfeld eine Lösung überlegt hat, die jetzt erraten werden muss.

Bei der In-game-Taktik ist ein offenes Szenario besser geeignet. Die Büsche sind da, wenn nach ihnen gefragt wird (und nichts dagegen spricht, dass sie dort sind – die Plausibilität der Geschichte muss immer gewahrt sein, im Rahmen der Genrekonventionen). Die Spieler treiben die Aktion voran, der SL simuliert die Reaktion der Umwelt. Eine gute Taktik berücksichtigt die Reaktionen der Umwelt – das Spiel beschäftigt sich daher mehr mit taktischen Themen, als jedes geschlossene Szenario es jemals zulassen würde.

Anker

Logo_RSPKarneval_500pxDies ist der zweite Beitrag in diesem Blog zum aktuellen Karneval der Rollenspielblogs, der diesen Monat unter der Überschrift „Was sind eure Tipps zum (Rollen)spielen?“ steht und von der Zeitzeugin angeführt wird.

Den ersten Beitrag hat die legendäre Lena Falkenhagen verfasst, die sicherlich von sich behaupten kann, eine der bekanntesten deutschen Rollenspielerinnen und -autorinnen zu sein – ein Coup, auf den ich ein bisschen Stolz bin, weil er ganz unerwarteten Glanz in diese Männer-WG hier zwischen Jörg.D und mir bringt.

Ich dachte eigentlich auch, damit wäre alles gesagt, und ich hätte mir die Arbeit erspart, mir selber was auszudenken. Dann stolperte ich aber über eine Idee, zu der ich gerne etwas schreiben möchte:

Anker

Anchor von Broken Piggy Bank bei Flickr

Anchor von Broken Piggy Bank bei Flickr

Anker sind vor allem erstmal ein Hilfsmittel, um einen Charakter interessanter zu gestalten, ihn auf einer Ebene mitzuerzählen, die einem Spieler in vielen Systemen sonst nicht offensteht. Praktisch ist ein Anker ist ein Gegenstand, eine Person oder sogar eine Örtlichkeit mit einer Verbindung zu einem Konzept deines Charakters (bei Fate wäre es z.B. ein Aspekt, bei D&D das, was dich von allen anderen Paladinen unterscheidet) .

Okay, das ist noch etwas wirr, oder? Gucken wir uns mal ein Beispiel an:

Mein Diebescharakter hat den Aspekt „Immer auf der Suche nach fetter Beute„. Ein Anker könnte so aussehen:

  • Eine Münze als Glücksbringer (z.B. eine aus der fettesten Beute, die mein Vater je an Land gezogen hat – eine Aktion, die ich übertreffen muss, um jemals aus dem Schatten meines Vaters treten zu können)
  • Ein ganz konkretes Bankgebäude, das ich gerne ausräumen will oder eine Bankenkette, die überall ihre Finger drin hat
  • Die Gilde der schnellen Finger (oft als Rivalen vorkommend, aber eben auch ein potenzieller Helfer bei den großen Dingern)
  • Jimmy, der beste Schlosser des Imperiums – wenn du ihn kriegen kannst. Ein alter Freund und gelegentlicher Komplize

Man sollte hier eine, höchstens noch eine zweite Option wählen – mehr Anker sind nicht sinnvoll, den selbst wenn man einen Charakter auf die bei Fate üblichen 5 Aspekte runterbricht (und das ist ja schon stark vereinfacht) wären das dann 10 Anker – pro Spieler, das kann sich niemand merken. Weniger ist hier mehr.

Die Idee ist jetzt als Spieler diesen Anker – also z.B. die Münze – zwar regelmäßig anzuspielen (also z.B. immer vor einer schwierigen Aktion auf eine bestimmte Weise zu reiben), aber die Geschichte der Münze nicht gleich herauszuposaunen.

Alleine damit ist schon allerhand gewonnen. Aber noch viel schöner ist es, damit dem SL auch noch ein Werkzeug an die Hand gegeben zu haben, mit dem er dich anspielen kann. Ob das über die NSCs kommt (Jimmy, die Gilde), die impliziten Ziele (größere Beute als mein Vater), Gegnerorganisationen (Die Bank) oder Gegenstände (die Münze ist weg oder bringt plötzlich Pech) – eine weitere Option, mit der die SL ihre Arbeit so machen kann, dass sie passgenau zu meinem Charakter passt – was für mich den Spaß erhöht.

