Wenn man einer Kampagne nachtrauert.

Ja, am Wochenende war es wieder einmal so weit und ich habe die Welt von Artesia bespielt. Es war nett, auch wenn ich als SL eher unterirdisch war und nach dem Eintauen in die Welt wieder an meine bisher beste Kampagne zurückdenken musste.

Doch es geht in diesem Blogeintrag darum, das ich als Spieler einer Kampagne bei einem anderen SL nachtrauere und nicht dem Ergus der eigenen Fantasie und Kreativität.

Die Artesia Kampagne mit auf der Known World war für mich als Spieler etwas ähnlich prägendes wie meine erste 7te See Kampagne bei Ludovico. Sie hat mir durch den SL eine Pforte zu einer neuen Welt aufgetan.

Schon das Lesen der Comics war ein echter Hochgenuss, dann habe ich mir das Regelwerk geholt, von dem Timo mir seit Monaten vorschwärmte. Nach der Verbindung der beiden Komponenten sah ich was für ein geniales Stück Arbeit der Autor dort abgeliefert hat und bekam sogar noch eine Demorunde von Martin, die mich noch mehr von dem System schwärmen lies. Der legte mir noch relativ unbekannt nahe, doch die Comics noch einmal zu lesen, wo ich jetzt das Regelwerk durch hätte, es würden sich ganz neue Sichtwinkel eröffnen.

Er hatte Recht.

Ich war ein wenig Wankelmütig zu der Zeit und wusste nicht so sehr, wo ich im Bezug aufs Rollenspiel hin wollte. Ich hatte Western City noch nicht fertig und probierte mich durch diverse Indie Systeme, spielte mal dies und mal das bei verschiedenen Sls ohne mich wirklich für das Thema begeistern zu können. 7te See war mir inzwischen verleidet, das System konnte mich nicht mehr begeistern, weil es immer mehr Power/Horror in die neuen Bücher legte und ein Charakter mit 100 EP das Gleichgewicht beim Leiten schon mal schnell sprengte.

Auf der Spiel in Essen war ich dann mit einer recht illustren Schaar von Menschen versammelt und sah unheimlich viele Indie Spiele. Ich bekam wunderbare Demos und dennoch konnte mich kaum ein System so wirklich von den Socken hauen. Aber da war ja noch Artesia, also verkündete ich von meinem Gedanken, eine Runde Artesia zu leiten. Der Grundgedanke dabei war eigentlich das System mit Timo zu spielen, wie eigentlich so fast alles, was ich leite. Doch es fanden sich recht schnell Interessenten auf der Spiel, die mich teilweise fast anbettelten, das System zu leiten oder bei mir mitspielen zu dürfen.

Da Martin der schon in Hamburg Artesia für mich geleitet hatte auch mitspielte, bot er an erst einmal zu leiten, damit ich in das System reinkomme und wir einen flüssigen Kampagnenstart hätten.

Es war für mich erst einmal ein Schock, als ich mir mit dem Life Path meinen Charakter baute, der konnte so gut wie gar nicht kämpfen, war aber extrem adelig (Social Level 14) und ich musste von meinem ursprünglichen Konzept abweichen. Aber der Hintergrund aus dem Life Path lies in meinen Kopf eine komplette Geschichte entstehen und ich hatte schon vor dem Spiel ein Bild von meinem Charakter, wie ich es normalerweise erst nach 6 Monaten im Spiel besitze.

Da war ein fertiger Charakter auf dem Papier, bevor ich überhaupt gespielt hatte und das war irgendwie eine Offenbarung für mich, die mich bis Heute in ihren Bann zieht.

Die anderen Spieler hatten auch sehr vielschichtige Charaktere und es war eine wirklich nette Truppe, die dort zusammen spielte. Schon das Beisammensitzen vor und nach den Runden war für mich der Aufbruch in neue Sphären, weil die Leute sich zum Großteil nicht für die in meinem Stammforum so beliebte Theorie interessierten, sondern ihnen einfach an einem gemütlichen Beisammensein und einer guten Runde lag.

Dabei war der Anfang für mich alles andere als leicht, Martin blätterte zusammen mit Martin ständig in den Regeln und es fanden für meinen Geschmack viel zu wenig „In Charakter“ Gespräche statt. Ich musste auch erst lernen mit dem oft recht bissigen Humor von Harald umgehen lernen und verstehen, das sein Ausspruch „Die Jörg Show beginnt jetzt“ nicht böse gemeint war. Er genoss es, wenn ich die Maschine anwarf und das Spotlight mit Elan an mich riss.

