Dresden Files: Ohne Kontext kein Spaß

Letztes Mal hat mir Dresden Files keinen Spaß gemacht!

Wie kommts?

Wir spielen montags von 20-23 Uhr Dresden Files. Ich würde den Spielleiter und mich als recht erfahren in System und Setting einschätzen, zwei weitere Spieler sind zwar langjährige Rollenspieler, aber kannten FATE bis dato nicht, einer von ihnen hat noch keinen der Romane gelesen, die als Settingvorlage dienen.

Der Slot ist sicherlich nicht ideal. Es handelt sich um einen Arbeitstag, wir müssen pünktlich enden. Wir starten umgekehrt eher selten pünktlich, weil fast immer jemand nicht so zeitig losgekommen ist, dass er um 20:00 Uhr etwas gegessen hat und auf dem Sofa sitzt. Aber: Immerhin, wir spielen. Nicht exzessiv fokussiert (was von den beschnittenen drei Stunden noch mehr Zeit abzieht) gehen wir seit einer Handvoll Sitzungen gegen das Böse vor.

Was bisher geschah:
Eine schöne Frau rief an und bat uns, eine Kiste zu öffnen, die aus dem Nachlass von Harry Houdini stammen solle. Dafür sollte es Geld geben. Anknüpfungspunkt für diesen für uns recht unerwarteten Anruf war wohl, dass einer von uns eine Identität als Bühnenmagier pflegt. Nun ja, mäßig überzeugend, aber was solls. Mein Warden Iago, der Bühnenmagier (und sehr echte Ritualist) Smendrik und Journalist-cum-red-court-infected Florian tauchen bei der Dame auf. Sie gibt uns die Kiste, wir fahren zurück, merken, dass wir verfolgt werden. Der PI hat „plötzlich“ Motorprobleme (immer diese Elektrik, hihi) und wir holen aus ihm heraus, dass ein Herr Tempelhofer ihn beauftragt hat. Der will die Box (kaufen). In der Kiste ist eine Schatzkarte, der Schatz ist im Stadtpark (eine Gegend mit dünner Grenze zur Welt der Feen) im Wasserbecken vor dem Planetarium vergraben. Uns versuchen Sommerfeen zu beklauen, wir werden von Grimalkin und seinen Malks angegriffen. Die Auftraggeberin wird von einem Changeling oder einer Fee getötet, grausam. Der Schatz ist das Herz des Sommerritters – solange es lebt, kann Sommer keinen Ritter haben und Winter ist im Vorteil. Wir wissen, dass der Vater der Auftraggeberin etwas mit dem Sommer zu tun hat – Ritter? und sehen auch einen der vermuteten Sommerelfen auf einem Photo in der Wohnung der Auftraggeberin. Es ist 50 Jahre alt und der Elf sieht aus wie heute. Wir holen uns das Herz und fahren auf das Heiligengeistfeld – neutral ground in Hamburg.

In dieser Situation fangen wir an besagtem Abend an. Outgunned, Spielball deutlich größerer Mächte, ziemlich im Dunklen gelassen. An sich eine spannende Situation – letztlich aber ein Abend, der mir nicht gut gefiel. Warum? Vermutlich, weil wir als Spieler keine Agenda hatten. Das ist natürlich zu einem guten Teil unser eigener Fehler, eine solche Agenda kann man sich als Spieler bei FATE schaffen. Ich als Spieler fühlte mich damit aber überfordert und hilflos; ich hatte den Eindruck, dass der SL in eine bestimmte Richtung führt (manche Versuche, mit Hilfe der von FATE vorgesehenen Behauptungen interessante Aspekte zu schaffen wurden gleich blockiert). Inzwischen ist mir aber klar geworden, dass leider keiner von uns versucht hat, dem „Herz“ bestimmte, eigene Fähigkeiten zuzuschreiben. Das hätte aber funktionieren können – z.B. eine bestimmte heilende Kraft des Herzens wäre gut gewesen. So aber war die Situation letztlich langweilig. Wir selbst konnten mit dem Herz nichts anfangen. Verschiedene Figuren kamen vorbei, die uns dazu bringen wollten, gegen Drohungen das Herz herzugeben. Wer sie waren und warum sie handelten blieb oft unklar. Es gab kein uns in Versuchung führendes Angebot! Nichts was uns eine Agenda gegeben hätte, keine Spannung, kein Drama – nur die Wahl zwischen einer von drei Fraktionen, die im Anschluss weniger sauer auf uns gewesen wäre als die anderen. Ein unspektakuläres Ergebnis, letztlich.