[Fate-Exkurs: Der Anker verlängert also auch gleich den Aspekt: Bittet mich Jimmy um Hilfe, ist das ein Reizen meines Aspektes „Jetzt drehe ich das Ding meines Lebens„. Das ist mächtig und gut…]

Vorteile der Anker:

  1. Bessere „Greifbarkeit“ des Charakters – ich habe einen neuen Weg, um bestimmte Charakterzüge auszuspielen – der Dieb wird auch als Dieb greifbar, wenn er nicht schon wieder den Geldbeutel des Paladins ausräumt, und er ist nicht EIN Dieb, sondern DER Dieb mit [dem Anker]
  2. Die SL erhält Ansatzpunkte, mit denen sie meinen Charakter anspielen kann
  3. Abenteuer werden passgenauer zuschneidbar
  4. Es kann (muss aber nicht, wenn die Gruppe das nicht mag) ein Weg sein, wie die Spieler die Spielwelt (Setting) mitgestalten (durch erfinden von NSCs und Organisationen)

Anker für Fortgeschrittene

  • Spieler können sich Anker teilen. Wenn beide PCs Jimmy kennen, dann ist das auch was tolles – sie können sich gegenseitig anspielen, müssen sich nicht in der Taverne kennenlernen, kurz bevor ein Typ mit Kaputze und Auftrag reinkommt, etc.
  • Ein Spieler könnte den PC eines anderen Spielers als Anker wählen. Interessant, vor allem wenn es nicht gegenseitig ist
  • Wenn ich meinen Anker wechsle, kann ich meinen Charakter ändern, ohne in die Mechanik einzugreifen. Höre ich auf, die Münze zu reiben (weil ich endlich aus dem Schatten meines Vaters getreten bin) und suche mir einen neuen Anker, bin ich ein anderer Mensch – aber vielleicht weiter ein Level 10 Rogue oder DSA-Streuner, der an Phex glaubt und immer mit den gleichen Typen auf Abenteuer auszieht.

Der Beitrag ist eine sehr lose Übersetzung und teilweise Neuformulierung eines Blogposts von Rob Donoghue, von dem ich fand, dass auch die deutschsprachigen Rollenspieler profitieren sollten. Robs Text ist länger und stärker auf Fate zugeschnitten – ich habe also auch noch Dinge weggelassen. Es lohnt sich daher sehr, bei Gelegenheit auch das Original zu studieren…

 

Bisherige Teilnehmer:

Tipps zum besseren Spielen

Tipps zum besseren Spielen.

Ein Gastbeitrag von Lena Falkenhagen zum Karneval der Rollenspielblogs (Organisationsthread)

Logo_RSPKarneval_500pxDer Karneval des Rollenspiels feiert diesen Monat nicht die Spielleiter, sondern die Spieler. Gut so! Denn nicht nur Spielleiten, auch Spielen ist eine Kunst. Viel von dem Gelingen einer Spielrunde hängt davon ab, was für Spieler am Tisch sitzen, wie „gut“ sie spielen und wie gut sie miteinander spielen.

Klingt komisch? Ist aber so.

Woran haben andere Spieler am Spieltisch Spaß?

Nicht alle Spieler suchen dasselbe, wenn sie sich an einen Tisch setzen. Ob man schon lange miteinander spielt oder zum ersten Mal – ich finde wichtig herauszufinden, worauf die Mitspieler wert legen. Mögen sie Kampfszenen? Oder soziales Geplänkel? Wollen sie ausgiebiges Einkaufen ausspielen, oder haben sie Spaß an Detektivspielen?
Egal, woran die verschiedenen Mitspieler Spaß haben, vielleicht hilft es festzustellen, was es ist, um ein wenig Toleranz zu entwickeln und andere auch mal „machen zu lassen“. Auch wenn sie nicht immer das tun, was man sich selbst von ihnen wünschen würde oder gar das Spieltempo reduzieren – sie haben ebenso ein Recht auf „ihren“ Spielstil wie man selbst.

Lasse den anderen ihr Spotlight!

In die selbe Richtung zielt der nächste Tipp. Wenn ein anderer Charakter eine „Spotlight“-Szene bekommt (also eine Szene, die sich um seinen Hintergrund dreht oder seine besonderen Eigenschaften anspielt), hat man sich gefälligst als Sidekick oder Support-Charakter zu verstehen. Zuschauen und den Film genießen, sage ich immer – oder gerne auch so weit beteiligen, wie es das Drama der Szene befördert. Kontraproduktiv ist es, sich dazwischenzudrängen oder gar zu versuchen, das Spotlight zu stehlen (Spotlight-Grabber) – oder zu erwarten, dass man immer im Vordergrund zu stehen hat.

Spiele die anderen Figuren mit!

Spielt einer der Mitspieler eine Autoritätsfigur? Im DSA wäre ein Beispiel ein Praios- oder Rondrageweihter oder ein Adliger; bei Shadowrun vielleicht ein militärischer Vorgesetzter oder ein altgedienter Runner.
Solche Figuren hängen immens davon ab, dass die anderen Spieler am Tisch die Autoritätsfigur „miterzählen“. Wenn ein Praiosgeweihter nur auf demokratische Söldner trifft, die die Götter und ihre Geweihten ablehnen, kann der Spieler des Priesters noch so virtuos spielen, der Charakter muss zur Witzfigur verkommen. Natürlich muss der Spieler auch ein gewisses Talent oder eine Weisheit in der Darstellung der Autoritätsfigur mit sich bringen; doch ein großer Anteil liegt bei den anderen am Tisch.