Doch es wurde zusehend besser, denn genau wie Martin und Harald es mir prophezeit hatten, kam mit mehr Sicherheit bei den Regeln auch mehr Charakterspiel und Tiefe in die Kampagne. Die beiden Spieler haben mir gezeigt, das Immersion über Regeln wirklich funktioniert und wie ich Spieler ansprechen kann, die so ticken, was mich als SL wirklich vorangebracht hat.

Mein Charakter entwickelte sich prächtig und ich stellte mich zusammen mit dem Rest der Gruppe in die Dienste eines unserer Mitspieler, der sich in der Aufmerksamkeit des Sls und der Gruppe sonnte und uns voran trieb. Martin verwurstete dabei jede Menge alter Abenteuer die er rumstehen hatte, und baute daraus zusammen mit vielen Handouts und seinem ungeheuren Einsatz eine wirklich stringente Kampagne, die mich immer mehr in ihren Bann zog.

Durch intensives Regelstudium und bekennendes Powergaming habe ich meinen Charakter nach und nach zu einem mehr als nur fähigen Magier und echt gemeinen Kämpfer gemacht, denn das System ist so konzipiert, das man als Magier wirklich extrem etwas für seine Kampffertigkeiten machen kann und durch das Aufaddieren von Vorteilen eine breite Entwicklung mit einem besseren Gesamtergebnis hinbekommen kann, als mit einer Spezialisierung.

Die Konzepte und das Verteilen der Erfahrung nach dem Prinzip der Arcana-Punkte haben die Charaktere nachhaltig beeinflusst und die Spieler bestimmte Reaktionen und Wege gesucht, um Taten zu vollbringen die ihnen Arcana Punkte in Bereichen brachten, in denen sie sich fortbilden wollten. Dadurch war die Kampagne auch abseits vom Plot durch sehr zielgerichtete Aktionen der Spieler geprägt. Die Charaktere entwickelten sich entsprechend des Plots und ihrer Aktionen, was ihnen unheimlich viel Tiefe gab und den SL ständig mit neuem Futter für Aktionen versorgte.

Auch das gemeinsame Verteilen oder Erfordern der erhaltenen Erfahrung um sie in die Tabellen einzutragen war ein echter Genuss, da man das Abenteuer noch einmal gemeinsam Revue passieren ließ und es sich dadurch super einprägte.

Das Ausscheiden einer Spielerin verkraftete die Runde noch relativ gut und wir hatten einige Runden die bis in die frühen Mogenstunden gingen und mit reichlich guten Essen und netten Drinks begleitet wurden. Es entstand so etwas wie eine Gruppe die nicht nur zusammen zockt, sondern auch mal gerne zusammen feiert.

Dann war es so weit, das mein Konzept für den Charakter langsam aufging, er hatte sich so weit entwickelt, das er von dem nachenden Verbrechen der Invasion verkünden konnte ohne sich vor einem rachsüchtigen Geist oder gegnerischen Kämpfern einschüchtern zu lassen. Der SL hatte gerade das Spotlight eines der Spieler durch und widmete sich jetzt mir und meinem Charakter.

Leider zog einer unserer Spieler weg und der andere wurde immer unzuverlässiger, was sein Erscheinen anging, weil er dem SL vorwarf, uns nicht untereinander vernetzt zu haben.

Ja sicher, wir haben da ja erst seit 1 Jahr zusammen gespielt und seinen Charakter auf den Thron in seiner Einöde gehievt, die Mächte des Bösen waren nicht kurz davor, in das Land einzufallen und unsere Heimat zu unterjochen……

Egal, auf jeden Fall endete die Kampagne an einem Punkt und an dem ich gerade anfangen wollte Gas zu geben und das Schicksal meines Charakters in die Hand zu nehmen.

Ich habe versucht, das irgendwie in einer der folgenden Runden zu verarbeiten, (meine erste Ritter von Warwark Kampagne) aber das hat irgendwie nicht geklappt. Jedes mal, wenn ich beim Aufräumen meinen Charakterbogen finde, dann habe ich echt Pipi in den Augen.

Das ist immer dieses bohrende Gefühl, etwas nicht erledigt zu haben…….