Vor und Nachteile der Spielereinbindung in Kampagnen

Über das Thema denke ich gerade viel nach, weil eine sehr aktive Spielerin von mir aus beruflichen Gründen die Runde verlässt. Damit fällt neben einem wichtigen Feedback-Geber (es gab am Tag nach dem Spiel immer ein Telefonat in dem das Spiel besprochen wurde) auch ein echter Aktivposten als Unterstützung weg.

Die Spielerin oder besser gesagt ihr Charakter hat einen ausführlichen Brief-Kontakt mit ihren Eltern, über den ich gezielt Informationen ins Spiel streuen kann und die Fragen zeigen mir, woran die Spielerin gerade interessiert ist. Das macht mir viel Arbeit aber auch viel Spaß.

Die Quelle der Inspiration fällt jetzt weg und ich muss den Fokus der Kampagne mehr auf die verbleibenden Spieler richten, von denen einer zwar ab und an etwas leistet, aber eben nicht so häufig, was mir als faulen SL natürlich mehr Arbeit aufhalst.

Der Vorteil eines Spielers der sich auch neben dem Spiel einbringt, ist also die Erleichterung des Jobs den man als Spielleiter macht. Der Nachteil entsteht dann, wenn die anderen Spieler nichts oder nicht sehr viel neben dem eigentlichen Spiel machen (der aktive Spieler wird leicht zu dominant) oder der aktive Spieler weg bricht (der SL hat dann eine angestoßene Handlungslinie, die nicht mehr verwendet wird oder die anderen Spieler nicht so interessiert)

Da ich mit so etwas schon etwas Erfahrung habe, setze ich zwar auf die Hilfe von aktiven Spielern, lasse diesen aber immer nur für Sub-Plots neben der eigentlichen Handlung zu. Das bedeutet auch die nicht neben dem Spiel aktiven Spieler bekommen immer ein Ziel und ich verwickle ihre Handlungen und Wünsche genau so mit der Story wie die der aktiven Spieler. Bei den weniger aktiven Spielern lese ich die Interessen aus dem Hintergrund oder leite sie aus Aktionen im Spiel ab, was nicht so persönlich und zielgerichtet ist wie bei aktiven Spielern, aber ihnen genau so viel Bedeutung verleitet wie der Rampensau oder Bluebooking-Queen.

Wie mache ich das?

Ich arbeite ja mit Timelines und Abenteuerschwerpunkten. Jeder Spieler bekommt vor dem Spiel zwei bis drei Einträge, was ich bei ihm im Laufe des Abenteuers anspielen möchte. Damit hoffe ich eine ungleiche Behandlung der Spieler zu vermeiden und jeder Spieler bekommt auf jeden Fall seine 10 Minuten Spotlight.

Beispiel:

Timeline: Um den 5ten Oktober erfolgt der Angriff der Agaliten. Wenn die Spieler die Truppen im Wald nicht finden (Might –1 weil überhasteter Angriff) oder den Räuberhauptmann gegen die Agaliten aufbringen. (Schlacht oder Rückzug, weil der Treasure Wert zu niedrig wird)

Falls die Spieler den Hauptmann und die Agaliten ignorieren, verbünden sich diese bei einem Faszinieren Wurf gegen 5 des Agaliten-Anführers. Schlacht am 6ten Oktober.

Das mit den Spielern könnte dann so aussehen:

Spieler 1 : Sache mit der Mutteer eskaliert. Sie weiß von seiner Affäre mit Beatrix.
Fokus-Fertigkeiten: Intrige – Heimlichkeit

Spieler 2 : Neue Gerüchte über den Mörder des Bruders, er soll Lord Sargol (Agalit) dienen. Fokus- Fertigkeit: Verhören

Spieler 3 : Das magische Schwert von König X soll im Lost Uthmael liegen. Infos in der Bibliothek von Therapolie.
Fokus-Fertigkeit: Lore

Spieler 4: Das gesuchte Kräuterbuch liegt in einem Giftschrank der Agaliten und soll verbrannt werden.
Fokus-Fertigkeit: Faszinieren oder Überreden

Die Informationen, Gerüchte und Geschichten werden dann mit den Hauptereignissen verbunden, welche die ganze Gruppe interessieren.

Das könnte dann so aussehen:

Probleme mit dem Räuberhauptmann, der letztes Mal ignoriert wurde, er ist inzwischen so stark, dass er sogar Dörfer nahe der Burg angreift und Zölle von Händlern erhebt.

Ser Streade will sich um das Problem kümmern, hat aber mit den Agaliten zu tun und die Männer wollen ohne Anführer nicht in die Schlacht mit dem berüchtigten Räuber. (Might 2 Treasure 4 Truppe von Ser Streade)

Lady Freya muss ins Lost Uthmael und sucht freiwillige für eine Kundschafter Mission. (Spieler 3)

Ser Pellus verhandelt mit Artesia, er will ihr Söldner abwerben, doch sie nicht verärgern. Er sucht nach Informationen, die Artesia erfreuen um den Preis zu drücken.

Artesia sucht ihren Bruder Pavel, der für den Hochkönig spioniert und in Warwark sein soll. (Spieler 3)

Die Agaliten wollen Pellus das Schwert des Watchtower-Kings entwenden und dann einen Gegenkönig etablieren. Sie haben eine Might 4 Treasure 4 Armee in den Wäldern, die vom Räuberhauptmann besetzt sind und zahlen ihm Geld, damit er stillhält. (Spieler 2)

In Therapoli versuchen die Berater den Hochkönig davon zu überzeugen, dass die Watchtower Könige abgesetzt und durch Linientreue Ritter vom Hofe ersetzt werden. (Spieler 3)

Lady Beatrix fürchtet sich vor den Agaliten, weil sie Heilkräfte besitzt, welche ihr von Eva Wain beigebracht wurden. Sie sucht nach einem Mann mit hohem Status um ihn zu heiraten und durch ihn Sicherheit zu erlangen. (vernetzt mit Spieler 1)

Ser Mizer ist in der Stadt um seiner Frau etwas Geschmeide zu kaufen und sucht nach einem guten Baumeister für Bewässerungsanlagen und der Möglichkeit sich vor den Launen seiner hochschwangeren Frau (Nachreise?) in Sicherheit zu bringen.

Damit habe ich ein paar Handlungsgrundlagen und Brocken, die ich jedem Spieler hinwerfen kann. Spieler 3 ist im Fokus der Geschichte und hat mehrere Möglichkeiten zu handeln. Falls die Spieler sich für andere Sachen interessieren wird improvisiert.

Alle diese Informationen und Handlungsfetzen bauen auf der Initiative von Spielern oder Taten aus vorhergegangenen Abenteuern auf. Ich könnte nie so vielseitig und ergebnisoffen leiten, wenn meine Spieler sich nicht einbringen würden.

Andererseits habe ich auch wenig Sicherheit, das meine Spieler wirklich dem Plot verfolgen, den ich gerne hätte oder sich um die Probleme kümmern, die ihnen vorgelegt werden. Ich weiß am Anfang des Spieles nie was am Ende rauskommen wird.

Entweder man mag es oder nicht.