Während die Blogs gerade #RPGaDAY machen (und zwischen einmal, wöchtenlich und täglich einen Beitrag zu einer Frage schreiben, ist bei Facebook gerade #MeinWegimRPG angesagt. Im Forum gibt es derweil eine Gegenaktion, die den eher auf die Metaebene zielenden Fragen des RPGaDAY nutzbaren Inhalt entgegensetzen will: Wieder wider RPG-a-Day (2018). Hier geht es um Aushänge, Kleinanzeigen, etc., mit denen Spieler im Spiel konfrontiert werden können.
So ganz konnte ich mich dem nicht entziehen, und nehme das mal als Anlass, ebenfalls ein paar Cover von Rollenspielen zu posten, die für mich wichtig waren (allerdings kommentiert, nicht wie bei Facebook ohne Kontext), ein paar der RPGaDAY-Fragen aufzugreifen und eine Kleinanzeige beizusteuern.
MeinWegimRPG
Begonnen hat alles DSA, natürlich! Damals, beim Judo, brachte jemand seine DSA-Boxen mit. Schon angefixt, aber ohne Mitspieler, ohne genaue Idee, was daraus werden würde, wie man das spielt. Heute, jahrzehnte später, ist Judo längst vergessen, aber er ist noch immer mein bester Freund und ich sein Trauzeuge. Was übrigens Frage 29 des RPGaDAY beantwortet, ob sich aus dem Rollenspiel Freundschaften ergeben hätten.
Dann kam irgendwann der Zeitpunkt, als uns unsere kleine Stadt zu klein wurde – und wir nach Frankfurt fuhren, um dort andere Rollenspieler zu finden – auf dem ersten besuchten Con, damals auf dem FRON 8, im Jahre ’92. Dort gab es Cyberpunk 2.0.2.0., vorgestellt von Maximum Mike persönlich. Alter waren wir geflasht. DSA war so gestorben für uns. Aus der Nummer mit Cyberpunk bin ich nicht mehr rausgekommen, bis mein Studium vorbei war.
Natürlich habe ich dann viel anderes Zeug gespielt, aber so richtig beeinflusst hat mich dann lange nichts mehr. Um ganz ehrlich zu sein: Die Indieentwicklung in der Forge habe ich weitgehend verschlafen. Aber dann ging es plötzlich ganz schnell:
Diaspora ist ein Spiel, dass ich unglaublich fand. Wirklich gespielt habe ich es eher nicht so oft, aber gelesen! Es basiert auf Fate 3, dass ich mit diesem Spiel kennenlernte. Und Fate war SO ANDERS! Es war unglaublich schwierig, sich Fate selbst beizubringen, weil es so grundsätzlich anders ist, aber ich fand niemand, der das schon gespielt hätte. Seit 2010 leite ich Fate, und gefühlt vertiefe ich noch immer mein Verständnis. Nach Diaspora habe ich noch viele andere Fatespiele gekauft, die zumeist längst vergessen sind – aber mir natürlich im Verständnis geholfen haben.
Wichtig wurde dann wieder das Dresden Files RPG, wieder auf einem weiterentwickelten Fate 3 basierend, aber schon Teile von Core vorwegnehmend. Um das RPG zu verstehen, habe ich mir den ersten Teil der Romanreihe gekauft (und war sofort Fan, die ist fantastisch!). Kein anderes Spiel habe ich seitdem so oft gespielt oder geleitet; das ist geradezu zu einem Fluch geworden, weil meine Spieler mich gar nichts anderes mehr ausprobieren lassen (Frage 17: Das beste Kompliment). Ich gehe in dem Zusammenhang mal auf die 3. RPGaDAY-Frage ein: Was gibt einem Spiel „staying power“, hält es also dauerhaft interessant? In diesem Fall identifiziere ich drei Aspekte:
- Die Verlagerung der Konflikte (auch mechanisch) auf eine persönliche Ebene. Es geht also nicht mehr (nur) um das Ausräumen eines Dungeons oder das Erschlagen eines Monsters! Das passiert auch, aber wichtiger ist der Blick nach innen – was macht das mit mir, was ändert sich an meinen Beziehungen zu den anderen PCs, zu den NSCs? Was muss ich opfern, um Erfolg zu haben? Drama, Baby!
- Fate emuliert die Erzählstruktur der Romane fantastisch. Der namensgebende Held „Harry Dresden“ ist zwar extrem kompetent, muss aber anfangs immer ordentlich einstecken (Fatepunkte sammeln), während er versucht, die Situation richtig zu erfassen. Dann, wenn der Ermittlungsteil durch ist, teilt er ordentlich aus (befeuert durch all die Fatepunkte). Fate gibt den Spielern und SLs das Werkzeug an die Hand, die Beats des Abends dramaturgisch richtig zu setzen. Da die Spieler über den Einsatz von Fatepunkten entscheiden, können sie sich ihre Dramaturgie sogar selber etwas an die eigenen Vorlieben anpassen.