Es gab eigentlich nur zwei Varianten, die wir verfolgt haben. Variante 1: Gib das Herz dem Winterhof, verrate aber gleichzeitig den Übergabeort an den Sommer – die können sich dann das Herz holen, und wir sind fein raus – beide Seiten haben von uns bekommen was sie wollten – wir aber gehen leer aus, letztlich auch als Verlierer (ging nicht, Sommer war zu schwach). Variante 2: Zerstöre das Herz – mein Favorit, da es mir noch am ehesten „idealistisch“ vorkam, ein Teil meines Kernaspekts „idealistischer Warden“. So hätte man den Menschen hinter dem Sommerritter wenigstens einen Tod gewähren können, statt weiter in diesem Stadium zu vegetieren – untot! (Ging nicht, zu große magische Energie würde frei werden).

Das war doof doof doof, und ich bin unzufrieden mit mir selbst, nicht stärker die Zügel in die Hand genommen zu haben.

Lehren fürs nächste Mal:

  • Eigene Agenda klären
  • Eigene Organisation einbringen: In meinem Fall die Wardens!
  • Zur Not stärker in den Konflikt mit den Mitspielern gehen, wenn der SL keine Konfliktfläche bietet

4 Gedanken zu „Dresden Files: Ohne Kontext kein Spaß

  1. Warum denn keine Verlinkung auf einen Thread im zugehörigen Forum?

    Zum Artikel selbst:

    Du schriebst: „An sich eine spannende Situation – letztlich aber ein Abend, der mir nicht gut gefiel. Warum? Vermutlich, weil wir als Spieler keine Agenda hatten.“

    Was verstehst Du in diesem Zusammenhang unter „Agenda“? – Vor allem unter Agenda der SPIELER?

    Die Charaktere hatten, Deiner Schilderung zufolge, ja scheinbar durchaus eine Agenda, also etwas, das sie tun wollten oder sollten.

    Warum MUSS denn ein Spieler abseits seines Charakters auch noch explizit eine Agenda haben, um Spielspaß zu empfinden?

    Ich spiele schon recht lange Rollenspiele und habe als Spieler NIE so etwas wie eine „Agenda“. Über Spielspaßmangel kann ich mich aber nicht beklagen.

    Gehst Du mit „gewichtigen Begriffen“ nicht vielleicht mit schwerer Jargon-Artillerie auf die Spatzen einer halt mal nicht so ideal verlaufenen Runde los? – Manchmal ist die Stimmung der Spielgruppe, also aller Beteiligten insgesamt gesehen, nicht so optimal. Da kann man auch als Spielleiter noch so tolle Herausforderungen und Komplikationen bringen, da kann man als Spieler noch so viele Ideen und Möglichkeiten sehen, irgendwie zündet es halt an diesem Spieltermin alles nicht so recht.

    Das hat aber meiner Erfahrung nach nichts mit einem Mangel an „Agenda“ bei den Spielern zu tun, sondern ist einfach eine Frage der Tagesform ALLER Beteiligten.

  2. Ich denke, dass dies ein klassischer Fall von fertig vom WE und dann etwas anspruchsvolles spielen ist.

    Wenn ich Fate sehe und mir gerade die doch sehr crunchlastige Dresden Files Variante lese, dann muss ich mich als Spieler nicht so extrem einbringen wie in den älteren Fate Varianten.

    Es obliegt also dem SL mit seinen NSC Druck in die Handlung zu bringen oder auf der Meta Ebene für mehr Tempo zu sorgen. Ich habe irgendwann mal etwas gelesen, das im groben sagte, dass man die gröbsten Infos immer via NSC an die Spieler bringen muss. Das wäre auch hier notwendig gewesen, um den Plot am Laufen zu halten und ich glaube, dass es eines der Hauptprobleme des System ist.

    Die meisten Spielleiter wollen mit dem Erschaffen von Fakten und der Struktur des Werkes Arbeit sparen und vernachlässigen die Erschaffung einer grundlegenden Abenteuerstruktur, weil die Spieler es schon richten werden.

    Dabei ist aber zu beachten, dass man am Montag Abend nun mal nicht so fit ist wie am WE und dem in der Planung Rechnung getragen werden muss. mEHR Hinweise deutlichere Aufhänger und mehr Steuerung durch den SL.

    Die Erschaffung von Fakten darf nicht zur Ausrede für den faulen SL werden.

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