Warum ich Entscheidungen durch Würfel mag.

Vorwort:
Eine der Sachen, die mir im Internet oder besser gesagt in den Rollenspiel Foren am meisten auf den Geist gehen sind Leute, die ihre persönlichen Neigungen als allgemein gültig ansehen.

Ich mag die Vielfalt unseres Hobbys, ich mag es ab und an mal, wenn der SL korrigierend in die Geschichte eingreift um diese schöner oder spannender zu gestalten, als es ohne den Eingriff gewesen wäre. Ich kann gut mit Illusionismus leben, wenn er nicht ständig vorkommt und auch Spielleiter Willkür ist mir relativ egal, solange sie nicht überhand nimmt.

Rollenspiel definiert sich für mich aus der Verbindung von einem Spiel im Sinne der Würfel, der Taktik im Sinne des Planens und Vorbereiten und der Rolle im Sinne des Dramas oder der Handlung. Ich mag die Verbindung der verschiedenen Aspekte, die es mir erlauben , wie im Impro Theater nicht genau zu wissen was passiert und trotzdem eine gute Show zu erleben.

Aber andere Leute haben andere Vorlieben und man sollte sie ernst nehmen..

Zum Thema:

Wie schon im Vorwort beschrieben ist es für mich die Verbindung aus er Rolle und dem Spiel, die unser Hobby für mich so interessant macht. Es ist die Verbindung des Rollenspiels und das Spiels. Im Englischen wurde für D&D Werbung mit dem Roleplaying Game gemacht und das trifft es meiner Meinung nach besser als der Begriff Rollenspiel, wie er im Deutschen verwendet wird.

Ich Spiele also ein Spiel und dieses Spiel spiele ich nach Regeln. Die Regeln sind dafür da, das alle Leute am Tisch das selbe Spiel spielen. Es ist schwierig genug mit mehreren Leuten das selbe Spiel zu spielen, (das sehe ich bei Brettspielen und den Regeldiskussionen dazu immer wieder) doch was passiert, wenn der SL die Würfel dreht oder ignoriert?

Er spielt ein anders Spiel als seine Spieler.

Für mich gilt da eine ganz klare Ansage, wenn der SL die Würfel drehen darf, dürfen die Spieler es auch. Der Gruppenvertrag sieht in dem Fall vor, dass die Spieler (und der SL ist in meinen Augen genau so ein Spieler wie die anderen Teilnehmer der Runde) bei Missfallen die Würfel in ein zur gewünschten Situation passendes Ergebnis umwandeln. Solange die Gruppe damit flüssig und gut spielen kann ist es kein Problem.

Meiner Erfahrung nach produziert so ein Verhalten aber auf lange Sicht immer ein paar Probleme.

Jedes mal wenn einer an einem Ergebnis rumschraubt, dann verändert er die Geschichte im Sinne seiner Wünsche. Das muss nicht schlecht sein, aber einige Leute nehmen es häufiger in Anspruch und werden damit dominanter. Sie haben mehr Erfolg und bekommen mehr Spotlight oder andere Aufmerksamkeiten.

Regeln haben im Gegensatz zu Spielern keinen Charakter und sind immer und in allen Situationen gleich. Sie sind bei einem guten Regelwerk fair und sorgen so dafür, das alle Spieler im Spiel die gleichen Wahrscheinlichkeiten haben, wenn sie für etwas Ressourcen (Erfahrungs- oder Erschaffungspunkte) ausgeben..

Regeln sorgen auch für einen, der ruhige und schüchterne Spieler kann den legendären Aufreißer spielen, der mit einem Satz alles klar macht, weil seine Werte und die Würfel es zulassen.

Ich lese immer wieder, das jemand der nicht gut reden oder spielen kann keinen Aufreißer spielen soll. Höre von guten Spielern, das jemand, der nicht „In Charakter “ spielt nicht ernst genommen wird. Das ist ja gut und schön, eine gesunde Portion Arroganz kann einem in Rollenspieler Kreisen oft das Ansehen bringen, das man gerne haben möchte. Aber in diesem Fall wird ein Teil des Rollenspiels aufgrund persönlicher Vorlieben für wichtiger gehalten als die andren Teile. Der Teil, der einer persönlichen Veranlagung entspricht.

Rollenspiel ist jedoch ein Gruppenspiel und wenn ich jemanden in der Gruppe habe, der nicht zu super Darstellungen in der Lage ist, dann ist es schön, wenn es Regeln gibt und man sich an sie hält. Dann kann der Schüchterne den Aufreißer, der Hässliche den Hübschen, der Dicke den Dünnen, der Schwache den Starken spielen. Man kann eine Rolle in dem Spiel übernehmen und sie spielen so gut wie es geht. Wenn das Können nicht mehr ausreicht, dann gibt es die Regeln die einem zeigen was passiert.

