Warum man als Spielleiter auch mal wieder Nein! sagen sollte.

Ich persönlich empfinde mich als jemand, der als SL viel mit dem Ja arbeitet – schon weil ich eher selten konkreten Plot oder gar feste Szenen vorbereitet habe und von meinen Spielern will, dass ihre Ideen mich so sehr inspirieren, dass es ein toller – wenn auch meist nicht besonders koherenter – Spielabend wird. Ein Spielabend, bei dem sich Spieler und SL gegenseitig den Ball zuwerfen und so gemeinsam was tolles schaffen.
Und je mehr mir das gelingt, desto stärker musste ich lernen, öfter mal „Nein!“ zu sagen. Und ich habe bisher wirklich nicht oft genug „Nein!“ gesagt:
  • Aktionen, die nicht ins Genre passen: „Ein beschädigter Kugelraumer stürzt in der Nähe ab“ – eine Spielerin, die für einen FATE-Point eine Ablenkung haben wollte, in SBA/Mindjammer. Passte nicht ins Setting, und ich mag keine Cross-over! Ich habs damals zugelassen, weil ich die Spieler an die Idee heranführen wollte, dass sie selbst Ideen ins Spiel einbringen. Aber nun waren die Kugelraumer etabliert…
  • „Mein Charakter ist albern/Einzelgänger/will nix mit dem Settingthema zu tun haben“ – srsly? Ein alberner Charakter entwertet das Spiel der anderen! Selbst „lustige“ Chars können schon grenzwertig sein – aber ein alberner Char ist tötlich für jede Form der Stimmung. Und Einzelgänger nerven und müssen immer vom SL unter Krämpfen im Spiel gehalten werden! Das tue ich mir nicht mehr an. Ich erwarte von meinen Spielern, dass ihre Chars eine Motivation haben, mit den anderen zusammenzuarbeiten.

Der Satz mit dem „Ja“ ist eine feine Leitlinie für Leute, die bisher nur sehr klassische Rollenspiele kennen. Sobald deine Spieler aber empowert sind, wechselt der SL die Rolle – er ist auch der Hüter der Genre-/Setting-/Stimmungstreue. Dazu muss nun mal auch das „Nein!“ sein – wer in einem Film-Noir inspirierten Setting eine superreiche Ente mit Zylinder spielen will, der hört von mir ein Nein. Denn der SL war auch schon immer dafür da, Dinge im Vorfeld auszuschließen, die den Spielspaß stören werden.

7 Gedanken zu „Warum man als Spielleiter auch mal wieder Nein! sagen sollte.

  1. Wenn die Spieler empowert wären, könnten sie dann ja selbst und gegenseitig auf die Qualität ihrer Beiträge achten. ^^

  2. Das mit dem Hüter der Atmosphäre unterschreibe ich ohne zu zögern. Aber auch mit dem letzten Absatz sprichst du ein interessantes Spannungsfeld an, obgleich mir der Zusammenhang player empowerment – klassisches Spiel – Ja/Nein-Sagen nicht ganz klar ist. Ich seh das so: Je detaillierter/konkreter die Vision des Spielleiters/Settings und die Regeln sind, desto eher kommt es zu „Neins“. Ich könnte mir vorstellen, dass es gar nicht leicht ist, sich in solchen Konstellationen vom ständigen „Nein“ zu lösen, ohne den Masterplan zu gefährden. Da fällt es wohl oft leichter, sich ein neues, „Ja“-tauglicheres Umfeld = anderes Setting/System/Runde zu schaffen.

  3. Kugelraumer gibt es in diesem Setting nicht, aber was hältst Du stattdessen von dem XYZ Frachter?

    Das ist besser als ein Nein.

    Wobei es mir als SL eigentlich scheiß egal wäre ob es in dem Setting nun Kugelraumer gibt oder nicht. Seine Energie auf so einen Kleinkram zu verschwenden heißt für mich schlecht zu leiten.

    Story und Charaktere gehören in den Fokus nicht vermeintliche Settingfakten.

    Zum Charakter:

    Wenn dein Charakter nichts mit dem Thema des Abends zu tun haben will, wie soll ich ihn dann so einbauen, dass Du auch Spotlight und Spielspaß hast?

    Finde ich auch besser als Nein.

    Ich sage ja nichts gegen ein Nein im Spiel, aber deine Beispiele sind schlecht konstruiert und die Situationen lassen sich anders viel einfacher als mit einem Nein regeln. Wie schon an anderer Stelle erwähnt worden ist, kann ein Nein, aber eine Kommunikation ermöglichen und für Verständnis statt Frust sorgen.

  4. Irgendwie habe ich das Gefühl, das mit dem „Ja“ und „Nein“ hier ein Stellvertreterkrieg geführt wird. Denn es geht ja nicht darum, ob der SL ja, nein, vielleicht oder Hundekuchen sagt, sondern darum, dass er auf seine Spieler eingeht.

    Die ursprüngliche Idee hinter dem „Ja, aber“ habe ich nicht so verstanden, dass man alles abnicken soll. Ich habe es vielmehr so verstanden, dass ich mir immer überlegen soll, ob eine Idee nicht ins Spiel passt (gutes Nein) oder ob ich nur versuche, meine Vorstellung einer Situation durchzudrücken (schlechtes Nein). Dass ich Ideen meiner Mitspieler grundsätzlich positiv gegenüberstehen soll und sie nicht von vorneherein mit SL-Macht abschmettere, weil sie in meiner Lösungsskizze nicht vorgesehen war.

    Um das Beispiel mit dem Kugelraumer aufzugreifen: Ja, da stürzt etwas ab. Aber das ist kein Kugelraumer, sondern ein Wetterballon, eine nicht geschärfte Cruise Missile (oder was auch immer ins Setting passt).

  5. Naja, die Beispiele sind typische Dinge, wo die Ja, aber… Schiene funktionieren würde.

    Aber unabhängig davon möchte ich sagen, daß ich diese Rede-Gegenrede Methodik zwischen euch beiden hier ziemlich cool finde. Das könnte auch bei anderen Themen zu interessanten Kontroversen führen.

  6. Ich selber bin zwar nicht auf Spielleiter-Seite anzutreffen, kann Deine Argumentation aber nachvollziehen. Grade wenn es um den Spielspaß der Gruppe insgesamt geht muss man zu einzelnen Personen auch mal nein sagen. Ich beziehe mich hier auf Dein Beispiel des Einzelgängers – ich hatte auch mal einen Mitspieler, der partout immer in die andere Richtung gelaufen ist als der Rest. Das war äusserst anstregend, ihn immer irgendwie mit zu integrieren, bis unsere SL ihn dann einfach mal hat laufen lassen. Er hat sich dann am Ende beschwert, dass er ja den ganzen Abend langweilig fand, weil er nix machen konnte, da die SL sich mit der restlichen Gruppe beschäftigt hat… glücklicherweise hat der Spieler die Gruppe bald darauf verlassen.

  7. Kleine Anekdote oben drauf. Wir haben früher immer gescherzt, dass eines der Qualitätsmerkmale eines SL ist, auf mindestens 5 Arten und Weisen Nein sagen zu können. Da gäbe es das entschiedene, knappe „Nein!“, dann das leicht belustigte „Nei..hehe…n!“, das hysterische „Neeeiiiiiiiiiiinnnn!“, das gelangweilte „Ne-ein…“, das beläufige „Ne“ und viele Varianten mehr ;)

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