Einfach mal die Fresse halten?

Wer kennt es nicht, man ist so schön beim Rollenspiel und kümmert sich um einen oder mehrere Spieler, da platzt ein anderer Spieler mit einer nicht in die Situation gehörenden Frage hinein.

Am Wochenende war es wieder einmal so weit und ich wurde von einem meiner Spieler wiederholt unterbrochen. Ich mahnte den Spieler also an, zu warten, bis ich mit den anderen Spielern ihr Spotlight durchgespielt hätte und fing wieder an, Stimmung aufzubauen.

Ich bin an exakt der Stelle wo es um den Spieler und seine Schwester geht, die eine Affäre mit seinem ärgsten Feind hat, als ich plötzlich mit einer Regelfrage bombardiert werde. Der Spieler der gerade zum zweiten mal zu einer dramatischen Antwort an seiner Schwester Anlauf genommen hatte sackt in sich zusammen, ihm ist deutlich anzumerken, dass er frustriert ist und ich grummel in mich rein.

„Bekomme ich jetzt ein Antwort oder was?“

Jörg Modus, Mund schneller als Gehirn ist aktiviert und ich leder auch gleich los, ob er der Spieler nicht lesen könne und ob er nicht wisse, der die Krümel zu schweigen haben, wenn der Kuchen redet. Das ich es als Frechheit empfinden würde, dass der Spieler sich mehrfach in eine Spotlight Szene eingemischt hätte und seinem Mitspieler damit die Szene kaputt machen würde.

„Ja aber ich habe eine Regelfrage gehabt“

Ich mache noch einmal deutlich, dass für Regelfragen nicht weniger als 3 Regelwerke auf dem >Tisch liegen und er das auch mit dem Mitspieler hätte klären können, der nicht in der Szene war.

„Der hat gesagt ich soll nicht stören und warten, bis ihr fertig seid“

Ja, das hat der wohl und warum hat der Fragende dann nicht einfach die Fresse gehalten und gewartet, bis die Szene durch war?

Ich werde es nie verstehen….

Der Gastgeber lief erst mal zur Heizung und verkündete lautstark, dass er mal die Heizung hochdreht, weil hier so ein frostiges Klima herrschen würde, aber der Scherz geht in meinem sarkastischen Kommentar, das der gute Mann ne Dosis Ritalin oder etwas grundliegendes wie Erziehung benötigen würde unter.

Meine Meinung dazu:

Auch wenn mein Temperament mal wieder deutlich mit mir durchgebrannt ist muss ich doch sagen, dass ich dieses Problem in letzter Zeit immer Häufiger bemerke. Spieler unterbrechen einem beim Reden oder fallen ihren Mitspielern ins Wort. Etwas, das in meinem näheren Bekanntenkreis beim Rollenspiel so nie passiert ist. Ist das Der Lauf der Zeit oder nimmt auf Cons und bei Gastspielern die Bereitschaft, höflich zum SL und den Mitspielern zu sein ab.

Der durchschnittliche Rollenspieler den ich kenne ich in der Regel schon in den 30ern und sollte doch genügend sozialisiert sein um zu wissen, was die grundlegenden Formen der Höflichkeit im kommunikativen Miteinander sind. So ein Verhalten erwarte ich von Kindern, aber nicht von Erwachsenen Leuten die in der Regel selber Kinder haben…

Oder ist es so, dass ich in einer Blase der Höflichkeit gelebt habe?

21 Gedanken zu „Einfach mal die Fresse halten?

  1. Ich bin zwar etwas jünger, als der für dich typische Rollenspieler, aber Höflichkeit und Rücksicht am Spieltisch sind für mich eigentlich auch selbstverständlich. Regelfragen sind nur selten so drängend, dass man sie während des Spielens klären muss. Und eine Charakterszene mit einer Outtime Frage zu unterbrechen wäre für mich nur in absoluten Notfällen vorstellbar.
    Ich denke, aber dass die Häufigkeit eines solchen Verhalten auch damit zusammenhängt, wie gut man sich kennt. Unter Bekannten wird so etwas meiner Meinung nach seltener vorkommen als unter Leuten die sich nicht kennen oder sich nur zum Rollenspiel treffen. Runden, in denen man sich auch außerhalb des RP kannte und traf, liefen für mich immer besser als Runden, die sich nur zum Rollenspiel trafen.