- Eine Romanreihe, die selbst so großartig ist, dass alle auch auf der Ebene im Thema bleiben. Man will in dieser Welt spielen (und endlich den nächsten Band lesen)!
Fiasco hat mich auch noch einmal geprägt – auf zwei sehr unterschiedliche Arten. Zum einen hat es mir klar gemacht, mit wem ich eigentlich spielen möchte, zum Anderen hat es meine Art zu Spielleiten massiv verändert.
Mit wem möchte ich spielen? Fiasco ist spielleiterlos. Es verlagert daher die Aufgaben der SL auf die Spieler, die beides gleichzeitig tun müssen. Ich spiele lieber mit Menschen, die das können. Warum? Weil es die umsichtigeren Spieler sind, die an ihre Mitspieler (als Menschen am Tisch) denken. Weil sie an alle Charaktere, nicht nur den eigenen, denken und für Spaß sorgen (das ist bei Fiasco mechanisch eingebaut). Weil sie an die Story denken, und diese weiterentwickeln, nicht gegen die Wand fahren. Weil sie im Kopf flink und kreativ sind.
Wie hat es meine Art zu leiten verändert? Mein Kumpel Jörg.D hat mir den ersten Schritt in diese Richtung vorgemacht, Fiasco hat es dann perfektioniert: Der späte Einstieg in eine Szene. Ohne Vorgeplänkel, da starten wo es interessant wird. Und früh wieder raus – unmittelbar nach dem wichtigen Teil, nicht erst, wenn keiner mehr etwas findet, was er noch sagen möchte.
Kommt man aus einem „antagonistischen“ Verhältnis des SL zu den Spielern („Ihr habt nicht gesagt, dass ihr nach Fallen sucht, also bemerkt ihr die Falle erst, als es zu spät ist“), sind die Spieler ständig darauf aus, Fehler zu vermeiden. Das zwingt zu einem sehr frühen Einstieg in die Szene: Die Szene „Raum im Dungeon“ beginnt eigentlich schon in der Taverne, beim Konktakt zum Auftraggeber, oder wenn die Spieler entscheiden, ob und was sie einkaufen werden – streiche ich als SL diese Möglichkeit, nehme ich ihnen etwas weg. Leite ich „kooperativ“, kann ich sehr spät in eine Szene einsteigen, sofort in „medias res“ gehen. Denn wenn die Spieler auf etwas Bezug nehmen, was sie vorher gerne gemacht hätten (aber langweilig ist, wie z.B. einkaufen) kann man das offscreen oder (falls spannend oder wichtig, wie genau) im Flashback abhandeln.
Fiasco zwingt einen, sich bei jeder Szene Gedanken darüber zu machen, was man eigentlich in der Szene erzählen möchte, was davon wichtig ist, welche Figuren dazugehören, und das erlaubt (und trainiert) späte Einstiege. Das es überhaupt nicht auf Ausrüstung, etc. oder auch nur das Gewinnen geht, kommt noch hinzu. Fiasco heißt Fiasco, weil es eben um ein solches geht, und das will man dann auch erleben. Und das ist auch die Antwort auf Frage 13 des RPGaDAY, wie sich mein Spiel weiterentwickelt hat.
Dann kam Monsterhearts! Seitdem bin ich ein Fan von der Apocalypse World Engine und Avery, der Designerin von Monsterhearts. Dieses Spiel ist für mich der Inbegriff der perfekten Umsetzung der AWE, die Moves passen perfekt. Es geht um die Monster im Menschen, Gewalt und Sexualität. Ein großartiges Spiel, dass Emotionen und Sozialverhalten mechanisch grandios darstellt und es all die Unsicherheiten zum Thema macht, die rund um Anerkennung, Sex und Liebe wichtig sind – ob das die Angst vor der Auslieferung an eine körperliche überlegene, evtl. gewaltsame Person ist (Werwolf), vor Ablehnung (Vampir) oder davor, dass man gar nicht wahrgenommen wird (Geist). Monsterhearts ist eine der Antworten auf Frage 2, was ich in einem Rollenspiel suche.
Und weil es wieder wider dem RPGaDAY geht:
Drache entflogen. Großzügige Belohnung für den ehrlichen Finder.
Meine Dresden Files Runde hat einen seit jahrhunderten schlafenden Drachen erwachen lassen, um der Geburt eines Geisterwesens beizuwohnen. Jetzt gibt es wieder zwei Drachen…