Umgekehrt gilt das auch für das Gegenteil. Gibt es einen Bettler am Tisch, oder ein Mitglied einer diskriminierten Minderheit? Spielt jemand bei Deadlands einen Chinesen, kann man davon ausgehen, dass er in der Rolle diskriminiert werden möchte. Das ist in unseren aufgeklärten Zeiten oftmals kontra-intuitiv, gehört jedoch zu der Rolle, die er gewählt hat. Dann sollte man sich ein wenig Mühe geben.

Zögere nicht!

Viele Abende im Rollenspiel leiden unter zögerlichen Spielern. „Wenn wir X machen, dann passiert uns vielleicht Y …“ – „Aber wenn wir Z machen, dann geschieht V!“
Unter dem Strich kann man nicht wissen, was geschieht – man kann nur so reagieren, wie der Charakter es in der Situation tun würde. Natürlich ist das keine Einladung, kopflos durch die Gegend zu laufen und sich keine Gedanken zu machen. Aber Angst um die eigene Figur – oder gar die Furcht, etwas „falsch zu machen“ – sind am Rollenspieltisch fehl am Platz.

Man kann den Tipp sogar noch erweitern: Zögere nicht, dich zu blamieren! Und wenn man sich durch die Handlung tiefer in die Sch… öne Sauce … reitet? Gut so! Dann hat man Grund zur Heiterkeit und die Szene wird immer spannender, immer gefährlicher und der Spielleiter/die Spielleiterin erhält immer mehr Material für einen coolen Abend.

Mir sind die Abende im Rollenspiel am präsentesten, die aus total irrationalen, aber zum Charakter wie die Faust aufs Auge passenden Handlungen entstanden. Großes Kino sozusagen.

Anknüpfpunkte bieten

Auch bei der Charaktergenerierung kann man schon „richtiges Spiel“ anlegen. Nachteile sind immer auch Vorteile. Wer sich einen Feind in die Geschichte einbaut und ein wenig ausschmückt, um wen es sich handelt und warum er die eigene Figur hasst, wird man damit eher vom Spielleiter angespielt, als wenn man gar keine Hintergrundgeschichte entwirft.
Natürlich darf man das auch nicht überfrachten.

Das kann so weit gehen, dass man Kampagnencharaktere baut. Figuren, die von ihrer Hintergrundgeschichte traumatisiert sind, so dass sie sie nur langsam und Stück für Stück enthüllt wird. Charaktere, die zumindest so weit eine Geschichte mitbringen, das diese das Handeln im Abenteuer prägt.

Nicht auf das Abenteuer warten

Der Spielleiter macht sich viel Mühe, ein Abenteuer für die Spieler zu entwerfen. Vielleicht zeichnet er (oder sie) Pläne, denkt sich Rätsel aus oder entwirft ganze Soziogramme, um glaubhafte Intrigen oder Detektivszenarien zu gestalten.
Daher bin ich ihm als Spielerin schuldig, eine Figur zu bauen, die dem dargebotenen Abenteuer aufgeschlossen ist. Hofdamen und Einsame Wölfe mögen auf dem Papier hübsch aussehen, aber wenn sie keinen Grund haben, hinauszuziehen und nachzuforschen (oder sich in eine Gruppe zu integrieren), dann boykottieren sie das Abenteuer, das sich der Spielleiter so mühevoll ausgedacht hat.

Nicht nur Spielen, auch Spielleiten

Zum Schluss noch ein ganz wichtiger Tipp: Spiele nicht nur, sondern leite auch selbst! Viele Dinge (Logikfehler, Rewind-Szenen, die im Nachhinein geändert werden müssen, weil der Spielleiter etwas vergessen hat, allwissende NSC) erklären sich schnell, wenn man mal wieder selbst geleitet hat und weiß, dass der Spielleiter (die Spielleiterin) bisweilen durch kleine Unaufmerksamkeiten einen wichtigen Fehler machen kann, der im Nachhinein korrigiert werden muss. Oder eine Logiklücke fällt ihm beim Planen erst gar nicht auf, sondern erst, wenn die Spieler den Finger darauf legen. Kleine Fehler in der Abenteuerplanung zu tolerieren erhöht den Spielspaß für alle Beteiligten.

Gleichzeitig gilt dieser Tipp auch umgekehrt. Als Spielleiter sollte man auch des öfteren mal Spielen, um zu merken, wie sehr und warum solche Denklücken oder Fehler die Spieler nerven können. Das führt gleich zu sehr viel mehr Toleranz am Spieltisch.