  2. Deshalb ist „still sein, wenn andere reden“ bei uns auch offen ausgesprochener Teil des Gruppenvertrags. Natürlich, ab und zu gehen mal die Pferde mit jemandem durch, ist ja nur menschlich, aber im Großen und Ganzen funktioniert es recht gut.

    Christoph hat, wie ich finde, übrigens recht – wer befreundet ist, ist kommunikativ besser aufeinander eingestellt. Und wer kommunikativ besser aufeinander eingestellt ist, kommt am Spieltisch auch besser miteinander klar.

    LG Joni

    P.S. Ich hatte schon häufiger das Gefühl, dass viele Rollenspieler, obwohl sie eigentlich ein soziales Hobby pflegen, ziemliche Egozentriker sind. Note fünf minus, was Gesprächsverhalten, Empathie und auch schlichte Höflichkeit angeht.

  3. Aber … aber er hatte doch ne Regelfrage ;) Also im Ernst, eine Regelfrage in einer kleinen Pause oder auch meinethalben dann, wenn sie wichtig wird, aber das ist nun wirklich der falsche Zeitpunkt.

  4. Ich glaube, dass jede Runde ein weinig oder sogar etwas mehr Zeit braucht um zu einer vernünftigen Kommunikation zu finden.

    Man muss sich auf seine Mitspieler einstellen, ein besseres Gefühl für ihre Sprache und Gewohnheiten im Spiel finden.

    Aber gerade bei Leuten die man frisch kennen gelernt hat oder mit denen man zum ersten mal spielt setze ich voraus, dass man sich etwas zurück nimmt und die grundsätzlichen Regeln der Höflichkeit eher strikt auslegt.

    Wenn man die Leute besser kennt, kann man auch besser einschätzen, wie sie auf etwas reagieren.

    Aber ich bin ein recht deutlicher Mensch und bin echt erstaunt, wenn jemand trotz deutlicher Hinweise von mir in einer Szene dazwischen quatscht.

    Mag auch sein, dass ich meine Fähigkeiten die Spotlights zu verteilen überschätze, aber für gewöhnlich verteile ich meine Aufmerksamkeit recht gleichmäßig, um allen Spielern gerecht zu werden.

    Das kann aber nur beantworten, wer bei mir gespielt hat. Vielleicht bin ich einfach zu eingebildet und denke fälschlich, dass die Leute meine „Jörg Show“ bei den Spotlights genießen.

  5. Ich hab selber eine Gruppe verlassen, bei der das Spielen keine echte Grundlage mehr hatte. Das waren alles klasse Jungs – teilweise sogar gute Freunde (auch jetzt noch) – aber jedes Rollenspiel erstarb in Unterhaltungen zu Kinofilmen, Politik, Büchern, Brettspielen, usw. Und sowas färbt leider ab, auch auf einen selbst, wenn man es all zu lange zulässt. Man kann sich gar nicht richtig dagegen wehren – und egal, wie sehr man sich anschließend drüber aufregt, man macht irgendwann wie von allein mit.

    Deshalb lieber mal laut werden und das klären – nur so besteht Hoffnung auf Änderung. Denke ich…

  6. Ich glaube, Du hast in einer Blase gelebt ;) Vielleicht färbt es ja auch die 3x-jährigen ab, aber bei jüngeren ist es nun einmal immer weniger Gang und Gäbe, dass die so etwas wie Höflichkeit und „warten bis sie dran sind“ von ihren Eltern eingeimpft kriegen. Darum kannste das bei denen schonmal gleich vergessen. Diese Generation erreicht auch langsam aber sicher die 2x-Jahre und mit „keine Kiddies“ kommt man da nicht mehr allzu weit. Und vielleicht färbt das altersmäßig nach oben hin ab. Wobei man natürlich bemerken muss, dass es genug Ausnahmen in beiden Gruppen gibt. Und mit mir geht das Temperament auch zu oft durch, besonders wenn ich mich nicht gefordert fühle/mich langweile.