Wenn ein Charakter gebaut wird gibt der Spieler in der Regel Ressourcen dafür aus, etwas auf einem bestimmten Level zu können. Dieses Lernen der Fertigkeiten ist auch so eine Art Flag an den SL: Ich will …(trage beliebige Fertigkeit ein) gerne einsetzen, denn ich gebe Punkte dafür aus. (Bei so etwas ist ein gewisser Nischenschutz immer praktisch um jeden Spieler seine Spotlights zu geben) Spieler die verlangen, dass man gewisse Sachen im Spiel aus über das Ausspielen können muss, verstoßen gegen die Regeln. Sie versuchen die Regeln so zu ändern, das sie durch ihre natürlichen Vorteile auch Vorteile im Spiel erhalten. Damit verstoßen sie gegen die Regeln und verschaffen sich einen unfairen Vorteil gegenüber dem nicht so talentierten Spieler.

Und Fairness wollen wir doch alle, oder?

Nein, wollen nicht alle. Ich kenne Spieler die ich sehr schätze und die sich gerne unterschiedlichen Machtbereichen hingeben. Sie mögen es den Charakter auszuwürfeln und stehen oft auch auf dem Standpunkt, das ein Spieler sich sein Spotlight selber holen muss. Für sie ist ein Charakter mit schlechten Werten eine Herausforderung oder es ist ihnen schlicht und einfach egal, wenn jemand anders bessere Werte hat, weil für sie der Charakter zählt, das was sie Spielen und nicht die Charaktere der anderen Spieler. Sie stehen in keinem Wettbewerb zu ihren Mitspielern. Aber diese Sorte Spieler ist eher selten gesät, die habe auch mit allen Spielarten Spaß, weil sie sich ihren Spaß selber holen.

Aber kommen zu dem Grund, warum ich das Würfeln mag:

Würfel sind gut für die Geschichte, sie entscheiden, ob etwas im Rahmen der Regeln funktioniert. Sie sorgen dafür, das es mir als Spieler nicht wie in einem Disney Film geht, wo ich in 99% der Fälle denke: „Nicht schon wider die Heldenreise.“ Würfel sind ein aktives Element um das Spiel zu gestalten. Sie sorgen dafür das ich als SL am Anfang des Abenteuers zwar weiß, dass ich eine tolle Geschichte mit meiner Gruppe erleben werde, aber nicht weiß, wie sie ausgeht. So habe ich viele mehr Spaß, als wenn ich ihnen einen gut ausgearbeiteten Plot anbiete und alles so läuft wie ich es mir vorstelle. Wenn ich mich auf die Würfel verlasse, dann muss ich die Entscheidungen der Spieler nicht abwerten, indem ich sie mit Mitteln wie Railroading oder Illusionismus manipuliere. Ich lasse es einfach laufen und spiele einfach die Welt und ihre Reaktionen. Mir bleibt als SL immer noch genügend Raum um eine Schöne Geschichte vorzubereiten und einen Spannungsbogen aufzubauen, der in einem (hoffentlich) großartigen Ende resultiert.

Gruppen und Charaktere können wieder allen Wahrscheinlichkeiten siegen und verlieren, sie können episch bei Aufgaben versagen und die gebrochenen Charaktere können sich wieder aufrappeln und epische Siege feiern, Dabei wird die Geschichte gemeinsam vom SL und den Spielern erlebt und nicht nur vom SL erzählt. Die Würfel entscheiden wie die Geschichte ausgeht und wenn der SL gut ist, sorgen sie genau wie die Entscheidungen der Spieler für eine aktiv gestaltete Geschichte und nicht für eine gut erzählte. Auch wenn es frustrierend ist, wenn man aufgrund schlechter Würfe verliert, so ist es für mich nur um so süßer den Sieg zu schmecken, wenn er nicht vorhersehbar oder gar entgegen aller Wahrscheinlichkeiten war.

Deshalb bin ich gegen Würfel verschieben und goldene Regeln, weil ich als Spieler und als SL die Sache gemeinsam mit meinen Mitspielern erspielen und damit aktiv erleben möchte.

3 Gedanken zu „Warum ich Entscheidungen durch Würfel mag.

  1. Diese Sachen sind für viele oder sogar fast alle SL da draußen selbstverständlich, aber die Mehrzahl der Leute im Internet pflegt sich radikal für das eine oder andere Ideal einzusetzen und alles zu verdammen, was anders ist.

    Was ich mit dem Text zu vermitteln versuche ist, dass es durchaus einen Mehrwert für den SL haben kann, wenn er sich nicht sklavisch an seinen Plot hält.

    Ergebnisoffenes Leiten und das konsequente Nutzen von Würfel und Regeln haben mir persönlich viel gebracht. Ich bin nach dem Spiel oft überrascht, wie die Geschichte sich entwickelt hat und freue mich über den unerwarteten Ausgang.

    So bespaßen mich meine Spieler schön.

  2. Ja, das Gefühl kenne ich. Und das Vorgehen spart für mich auch definitiv Zeit und nerven. Diese ganze Detailvorbereitung für gradlinige Abenteuer ist extrem nervig und zeitraubend.

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