  7. Ich meine, ich hätte nicht so drastisch/ausfallend reagiert. Ein direkt adressiertes „Sach ma, willst du in DEINEN Spotlights genauso rüde unterbrochen werden?“ wärs bei mir aber auch geworden.

    Solche Egozentrik fasziniert mich immer wieder. Ich versteh es einfach nicht. Solche Charakterszenen sind doch typischerweise erhebende Momente. Denen kann man sich auch erfreuen, wenn man nur Zuschauer ist. Leuten die da immer nur an ihren eigenen Kram denken und abschalten, wenn andere „dran§ sind entgeht doch einiges.

  8. Ich muss da meinem Mitblogger Cloni aber mal ein bisschen widersprechen: Ich glaube nicht, dass diese Probleme originär mit dem Alter zusammenhängen.

    Ich habe meine schlimmsten Erlebnisse mit Menschen am Spieltisch gehabt, die deutlich älter sind als ich (ich bin jetzt 29), während ich gerade junge und unerfahrene Spieler oft als angenehm ruhig und aufmerksam erlebt habe. Zugegeben, das sind jetzt keine empirischen Erkenntnisse, sondern subjektive Beobachtungen.

    Eine Erklärung für dieses Phänomen habe ich dennoch: Manche (dienst-)älteren Rollenspieler geben sich gerne erfahren und abgebrüht und zeigen gerne, dass sie der King am Tisch sind. Gerade wenn dann mehrere solcher Typen am Tisch versammelt sind, wirds hektisch und laut. Dass ist jetzt allerdings nicht hauptsächlich auf Nebengespräche bezogen, sondern schon auf In-Charakter-Gespräche/Regeldebatten/alles, was mit dem Spiel schon zu tun hat. Aber: Es führt zu einem Wettstreit um Redezeit, Spotlight und zu Kompetenzgerangel und das tut dem Spiel nicht so gut.

  9. Joni,
    ich denke dass gute Manieren nichts mit dem Alter zu tun haben. Ich kenne auch diverse andere Beispiele wo sich Runden auf Cons sofort zusammenfinden und eine bombastische Runde zusammen spielen, weil eben alle Spieler Rücksicht auf die Anderen nehmen.

    Sonst würde ich nach den Runden nicht regelmäßig noch einen mit den Spielern trinken gehen und einen mir ihnen ausschnacken.

  10. Joa, im Endeffekt sind das alles natürlich sehr subjektive Beobachtungen, hatte ich ja geschrieben (dein Erfahrungen von den Cons wiederrum natürlich auch).

    Letztendlich kommt es auf die handelnden Akteure an und für sich an und übers Alter, soziale Begebenheiten und sonstiges zu debattieren, bringt natürlich nix. Viel eher müssen wir uns die Fragen stellen, a.) Wie gehen wir damit um, wie bekommt man solche Probleme in den Griff? b.) Steckt nicht ein bisschen Klugscheißer, Problemkommunikator und Nervbacke in jedem von uns – und wie kann ein jeder Spieler daran arbeiten, dass es am Tisch angenehmer für alle wird?

  11. Das Thema hat nur am Rande etwas mit Höflichkeit zu tun, deswegen würde ich davon Abstand nehmen, sich da so herauszuheben.

    Damit es unhöflich sein kann, müsste ja erstmal geklärt sein, daß es um Monologe geht oder das Redezeiten bestehen, wie bei einem Kongresse anstatt um eine lockere Unterhaltung mit häufigem hin und her, was das Rollenspielspiel nunmal primär ist.

    So, warum kommt es dann zu Problemen? Das ist einfach fehlende Empathie (auf Deutsch: Einfühlungsvermögen). Ich gehe davon aus, und ich kenne solche Unterbrechungen auch, daß besagte Personen überhaupt nicht wahrnehmen, daß in einer Szene gerade Stimmung(tm) besteht, sich also auch keiner Schuld bewusst sein können.
    Was dem einen die Atmosphäre ist dem anderen eben stupide Langeweile. ICH empfinde meine geleiteten Szenen natürlich auch als immer viel atmosphärischer, als es bei den Spielern häufig ankommt.
    Ist doch normal, mit so etwas muss man rechnen. Man kann die Spielatmosphäre nicht anordnen, bloß weil man der Meinung ist, daß das jetzt so zu sein hat. Man sollte sich eher fragen wieso da ein Spieler in der Stimmung ist Regelfragen zu stellen. Mal drüber nachdenken und sich eventuell anpassen oder den Spieler fragen.
    Alles halb so wild.

    Laut werden ist dagegen immer ein Scheissverhalten, egal in welcher Situation. Da bewegen wir uns eher im Bereich de Unhöflichkeit. Man kann zwar das „Glück“ haben Spieler in der Runde zu haben, die das wegstecken. Ich würde aber so nicht mit mir reden lassen.

  12. Ja Falcon, laut werden ist immer ein Scheiß verhalten.

    Trotzdem hat es in diesem Fall eher etwas mit mangelnder Erziehung oder Sinn für gutes Benehmen zu tun als mit Empathie. Und bei schlechten Verhalten muss man auch mal damit Rechnen, das der Andere Laut wird.

    Auch jemand ohne empathische Fertigkeiten kann warten, bis die Anderen mit einem Gespräch fertig sind. Besonders wenn er es schon mehrfach gesagt bekommen hat.

    Es geht auch nicht um die Anordnung von Spielatmosphäre, sondern um ganz klare Basics im sozialen Bereich. Man unterbricht niemanden der Redet oder macht im Theater Zwischenrufe.

  13. Solche Erfahrungen mache ich immer wieder selbst in einer seit fast 2 Jahren (!!) bestehenden Runde. Es entwickelt sich gern mal eine gewisse Eigendynamik was Nebengespräche angeht. Allgemein scheint bei einigen Konsens zu sein: Ich bin nicht direkt dran beteiligt (mit meinem Char) also kann ich was anderes machen. Regeln diskutieren, mit anderen über offgame Kram reden, rumblödeln. Da sind Einwürfe wie oben schon fast angenehm wenig/kurz!

    Am Alter kann man es nicht festmachen, ich würde da tatsächlich eher auf fehlende Empathie, eine gewisse Portion Egozentrik und Gruppendynamik sowie fehlende Autorität seitens des SL in bestimmten Situationen zurückführen. Der Artikel erinnert mich daran, dass ich das Thema beim nächsten Spielen mal zur Sprache bringen wollte. Mittlerweile weise ich ja als Mitspieler andere zur Ruhe und ich mag sowas eigentlich gar nicht, aber ich habe auch bemerkt, dass es sonst auch auf mich abfärbt.

    Achja: Die Runde besteht zum größten aus Spielern, die zum Teil nicht wirklich miteinander befreundet sich und nur das Hobby teilen.

    • Ich habe am Wochenende mit einer Gruppe 16 und 17 Jahre alter Jungs gespielt und die waren sehr dizipliniert. Nach ihrer Aussage, weil man sonst bei den Kämpfen in der WoW Probleme über den Teamspeak bekommt.

      Alter hat also wohl wirklich nichts damit zu tun.

  14. Ich finde es verständlich, dass Du bei einer solchen Störung in einem sehr intensiven Moment explodierst. Das ist nur menschlich.

    Was ich mich frage, ob man dem Spieler nicht mit nonverbalen Methoden wie etwa der flachen Hand wie ein Schild in Richtung des Störenfrieds und Blickkontakt weiter zur angespielten Person so eine Situation ohne viel Aufhebens hätte bereinigen können. Das ist jetzt bloß aus dem Ärmel geschüttelt und es gibt sicher bessere Methoden. Doch die Frage für mich ist, wie die Lösung zu einem häufiger auftretenden Problem aussieht.

  15. Wenn das mit der Hand nicht funktioniert, könntest Du sie auch zur Faust ballen und mit einer ruckartigen Armbewegung nach vorne näher an den Störenfried heranbewegen bis Körperkontakt hergestellt ist.

    Das funktioniert bei Dir immer. ;-)

    • Ja, aber das ist so teuer und auch wenn ich im Knast vielleicht mal genügend Zeit hätte, meine diversen Projekte voranzutreiben, möchte ich diese Erfahrung doch vermeiden

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